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Grabesdunkel

Grabesdunkel

Titel: Grabesdunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Beverfjord
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nirgendwo.
    Agnes wurde heiß und schwindelig von all den Menschen, die sich um sie drängten. Sie versuchte, sich zu den Toiletten durchzukämpfen. Der Andrang an den Waschbecken war groß. Sie formte die Hand zu einer Schale und ließ das Wasser am Hals entlang hinunterlaufen, kühl und erfrischend. Erst da hörte sie die Geräusche aus den Toiletten. Lautes Stöhnen. Keines der anderen Mädchen, die sich die Hände wuschen oder neues Make-up auflegten, schien davon Notiz zu nehmen. Das Ganze erinnerte an eine Art Endzeitfest, geprägt von Luxus und Hemmungslosigkeit.
    Agnes kämpfte sich zurück an die Bar. Ganz hinten war noch Platz. Dort saß ein Mann, den die Leute offensichtlich respektierten oder fürchteten, jedenfalls war es um ihn herum leer. Sie wollte gerade etwas zu trinken bestellen, als sie seinen Blick spürte. Er hatte ein schönes Gesicht, schmal, mit markanten, kräftigen Augenbrauen und einem schlanken Nasenrücken. Sein Haar war dunkelbraun und lockig. Doch die Art, wie er sie ansah, ließ sie erstarren. Seine harten Augen fixierten sie. Agnes wurde nervös und rückte instinktiv von ihm ab. Dann duckte sie sich und schlich zum Ausgang.
    Gerade als sie sich ihren Weg nach draußen bahnte, beobachtete sie eine junge Frau, die offenbar mit einem der Türsteher herumstritt. »Ich muss mit ihm reden!«, rief sie. Agnes zündete sich eine Zigarette an und blieb stehen, um den Dialog mitzubekommen.
    Â»Mach, dass du wegkommst. Du weißt, dass wir dich hier nicht mehr reinlassen«, antwortete der Türsteher barsch.
    Â»Verdammt, mach mir keine Schwierigkeiten. Ich muss ihn heute Abend treffen, verstehst du?«
    Â»Hau ab.«
    Diesmal folgte dem Befehl ein Tritt. Agnes wusste nicht, ob es an der Wucht des Tritts oder der schauspielerischen Begabung der jungen Frau lag, dass sie auf den Asphalt knallte.
    Â»Was zum Teufel soll das!«, schrie Agnes den Türsteher an, während sie der Frau wieder auf die Beine half, doch der Türsteher winkte bereits neues Frischfleisch ins Lokal.
    Die junge Frau schniefte und trat schnell den Rückzug an. Agnes folgte ihr, lief fast, um sie nicht aus den Augen zu verlieren. Sie war kaum größer als Agnes, ihr Haar war zerzaust mit dunklen Ansätzen und hellen Spitzen. Irgendwie kam sie Agnes bekannt vor, ihr Tonfall hatte etwas Vertrautes gehabt.
    Â»Alles in Ordnung?«, fragte Agnes.
    Die junge Frau drehte sich zu Agnes um und nickte. Jetzt wusste sie es. Sie erinnerte sich sogar an ihren Namen. Laura Vangen Ringdal war ein Jahr jünger als sie und kam wie sie aus Molde. Früher hatte Agnes Ballett getanzt, und eine Zeit lang war Laura in derselben Tanzschule gewesen wie sie. Seitdem hatte sie sich sehr verändert – ihr Aussehen, ihre Körpersprache, auch ihre Art zu reden.
    Â»Laura?«, fragte Agnes.
    Die junge Frau sah sie unsicher an.
    Â»Ich bin Agnes. Wir sind früher mal zusammen zum Ballett gegangen, erinnerst du dich?«
    Sie antwortete nicht, aber ihre Schritte wurden langsamer. Sie gingen auf den kleinen Park am Solli plass zu.
    Â»Mit wem wolltest du reden?«, fuhr Agnes fort.
    Â»Ist jetzt auch egal«, seufzte Laura.
    Vor dem Springbrunnen blieb sie stehen, rieb sich die Augen und schniefte noch immer. Erst jetzt fiel es Agnes auf: die großen Pupillen, die roten Augen, die Unruhe im Körper und das konstante Schniefen. Drogen. Wahrscheinlich Kokain.
    Â»Was hatte das denn zu bedeuten?«
    Â»Ich kann nicht mehr, ich brauche eine Auszeit, aber ich bin ja jetzt auch raus aus dem Spiel. Es ist vorbei.«

Kapitel 28
    Laura überquerte auf unsicheren Beinen die Straße. Agnes folgte ihr.
    Â»Aus welchem Spiel?«
    Laura drehte sich abrupt zu ihr um und fauchte: »Begreifst du überhaupt nichts? Bist du ein ziviler Bulle oder was?«
    Agnes versuchte, ruhig zu bleiben: »Nein, nein, ich bin Journalistin bei Nyhetsavisen. Ich bin nur auf Informationen aus.«
    Laura wich ein paar Schritte zurück.
    Â»Ich kann dich dafür bezahlen«, fügte Agnes hinzu und spürte sofort eine gewisse Unruhe. Die ethischen Regeln von Nyhetsavisen verboten es ihr eigentlich, zu solchen Mitteln zu greifen.
    Laura starrte sie an, als würde sie Agnes’ Worten nicht ganz trauen. »Das wird aber teuer, wenn ich rede«, sagte sie entschlossen. »Zwanzigtausend.«
    Agnes schüttelte den Kopf. So viel Geld hatte sie nicht

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