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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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wieder gab sie sich höchst spanisch wie eine richtige Maja. Und immerzu suchte sie Zwist mit der Königin, der Italienerin, der Fremden.
    Alles in allem lebte Cayetana de Alba nicht weniger stolz und extravagant als die Königin, sie hatte ebenso kostspielige Launen, und viel tugendhafter war sie auch kaum. Aber wenn der Toreador Costillares der Königin seinen Stier widmete, dann blieb es still, und widmete er ihn der Alba, dann jubelte die ganze Arena.
    Es war eine Dreistigkeit, daß sie sich jetzt, während sich das Land wegen des Krieges die höchsten Entbehrungen auferlegte, das neue Schloß bauen ließ. War nicht die Verschwendung, mit welcher Marie-Antoinette ihr Trianon gebaut hatte, einer der Gründe gewesen, welche sie unter die Guillotine gebracht hatten? Doch lächelnd und vermessen, in ihrem unbändigen Albaschen Stolz, setzte Doña Cayetana die Spielereien Marie-Antoinettes da fort, wo jene sie hatte beenden müssen. Und nicht viele, auch Francisco nicht, hätten sagen können, ob sie sie darum bewunderten oder haßten. Immer ging es den Leuten von Madrid so mit der Alba. Sie ärgerten sich über sie. Machten sich lustig über sie. Liebten sie.
    Das Palais war klein; nur die nächsten Freunde Cayetanas waren geladen und die erhöhtesten unter den Granden. Daß sie ihn dazu zählte, machte Francisco stolz und froh. Aber sie war unberechenbar wie das Wetter des nächsten Jahres; vielleicht begriff sie schon nicht mehr, daß sie ihn eingeladenhatte. Wie wird sie ihn empfangen? Wird sie seinen Fächer tragen? Was wird sie ihm durch den Fächer zu verstehen geben? Und wird sie ihn Goya nennen oder Don Francisco oder einfach Francisco?
    Der Wagen hatte das Gittertor von Buenavista erreicht und fuhr die Rampe hinauf. Reserviert, in dem Estilo desornamentado des Herrera, alles Nicht-Zugehörige ausschließend, unendlich hochmütig hob sich die Fassade. Das Flügeltor öffnete sich, in edler Schwingung stieg die Innentreppe hinan, und von oben, von der Mündung der Treppe, schaute groß, stolz über die Besucher hinweg, das Porträt eines frühen Ahnen der Herzogin. Goya konnte nicht verhindern, daß ihn Beklemmung erfaßte vor dem Namen Alba, dem ersten Namen in Spanien, älter, berühmter, erhabener als der der Bourbonen. So erstieg er, die Tracht höfisch, das Innere bäurisch, die große Treppe, vom Haushofmeister geleitet, zwischen zwei Reihen von Dienern. Ihm voraus, leise und wichtig, geflüstert von einem Munde zum andern, flog sein Name: »Señor de Goya, Maler des Königs«, bis oben der Türsteher laut meldete: »Señor de Goya, Maler des Königs.«
    Dieser die Treppe ersteigende Señor de Goya nahm in all seiner Scheu und Würde überrascht wahr, daß das Innere des kleinen Schlosses in dreistem, spöttischem Gegensatz stand zu seiner klassisch strengen Bauart. Hier war alles heiterster Luxus von der Art, wie ihn der französische Hof vor einem Menschenalter geschaffen hatte, der Hof des Fünfzehnten Louis und der Dubarry. Wollte die Besitzerin dieses Palais zeigen, daß sie beides war, die Trägerin des stolzesten und finstersten Namens in Spanien und eine Anhängerin der galanten Lebensweisheit der gestürzten französischen Aristokratie?
    An die Wände ihres Palais aber hatte die Alba sehr andere Gemälde gehängt als diejenigen, welche ähnliche Schlösser französischer Adeliger schmückten: keine Bilder des Boucher oder des Watteau und nichts, was Goyas oder seines Schwagers Bayeu Gobelins entsprochen hätte. Vielmehr hingenda nur Gemälde der alten, großen, spanischen Meister, ein dunkles, grausames Granden-Porträt von der Hand des Velázquez, ein finsterer Heiliger des Ribera, ein fanatisch düsterer Mönch des Zurbarán.
    Unter diesen Gemälden saßen die nicht zahlreichen Gäste. Da waren von den zwölf ganz großen Herren, die das Privileg hatten, in Gegenwart des Königs den Hut aufzubehalten, fünf, mit ihren Damen. Da war auch Goyas ewiger Schuldner, Monsieur de Havré, der Botschafter des königlichen Knaben von Frankreich und seines Regenten; repräsentativ, etwas schäbig und herausfordernd saß er da, seine hübsche, dünne, sechzehnjährige Tochter Geneviève neben sich. Aber da war auch der Abate, Don Diego. Und da war ferner ein blonder, stattlicher Herr mit einem starkzügigen, doch ruhigen Gesicht, und noch ehe er ihm vorgestellt war, wußte Goya: das war Doktor Peral, der Verhaßte, der Arzt, der Bartkratzer.
    Wer aber zeigte sich da noch, würdig, finster, tugendhaft, eine

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