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Grabkammer

Grabkammer

Titel: Grabkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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getrockneter Haut und Haaren.
    »Wir können nicht einmal das Geschlecht sicher bestimmen«, sagte Robinson. »Obwohl die Züge, so verzerrt sie auch sein mögen, mir eher weiblich zu sein scheinen. Zu fein geschnitten für einen Mann.«
    »Der Meinung bin ich auch«, pflichtete Maura ihm bei. »Was ist mit der Hautfarbe?«, fragte Jane. »Können wir daraus auf die Herkunft schließen?«
    »Nein«, erwiderte Robinson. »Der Schrumpfungsprozess verdunkelt die Haut. Es könnte sich hier sogar um eine Weiße handeln. Und ohne den Schädel, ohne ein Gebiss, das man röntgen könnte, kann ich Ihnen auch nichts über das Alter der Person sagen.«
    Maura drehte die Tsantsa um und starrte in die Halsöffnung.
    Es war seltsam, nur einen leeren Zwischenraum zu sehen, wo eigentlich Knorpel und Muskeln, Luft-und Speiseröhre sein sollten. Der Hals war halb in sich zusammengefallen, sodass sie nicht in die dunkle Höhle hineinsehen konnte. Plötzlich tauchten wieder die Bilder der Autopsie von Madam X vor ihrem geistigen Auge auf. Sie erinnerte sich an die ausgetrocknete Mundhöhle, das Glitzern von Metall im Schlund. Und sie erinnerte sich an den Schrecken, der ihr beim ersten Anblick der Souvenirkartusche in die Glieder gefahren war. Hatte der Mörder in den Überresten dieses Opfers einen ähnlichen kryptischen Hinweis hinterlassen?
    »Könnte ich mehr Licht haben?«, fragte sie.
    Josephine schwenkte eine Vergrößerungsleuchte zu ihr herüber, und Maura lenkte den Lichtstrahl in den Hohlraum des Halses. Durch die enge Öffnung konnte sie mit Mühe eine helle, zusammengeballte Masse erkennen. »Es sieht aus wie Papier«, sagte sie.
    »Das wäre nicht ungewöhnlich«, sagte Robinson. »Manchmal werden sie mit zerknülltem Zeitungspapier gefüllt, damit der Kopf beim Transport nicht verformt wird. Wenn es eine südamerikanische Zeitung ist, dann wissen wir immerhin etwas über ihre Herkunft.«
    »Haben Sie eine Zange da?«
    Josephine fand eine in der Schublade und reichte sie ihr.
    Maura schob die Zange in die Halsöffnung und bekam die Füllung zu fassen. Als sie vorsichtig zog, kam eine zerknüllte Zeitungsseite zum Vorschein. Sie strich sie glatt und sah, dass die Artikel nicht in Spanisch oder Portugiesisch abgefasst waren, sondern in Englisch.
    »Die Indio Daily News?« Jane lachte verblüfft auf. »Die ist aus Kalifornien.«
    »Und das Datum ist auch interessant.« Maura deutete auf den Kopf der Seile. »Die Zeitung ist erst sechsundzwanzig Jahre alt.«
    »Der Kopf könnte trotzdem viel älter sein«, gab Robinson zu bedenken. »Die Zeitung könnte erst viel später hineingestopft worden sein, nur für den Transport.«
    »Aber eines bestätigt dieser Fund.« Maura blickte auf.
    »Dieser Schrumpfkopf ist kein Teil der ursprünglichen Sammlung des Museums. Es könnte sich um ein weiteres Opfer handeln, das vor nicht allzu langer Zeit …« Sie brach ab, als ihr Blick auf Josephine fiel.
    Die junge Frau war leichenblass geworden. Maura hatte diese ungute Gesichtsfarbe schon öfter gesehen – bei jungen Polizisten, die ihrer ersten Obduktion beiwohnten, und sie wusste, dass der Betroffene in aller Regel wenig später hektisch zum Waschbecken stürzte oder benommen zum nächsten Stuhl wankte. Doch Josephine tat weder das eine noch das andere, sondern verließ wortlos den Raum.
    »Ich sollte mich um sie kümmern.« Dr. Robinson streifte seine Handschuhe ab. »Sie sah nicht gut aus.«
    »Ich sehe mal nach, wie es ihr geht«, erbot sich Frost und folgte Josephine nach draußen. Auch nachdem die Tür schon hinter ihm zugefallen war, starrte Dr. Robinson ihm noch nach, als könne er sich nicht entscheiden, ob er hinterher eilen sollte.
    »Haben Sie noch die Papiere von vor sechsundzwanzig Jahren?«, fragte Maura. »Dr. Robinson?«
    Als er seinen Namen hörte, fuhr er jäh zu ihr herum.
    »Verzeihung?«
    »Vor sechsundzwanzig Jahren – das Datum dieser Zeitung. Haben Sie Unterlagen aus dieser Zeit?«
    »Oh. Ja, wir haben ein Verzeichnis aus den Siebziger-und Achtzigerjahren gefunden. Ich kann mich nicht entsinnen, dass darin von einer Tsantsa die Rede gewesen wäre. Wenn sie in dieser Zeit erworben wurde, dann ist sie jedenfalls nicht registriert worden.« Er sah Simon an. »Können Sie sich erinnern?«
    Doch Simon schüttelte nur matt den Kopf. Er wirkte ausgelaugt, als sei er in der letzten halben Stunde um zehn Jahre gealtert. »Ich weiß nicht, woher dieser Kopf stammt«, sagte er.
    »Ich weiß nicht, wer ihn hinter dieser

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