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Grabesdunkel

Grabesdunkel

Titel: Grabesdunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Beverfjord
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gewesen – das war die einzig denkbare Erklärung, warum er eines Nachts mit einer Kommilitonin im Bett gelandet war, noch dazu einer aus Kikkis Kolloquiumsgruppe. Er schämte sich noch immer, wenn er daran dachte. Als er am nächsten Morgen mit einem Kater und einem schrecklich schlechten Gewissen zu Kikki nach Hause gekommen war, hatte er sie nicht anlügen können. Er hatte vor Reue geweint, aber es hatte nichts genützt. Mit Untreue konnte sie nicht leben. Er war auf die klassische Weise hinausgeworfen worden: Kikki hatte seine gesamte Habe in den Flur hinausbefördert. Gedemütigt hatte er seine Mutter angerufen und sie gebeten, ihm dabei zu helfen, seine Besitztümer einzusammeln und in sein Elternhaus in Nesodden zu bringen.
    Gut ein Jahr nach ihrer Trennung hatte Kikki wieder Kontakt aufgenommen. Sie vermisste ihn und wollte ihn zurück. Sie wurden wieder ein Paar – bis sie jemand Neues kennenlernte: Peder war sieben Jahre älter, zuverlässig, reif für das Leben, das sie sich wünschte.
    Sie waren ein gutes Team gewesen, er und Kikki. Joakim seufzte. Er tröstete sich damit, dass sie zumindest gut zusammenarbeiteten.

Kapitel 32
    Agnes hatte sich mit ihrem Laptop in ein Raucherbüro zurückgezogen, als Joakim an diesem Samstag in die Redaktion kam. Er setzte sich neben sie. Agnes erzählte ihm von ihrem Besuch im Hjørnet und von dem Mädchen aus Molde, das den Decknamen Caroline hatte, doch von dem Geld sagte sie nichts. Während Agnes das Büro zuqualmte, diskutierten sie über das, was sie von Laura erfahren hatte. Sie durchkämmten das Internet und die Archive, Joakim rief alte Quellen an, doch sie fanden nichts über den Prostituiertenring heraus, und beide wurden immer frustrierter. Was sie wussten, konnten sie nicht schreiben. Der Tipp von Ester und die vertraulichen Informationen einer Drogensüchtigen reichten nicht – die Geschichte musste noch von anderen bestätigt werden.
    Gegen zehn Uhr wollte Joakim nach Hause gehen.
    Â»Kommst du mit?«, fragte er.
    Â»Geh nur, ich bleibe noch etwas«, sagte Agnes.
    In der fünften Etage war noch immer Leben. Die Journalisten, die Spätdienst hatten, saßen verbissen vor ihren Bildschirmen und schrieben ihre Artikel. Agnes wählte die Nummer von Esters Eltern. Hendrik Tidemann Pedersen meldete sich, wollte aber offenbar nicht mit ihr reden, sondern bat sie zu warten und rief nach seiner Frau. Als Vivi Tidemann Pedersen sich meldete, klang ihre Stimme belegt, und sie wirkte betrunken. Agnes erzählte ihr, dass sie mit Ester gesprochen hatte, und fragte, ob Ester versucht habe, zu Hause anzurufen.
    Â»Nein, wir haben nichts mehr von ihr gehört. Ich versteh das einfach nicht.«
    Â»Hatte Ester vor jemandem Angst?«
    Â»Nicht soweit wir wissen. Ich glaube, sie hat Angst vor Helles Mörder.« Vivi Tidemann Pedersen begann zu weinen. »Die Polizei will nichts unternehmen. Sie reiten die ganze Zeit auf diesem Krankenhausaufenthalt herum.«
    Â»Auf was für einem Krankenhausaufenthalt?«
    Â»Ester war eine Zeit lang im Krankenhaus, das habe ich Ihnen doch erzählt. Aber das ist wirklich sehr lange her, noch in der Mittelstufe. Das war nur eine Lappalie.«
    Â»Was für eine Lappalie?«
    Â»Keine große Sache, und seitdem ist sie auch nicht mehr krank gewesen. Ich war so dumm, der Polizei davon zu erzählen. Jetzt glauben sie, dass sie psychotisch geworden ist oder so was.«
    Agnes versuchte, sie zu trösten, doch Esters Mutter war nicht in der Lage, noch viel zu sagen. Sie war zu betrunken.
    Â»Wir hören voneinander. Ich bin so erschöpft, ich muss mich jetzt ausruhen«, sagte sie zum Abschied.
    Es war dunkel, als Agnes den UllevÃ¥lsvei entlangging. Die Straßen waren so leer, dass das Geräusch von ihren Absätzen widerhallte. Weit vor ihr gingen zwei Mädchen dicht nebeneinander. Hinter sich bemerkte sie einen Mann. Agnes ging schneller. Die Mädchen kicherten, bevor sie in eine Nebenstraße abbogen und aus ihrem Blickfeld verschwanden. Jetzt hörte sie ihre eigenen Schritte und die des Mannes hinter sich. Sie drehte sich um und sah ihn nervös an. Er war groß und breit, trug eine Sportjacke und helle Jeans, sein Gang war entschlossen. Sicher ein Familienvater auf dem Weg nach Hause, dachte Agnes, während sie die hysterischen Gedanken zu vertreiben versuchte, die leider so oft auftauchten, wenn sie

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