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Grabesdunkel

Grabesdunkel

Titel: Grabesdunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Beverfjord
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alleine im Dunkeln unterwegs war. Es half ihr, sich einen vollkommen harmlosen Typen vorzustellen: einen Familienvater, der im Büro Überstunden gemacht hatte, hungrig und müde war und hoffte, dass seine Frau die Lasagne aufgewärmt hatte, wenn er nach Hause kam. Je detaillierter sie sich alles vorstellte, desto leichter fiel es ihr, die irrationale Angst auf Abstand zu halten. Er trägt Gesundheitsschuhe, dachte sie. Sein Rücken ist nicht in Ordnung, er hat bestimmt Einlagen vom Orthopäden verschrieben bekommen.
    Sie überquerte die Straße. Zu ihrer Rechten lag der Friedhof, über den sie tagsüber gern ging, weil es eine Abkürzung war. Die alten Grabsteine unter den großen Kastanien waren kleine Kunstwerke für sich. Nachts sah alles ganz anders aus. Sie traute sich nicht, den Friedhof zu überqueren, sondern ging außen herum.
    Dann waren die Schritte wieder da, näher jetzt. Wieder drehte sie sich um. Auch der Mann in der Sportjacke hatte die Straße überquert. Sie begegnete seinem Blick. Die Art, wie er sie ansah, hatte etwas Unangenehmes, oder? Im Moment waren sie auf diesem Abschnitt des UllevÃ¥lsvei allein. Keine Autos, keine anderen Menschen. Ruhig bleiben, dachte sie. Er ist verzweifelt. Er hat sich auf der Arbeit in jemanden verliebt und Angst, dass seine Frau davon erfährt. Er nimmt die Abkürzung über den Friedhof. Deshalb hat er die Straße überquert.
    Die Strategie funktionierte nicht. Ihre Furcht eskalierte und ergriff ihren Körper. Sie begann zu laufen. Ein Stück entfernt gab es einen Kiosk, der für gewöhnlich nachts offen hatte. Sie spürte die Angst, als sie hörte, dass auch der Mann hinter ihr zu laufen begann. Sie war zu erschrocken, um zu schreien. Sie mochte sich nicht mehr umdrehen, sondern sprintete einfach los. Plötzlich merkte sie, wie seine starken Hände von hinten nach ihr griffen und er sie mit sich zog. Sie schnappte nach Luft. Ein Arm klemmte ihr den Atem ab, und eine dunkle, heisere Stimme flüsterte ihr ins Ohr: »Kein Wort!«

Kapitel 33
    Mit roher Gewalt zog der Mann Agnes durch die obere Friedhofspforte. Es war so dunkel, dass die Konturen der Säulen und Statuen nur zu erahnen waren. Die Hecke verdeckte das Straßenlicht fast vollständig.
    Dann ging alles sehr schnell. Agnes versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien, doch sie hatte nicht genug Kraft. Das war immer ihr großer Albtraum gewesen. Wie oft war sie spätabends nach Hause gelaufen und hatte vor jedem Mann Angst gehabt, der ihren Weg kreuzte! Alle waren potenzielle Gewalttäter. Sie wusste, was sie tun musste. Was sie tun sollte: beißen, schreien, schlagen, hysterisch werden. Sie hatte immer geglaubt, dass sie so reagieren, sich voller Panik zur Wehr setzen würde. Sie hatte vor sich gesehen, wie sie den Gewalttäter in den Schritt trat, ihm das Ohr abbiss, ihm große Haarbüschel ausriss.
    Stattdessen war sie ganz still, erstarrt vor Schreck. Sie vermochte nicht, sich zu bewegen. Er war nichts als rohe Muskelmasse, und sie ließ sich willenlos ins Dunkel ziehen. Sie spürte, wie die Kälte sich von innen her ausbreitete. Ihr Herz raste. Erst schlug es hämmernd in ihrer Brust, dann dröhnte es in ihren Ohren. Er schleppte sie zu einem Zaun ganz hinten in der Anlage. Draußen führte nur eine Sackgasse vorbei. Er zog ihren Rock hoch, riss ihr die Strumpfhose herunter und zerrte an ihrem Slip.
    Die Sekunden verstrichen langsam, ihre nackte Haut in seinen kalten Händen, ihr Körper zitterte unkontrolliert. Dann spürte sie einen wahnsinnigen Schmerz im Unterleib, und sie schrie aus voller Kehle. Es war nicht das, was sie erwartet hatte. Es war schlimmer: Er presste seine ganze Faust in sie hinein. Sie hatte das Gefühl, innerlich zu zerreißen. Mal schluchzte sie, mal hielt sie den Atem an.
    Die Minuten wurden zu Ewigkeiten. Er riss und zerrte an ihr. Als er die Hand wieder herausgezogen hatte, schlug er sie ins Gesicht, während er mit der anderen Hand so fest an ihren Haaren zerrte, dass sie spürte, wie er ihr große Büschel ausriss.
    Â»Du hältst dich aus allem raus! Und du hältst dich von allem und allen fern, die mit Ester zu tun haben«, zischte er.
    Er griff nach einer leeren Flasche, die auf dem Boden lag, und zerbrach sie. Agnes spürte, wie die Glasscherbe in ihre rechte Wange schnitt, während er sie ihr von oben nach unten durchs Gesicht zog, um ihr

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