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Grab im Wald

Grab im Wald

Titel: Grab im Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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viel – wahrscheinlich sehr viel mehr – gegen Wayne Steubens gesprochen.
    Zumindest bis vor ein paar Tagen.
    »Er hat Gil Perez nicht umgebracht«, sagte ich.
    »Ich habe es vernommen. Meinetwegen streichen Sie ihn aus der Gleichung, damit wir diese fruchtlose Diskussion zu einem Ende bringen können. Also sagen wir, er hat den Perez-Jungen nicht umgebracht.« Er hob die Hände. »Und was machen Sie jetzt damit?«
    Ich dachte nach. Was mir in diesem Fall blieb, war, mich zu fragen, was damals wirklich mit meiner Schwester passiert ist.

29
    Eine Stunde später saß ich im Flugzeug. Die Türen waren noch nicht geschlossen, als Muse mich anrief.
    »Wie lief’s mit Steubens?«, fragte sie.
    »Das erzähl ich Ihnen später. Wie war’s im Gericht?«
    »Lauter große aber bedeutungslose Gesten, wenn ich das richtig mitgekriegt habe. Die Verteidigung hat dauernd Unterbrechungen für Beratungen beantragt. Anwalt muss ein verdammt langweiliger Job sein. Wie schaffen Sie es, sich an solchen Tagen keine Kugel durch den Kopf zu jagen?«
    »Eiserne Selbstdisziplin und jahrelanges Training. Also ist nichts passiert?«
    »Nein, aber Sie haben morgen frei. Der Richter hat alle Anwälte am Donnerstagmorgen in sein Büro bestellt.«
    »Wozu?«
    »Da wurde schon wieder was von ›Beratungen‹ gesagt, aber Ihr Assistent – wie heißt der noch? – meinte, dass da wohl nicht viel dahintersteckt. Ach, und außerdem hätte ich noch was.«
    »Und?«
    »Ich habe unseren besten Computer-Fuzzi darauf angesetzt, diese Berichte abzuchecken, die Ihre Freundin Lucy gekriegt hat.«
    »Und?«
    »Und es hat zu dem gepasst, was sie schon wusste. Wenigstens am Anfang.«
    »Was heißt wenigstens am Anfang?«
    »Ich hab die Informationen genommen, die er zusammengetragen hat, und dann hab ich ein bisschen rumtelefoniert, und dabei hat sich was Interessantes ergeben.«
    »Was?«
    »Ich glaub, ich weiß, wer diesen Bericht geschickt hat.«

    »Wer?«
    »Haben Sie Ihren BlackBerry dabei?«
    »Ja.«
    »Das sind Berge von Daten hier. Ist vielleicht einfacher, wenn ich Ihnen die Einzelheiten eben per Mail schicke.«
    »Okay.«
    »Mehr möchte ich dazu noch nicht sagen. Ich hoffe, dass Sie zu dem gleichen Ergebnis kommen wie ich.«
    Ich überlegte kurz und erkannte darin eine Art Nachhall meiner Unterhaltung mit Geoff Bedford. »Sie wollen wohl nicht, dass ich die Fakten so hindrehe, dass sie zur Theorie passen, was?«
    »Hä?«
    »Vergessen Sie’s, Muse. Schicken Sie mir einfach die Mail.«

    Vier Stunden nachdem ich mich von Geoff Bedford verabschiedet hatte, saß ich in dem leeren Büro neben Lucys, das normalerweise von einem Englisch-Professor benutzt wurde, der gerade in einem Forschungssemester war. Lucy hatte einen Schlüssel.
    Sie sah aus dem Fenster, als ihr wissenschaftlicher Mitarbeiter, ein Lonnie Berger, ohne anzuklopfen hereinkam. Lonnie erinnerte mich seltsamerweise etwas an Lucys Vater Ira. Er hatte diese Peter-Pan-Aura des Möchtegern-Aussteigers. Ich will Hippies oder Linksradikale und solche Leute nicht heruntermachen. Wir brauchen sie. Ich bin fest davon überzeugt, dass man die Menschen an beiden Rändern des politischen Spektrums braucht, sogar (und vielleicht besonders) diejenigen, mit denen man nicht übereinstimmt, und die man hassen will. Ohne sie wäre es langweilig. Die eigenen Argumente würden nicht mehr so zur Kenntnis genommen werden. Im Kern ist es doch so: Ohne die Linken gäbe es keine Rechten. Und um in der Mitte zu sein, braucht man auch beide.

    »Was gibt’s, Luce? Ich hab eine wichtige Verabredung mit meiner scharfen Kellnerin …« Lonnie sah mich und seine Stimme wurde immer leiser. »Wer ist das?«
    Lucy sah immer noch aus dem Fenster.
    »Und warum sind wir in Professor Mitnicks Büro?«
    »Ich heiße Paul Copeland«, sagte ich.
    Ich streckte die Hand aus. Er schüttelte sie.
    »Hey«, sagte Lonnie. »Sie sind der Typ aus dem Bericht, stimmt’s? Mr P oder so. Na ja, ich hab das über den Fall im Internet nachgelesen, und …«
    »Ja, Lucy hat mir von Ihrer Amateur-Schnüffelei erzählt. Wie Sie vermutlich wissen, habe ich ein paar sehr gute Schnüffler  – professionelle Ermittler, um genau zu sein –, die für mich arbeiten.«
    Er ließ meine Hand los.
    »Wollten Sie uns vielleicht etwas sagen?«, fragte ich.
    »Wovon reden Sie?«
    »Sie hatten übrigens Recht. Die E-Mail wurde wirklich um achtzehn Uhr zweiundvierzig von einem Computer in der Frost-Bibliothek abgeschickt. Aber Sylvia Potter war

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