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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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entschieden nein. Er wurde zum König gebeten, und es fand, in Gegenwart Manuels, eine Unterredung statt, in der sich Don Carlos weniger gemütlich gab als sonst. Alles, was der Großinquisitor erreichen konnte, war, daß nicht mehr als zwei Juden zugelassen wurden und daß sie während ihres ganzen Aufenthalts der, freilich unauffälligen, Überwachung der Inquisition unterstanden.
    Die jüdischen Herren, ein Monsieur Böhmer aus Antwerpen und ein Mijnheer Pereira aus Amsterdam, machten Sensation in Madrid, alle Fortschrittlichen wetteiferten, ihnen Freundlichkeiten zu erweisen. Jovellanos gab ihnen eine Teegesellschaft. Selbst die Herzogin von Alba gab einen Empfang für sie.
    Bei dieser Gelegenheit besichtigte Goya die Juden. Er war enttäuscht, daß sie so ganz anders ausschauten als die Juden auf den Bildern des Rembrandt. Monsieur Böhmer, der Hofjuwelier der auf so schreckliche Art abgelebten Marie-Antoinette, war ein eleganter Franzose, wie er ihrer Hunderte gesehen hatte, und Mijnheer Pereira sprach das reinste Kastilisch, das sich denken ließ. Mit den Granden verkehrten die beiden jüdischen Herren, als wären sie ihresgleichen.
    Lorenzana, aufs äußerste gereizt, daß während seiner Amtszeit jüdischer Atem die Luft der Hauptstadt vergiftet hatte, verschärfte seinen Kampf gegen die Liberalen. Man hatte in den letzten Jahren stillschweigend geduldet, daß Personen von Einfluß im Besitz verbotener Bücher waren. Jetzt mehrten sich die Haussuchungen und mit ihnen das Material der Inquisition.
    Einmal, als der Abate zu ungewohnter Zeit nach Hause kam, sah er einen gewissen López Gil, der ihm als Spion der Inquisition bekannt war, aus seiner Tür treten. Er bat Don Manuel, keinen zweiten Fall Olavide zuzulassen, er beschwor ihn, Lorenzana zu verwarnen oder noch besser die Flucht des Olavide zu ermöglichen.
    Die Vorstellungen Don Diegos rührten den Minister an. Er gab halbe Zusagen. Aber er blieb unschlüssig.
    Da kam ihm der Großinquisitor selber zu Hilfe. Es hatten in der letzten Zeit geistliche Autoren in einer ganzen Reihe von Schriften die Bevölkerung aufgefordert, die aufrührerischen Bücher der Jovellanos, Cabarrús, Quintana zu verbrennen und die Verfasser nachdrücklich zu belehren, daß Spanien ein katholisches Land sei. Jetzt gar hieß es in einer besonders giftigen Broschüre, es sei nicht weiter verwunderlich, daß schmutzige und gottesleugnerische Bücher geduldet und gepriesen würden, da der erste Beamte des Reiches selber das Beispiel unerhörter Zügellosigkeit gebe im Verein mit der ersten Dame des Reiches.
    Don Manuel, als ihm die Polizei die Broschüre unterbreitete, freute sich; jetzt hatte sich dieser Lorenzana zu weit vorgewagt. Er brachte die Schmähschrift der Königin. María Luisa las. »Man sollte dem Lorenzana eins auf die Finger geben«, sagte sie, gefährlich ruhig. »Eure Majestät haben recht wie immer«, antwortete Manuel. Sie sagte: »Du bist natürlich froh, daß ich jetzt wieder einrenke, was du verstümpert und verdorben hast.« – »Sie meinen den Fall Olavide, Madame?« fragte unschuldig Manuel, und: »Ja«, fuhr er fort, »ich finde allerdings, man sollte ihnen den Olavide ausführen.« – »Ich will mit Carlos sprechen«, antwortete sie.
    María Luisa sprach mit Carlos, dann sprach Manuel mit Miguel, dann Miguel mit dem Abate, dann sprach der Abate mit dem Großinquisitor.
    Dieses Gespräch wurde in lateinischer Sprache geführt. Der Abate erklärte zunächst, er spreche nicht als bescheidener Diener des Heiligen Offiziums zu dessen höchstem Beamten, sondern als Privatperson; allerdings seien Don Manuel und der Katholische König selber interessiert am Ausgang der Unterredung und an ihren Folgen. Lorenzana antwortete, das sei gut zu wissen. Vielleicht teile, auch dies inoffiziell natürlich, Don Diego dem Don Manuel und dieser der Majestät des Don Carlos mit, daß sich leider die Verdachtsmomente gegen den früheren Großinquisitor Sierra gehäuft hätten und daß seine Verurteilung wohl unvermeidlich sei. »Du, o Bruder«,sagte er, »der du diesen Mann gut kennst, wirst dergleichen ja vorausgesehen haben.« – »Ich kenne ihn, und ich kenne dich, o Vater«, antwortete der Abate, »also hab ich es vorausgesehen.« Der Großinquisitor fragte: »Arbeitest du noch an der Schrift, o Bruder, die jener dir aufgetragen hat?« Don Diegos Vernunft befahl ihm, nein zu sagen, aber sein aufrührerisches Herz erlaubte es ihm nicht. »Ich bin nicht geheißen worden«,

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