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Grabesgrün

Grabesgrün

Titel: Grabesgrün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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Sie es wagen! Ich habe meine Schwester geliebt !«, und dann in Ohnmacht gefallen war, woraufhin der Richter die Verhandlung auf den Nachmittag vertagen musste.
    Sie hatte keinen eigenen Prozess – die Entscheidung ihrer Eltern, wie ich vermute, nicht ihre. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie freiwillig auf die viele Aufmerksamkeit verzichtet hätte. Mathews hatte eine außergerichtliche Einigung vorgeschlagen. Anstiftung zu einer Straftat ist bekanntlich nur schwer nachweisbar; die Staatsanwaltschaft hatte keine stichhaltigen Beweise gegen Rosalind, ihr Geständnis war unzulässig, und sie hatte es ohnehin widerrufen. Sie erklärte, Cassie habe sie mit einer Drohgebärde, als wolle sie ihr die Kehle durchschneiden, zum Reden gezwungen. Außerdem würde sie als Minderjährige selbst im unwahrscheinlichen Falle eines Schuldspruchs ohnehin keine hohe Strafe bekommen. Dann und wann behauptete sie auch, sie und ich hätten miteinander geschlafen, was O'Kelly in Rage brachte und mich erst recht und zur Folge hatte, dass die allgemeine Verwirrung ein nahezu lähmendes Ausmaß erreichte.
    Mathews war Realist und hatte sich auf Damien konzentriert. Da dessen Wort gegen das von Rosalind stand, hatte er ihr drei Jahre auf Bewährung wegen Körperverletzung und Widerstand gegen die Festnahme angeboten. Mir war zu Ohren gekommen, dass sie bereits etliche Heiratsanträge erhalten hatte und sich Zeitungen und Verlage um ihre Exklusivstory stritten.

    Als ich aus dem Gerichtsgebäude kam, sah ich Jonathan Devlin rauchend an der Wand lehnen. Er hielt die Zigarette dicht vor der Brust, hatte den Kopf in den Nacken gelegt und schaute den Möwen zu, die über dem Fluss kreisten. Ich zog meine Zigaretten aus der Tasche und ging zu ihm.
    Er blickte mich an, dann wieder weg.
    »Wie geht’s Ihnen?«, fragte ich.
    Er zuckte müde mit den Schultern. »Was glauben Sie wohl? Jessica hat versucht, sich umzubringen. Ist ins Bett gegangen und hat sich mit meinem Rasierer die Pulsadern aufgeschnitten.«
    »Das tut mir leid«, sagte ich.
    Seine Mundwinkel zuckten zu einem humorlosen Lächeln. »Zum Glück hat sie sich blöd angestellt: Sie hat quer geschnitten statt längs.«
    Ich zündete meine Zigarette an, hielt die Hand schützend um die Flamme – es war ein windiger Tag, bläuliche Wolken kamen auf. »Darf ich Sie was fragen?«, sagte ich. »Nur unter uns?«
    Er sah mich an, ein dunkler, hoffnungsloser Blick, in dem vielleicht auch ein wenig Verachtung lag. »Von mir aus.«
    »Sie haben es gewusst, nicht?«, sagte ich. »Sie haben es von Anfang an gewusst.«
    Er sagte lange nichts, so lange, dass ich mich fragte, ob er überhaupt antworten würde. Schließlich seufzte er und sagte: » Gewusst nicht, nein. Sie konnte es nicht allein gewesen sein, sie war bei ihren Cousinen, und von diesem Damien hatte ich keine Ahnung. Aber ich hatte einen Verdacht. Ich kenne Rosalind, seit sie auf der Welt ist. Ich hatte einen Verdacht.«
    »Und Sie haben nichts unternommen.« Meine Stimme sollte eigentlich ausdruckslos klingen, aber bestimmt hatte sich ein vorwurfsvoller Unterton eingeschlichen. Er hätte uns gleich am ersten Tag sagen können, wie Rosalind war. Er hätte es schon Jahre zuvor jemandem sagen können, als Katy das erste Mal krank wurde. Ich wusste zwar, dass das wahrscheinlich nichts geändert hätte, auf lange Sicht, aber ich musste trotzdem an all die Verluste denken, die durch dieses Schweigen entstanden waren, an all das Unglück, das es nach sich gezogen hatte.
    Jonathan warf seine Kippe weg und drehte sich zu mir um, schob die Hände tief in die Manteltaschen. »Was hätte ich denn tun sollen?«, fragte er mit tiefer, harter Stimme. »Auch sie ist meine Tochter. Eine hatte ich schon verloren. Margaret erträgt es nicht, wenn jemand was gegen sie sagt. Vor Jahren wollte ich Rosalind zu einem Psychologen schicken, weil sie so viel log, und Margaret ist hysterisch geworden und hat gedroht, mich zu verlassen, die Mädchen mitzunehmen. Und ich wusste ja auch im Grunde nichts. Ich hätte Ihnen nicht das Geringste sagen können. Ich hab sie im Auge behalten und gebetet, dass es irgendein Grundstücksspekulant war. Was hätten Sie denn getan?«
    »Ich weiß nicht«, sagte ich ehrlich. »Möglicherweise genau das Gleiche wie Sie.« Er blickte mich weiter an, atmete schnell, und seine Nasenflügel bebten. Ich sah weg und zog an meiner Zigarette. Nach einer Weile holte er tief Luft und lehnte sich dann wieder gegen die Wand.
    »Jetzt habe ich

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