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Grab im Wald

Grab im Wald

Titel: Grab im Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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nickte. Ich nickte zurück. Ihr liefen Tränen über die Wangen.
    Ich war mir nicht sicher, aber ich glaube, auch mir liefen Tränen über die Wangen.

20
    Der Richter bewilligte Flair Hickory und Mort Pubin eine halbstündige Beratungspause. Als er sich von seinem Stuhl erhob, explodierte der Gerichtssaal. Ich kämpfte mich mit »Kein Kommentar« zu meinem Büro durch.
    Muse blieb direkt hinter mir. So klein sie auch war, benahm sie sich doch so, als wäre sie ein Personenschützer vom Geheimdienst.
    Als wir die Bürotür hinter uns geschlossen hatten, hob sie die Hand. »High Five.«
    Ich sah sie nur an. Sie ließ die Hand wieder sinken.
    »Das war’s, Cope.«
    »Noch nicht ganz«, sagte ich.
    »Aber in einer halben Stunde.«
    Ich nickte. »Lange dauert’s nicht mehr. Aber wir haben noch genug zu tun bis dahin.«
    Ich ging hinten um den Konferenztisch herum. Lucys Nachricht lag noch da. Während ich Flynn befragt hatte, war es mir gelungen, mein Gehirn abzuschotten und alles andere auszublenden. Ich hatte Lucy außen vor gelassen. Aber jetzt, so gern ich den Triumph zumindest ein paar Minuten lang genossen hätte, holte mich die Nachricht wieder zurück auf den Boden.
    Muse sah, dass ich die Notiz betrachtete.

    »Eine Freundin von vor zwanzig Jahren«, sagte Muse. »Damals ist die Sache in Camp PLUS gewesen.«
    Ich sah sie an.
    »Es gibt eine Verbindung, oder?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich. »Gut möglich.«
    »Wie heißt sie mit Nachnamen?«
    »Silverstein. Lucy Silverstein.«
    »Klar«, sagte Muse, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. »Dachte ich mir.«
    »Wieso haben Sie sich das gedacht?«
    »Ach, kommen Sie, Cope. Sie kennen mich doch.«
    »Jedenfalls weiß ich, dass Sie neugieriger sind, als es gut für Sie ist.«
    »Aber genau das macht mich doch so begehrenswert.«
    »Ja, Ihre Neugier und dann vielleicht noch die Fußbekleidung. Wann haben Sie sich über meine Vergangenheit informiert?«
    »Gleich nachdem ich erfahren habe, dass Sie Bezirksstaatsanwalt werden.«
    Ich war nicht überrascht.
    »Ach ja, und dann hab ich alles kurz noch mal aufgefrischt, bevor ich Ihnen gesagt habe, dass ich da mit reinwill.«
    Ich sah mir die Nachricht noch einmal an.
    »Sie war Ihre Freundin«, sagte Muse.
    »Es war nur eine Sommerromanze«, sagte ich. »Wir waren noch sehr jung.«
    »Wann haben Sie das letzte Mal von ihr gehört?«
    »Das ist lange her.«
    Wir schwiegen einen Moment lang. Ich hörte den Tumult vor der Tür. Ich beachtete ihn nicht. Muse ließ sich auch nicht davon beeindrucken. Wir saßen einfach nur da und betrachteten die Notiz auf dem Tisch.
    Schließlich stand Muse auf. »Ich muss noch was erledigen.«
    »Tun Sie das«, sagte ich.

    »Schaffen Sie das vor Gericht ohne mich?«
    »Ich werd das schon irgendwie deichseln«, sagte ich.
    An der Tür drehte Muse sich noch einmal um. »Rufen Sie sie an?«
    »Später.«
    »Soll ich ihren Namen durch die Datenbanken jagen? Mal nachgucken, was sich so findet?«
    Ich überlegte kurz. »Noch nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Weil sie mir mal was bedeutet hat, Muse. Mir ist nicht danach, dass Sie in ihrem Leben rumstochern.«
    Muse hob die Hände. »Okay, ist ja schon gut. Jetzt reißen Sie mir nicht gleich den Kopf ab. Ich wollte sie ja nicht in Handschellen vorführen. Ich hab bloß vorgeschlagen, ihre Vergangenheit einem Routinecheck zu unterziehen.«
    »Tun Sie’s nicht, okay? Wenigstens noch nicht.«
    »Dann kümmer ich mich mal um Ihren Gefängnisbesuch bei Wayne Steubens.«
    »Danke.«
    »Aber diese Cal-und-Jim-Sache lassen Sie sich jetzt doch nicht mehr durch die Lappen gehen, oder?«
    »Niemals.«

    Meine einzige Sorge bestand darin, dass die Verteidigung behaupten könnte, Chamique hätte den Film auch gesehen und daraus die Anregung für ihre Geschichte gezogen oder ihre ausufernde Fantasie hätte den Film in Realität verwandelt oder so etwas. Andererseits sprachen diverse Faktoren für mich: Erstens konnte man leicht belegen, dass der Film nicht auf der Großbildleinwand im Saal des Verbindungshauses gezeigt worden war. Das war durch viele Zeugenaussagen belegt. Zweitens hatte ich Jerry Flynns Aussage und die Polizeifotos, die übereinstimmend
zeigten, dass sich im Zimmer von Marantz und Jenrette kein Fernseher befand, da konnte sie ihn also auch nicht gesehen haben.
    Trotzdem sah ich darin den einzigen Ausweg für die Verteidigung. Schließlich konnte man eine DVD auch auf einem Computer abspielen. Das war zwar eine ziemlich dürftige

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