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Grab im Wald

Grab im Wald

Titel: Grab im Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Steubens’ Nachbarschaft Haustiere verschwunden sind, als er noch ein Teenager war?«
    »Ehrlich? Na, damit wäre dann ja alles geklärt.«
    »Darf ich das mit einem Beispiel illustrieren?«
    »Bitte.«
    »Wir haben dafür einen Augenzeugen. Charlie Kadison, er war damals noch ein Kind. Er hatte niemandem etwas davon erzählt, weil er zu viel Angst hatte. Als Wayne Steubens sechzehn Jahre alt war, hat er einen kleinen weißen Hund begraben – wie heißt die Rasse noch, so ein französischer Name …«
    »Ein Bichon Frise?«
    »Genau. Er hat den Hund bis zum Hals eingegraben. So dass nur der Kopf rausguckte. Das Tier konnte sich nicht bewegen.«
    »Ziemlich pervers.«
    »Nein, es wird noch schlimmer.«
    Behutsam trank er einen weiteren Schluck von seinem Kaffee. Ich wartete. Er stellte die Tasse auf den Tisch und tupfte sich den Mund mit einer Serviette ab.
    »Nachdem er ihn also eingegraben hat, ist Ihr alter Freund aus dem Lager zum Haus von diesem Kadison-Jungen gegangen. Die Familie hat so einen Aufsitz-Rasenmäher. Er hat gefragt, ob er ihn ausleihen kann …«
    Er brach ab, sah mich an und nickte.
    »Igitt«, sagte ich.
    »Ich kenn noch mehr solche Berichte. Mindestens zehn, fünfzehn Stück.«
    »Und trotzdem ist Wayne Steubens irgendwie an diesen Job im Ferienlager für Jugendliche rangekommen …?«
    »Darüber sind Sie jetzt doch nicht wirklich überrascht, oder? Dieser Ira Silverstein war ja auch ein echter Pedant, was die Überprüfung der Vorgeschichten seiner Mitarbeiter betraf.«
    »Und nach den ersten Morden hat niemand Wayne verdächtigt?«

    »Wir haben nichts davon gewusst. Außerdem war anfangs noch die örtliche Polizei für die Morde im Camp PLUS zuständig gewesen, nicht wir. Das kam erst später. Außerdem hatten die Leute in den Jahren, die für Steubens’ Entwicklung prägend waren, viel zu viel Angst, mit dem, was sie wussten, zur Polizei zu gehen. Charlie Kadison ist dafür ein gutes Beispiel. Außerdem stammte Steubens aus einem reichen Elternhaus. Sein Vater war gestorben, als er noch klein war, aber seine Mutter hat ihn vor allem beschützt, sie hat ihn zum Teil vollkommen abgeschirmt und Leuten Schweigegeld bezahlt und so weiter. Sie war überfürsorglich, extrem konservativ und sehr streng.«
    »Noch ein Häkchen auf Ihrem Fallanalyse-Testbogen für Serienmörder.«
    »Es geht nicht nur um sein Profil, Mr Copeland. Sie kennen die Fakten. Steubens hat in New York gewohnt, war aber zufällig immer gerade dann in der Gegend – Virginia, Indiana, Pennsylvania –, als dort die Morde stattfanden. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass es sich dabei um Zufall handelte. Und der springende Punkt ist doch, nachdem wir den Durchsuchungsbeschluss endlich bekommen hatten, haben wir bei ihm auf dem Grundstück klassische Trophäen von allen Opfern gefunden.«
    »Nicht von allen Opfern«, sagte ich.
    »Es hat gereicht.«
    »Aber es gab nicht eine einzige Trophäe von den ersten vier Opfern.«
    »Das ist korrekt.«
    »Warum nicht?«
    »Meine Vermutung ist, dass er es eilig gehabt hat. Steubens war noch damit beschäftigt, sich der Leichen zu entledigen. Er hat einfach keine Zeit gehabt, sich darum zu kümmern.«
    »Wieder«, sagte ich, »klingt das ein bisschen so, als würden Sie sich die Fakten zurechtdrehen.«
    Er lehnte sich zurück und sah mich an. »Und wie sieht Ihre
Theorie aus, Mr Copeland? Die würde mich nämlich brennend interessieren.«
    Ich sagte nichts.
    Er breitete die Arme aus. »Dass ein Serienmörder, der Campern in Indiana und Virginia die Kehlen durchschnitten hat, zufällig Betreuer in einem Ferienlager war, bei dem mindestens zwei anderen Campern die Kehlen durchschnitten wurden?«
    Da hatte er Recht. Es hatte mich von Anfang an gestört, und ich hatte einfach keine Lösung gefunden.
    »Sie kennen die Fakten, die auch dann noch erdrückend sind, wenn ich sie mir hier und da ein bisschen zurechtgedreht haben sollte. Sie sind Staatsanwalt. Erzählen Sie mir, was Ihrer Ansicht nach passiert ist.«
    Ich überlegte. Er wartete. Ich überlegte weiter.
    »Ich weiß es noch nicht«, sagte ich. »Vielleicht ist es noch zu früh für eine Hypothese. Vielleicht brauchen wir erst noch ein paar Fakten mehr.«
    »Und während Sie danach suchen«, sagte er, »bringt ein Typ wie Wayne Steubens noch ein paar Camper um.«
    Auch da hatte er Recht. Ich dachte an die Beweise im Vergewaltigungsprozess gegen Jenrette und Marantz. Wenn man das objektiv betrachtete, hatte mindestens ebenso

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