Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Titel: Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yang Jisheng
Vom Netzwerk:
Mahlzeiten vorenthalten, wenn sie weniger arbeiteten, wurden die Mahlzeiten vorenthalten, wenn man zu spät zur Arbeit kam, wurden die Mahlzeiten vorenthalten, wenn man der Führung nicht gehorchte, wurden die Mahlzeiten vorenthalten, wenn man herumstritt und Aufsehen machte, wurden Mahlzeiten vorenthalten, wer gegenüber dem oberen Untersuchungspersonal die wahre Lage schilderte, dessen Mahlzeiten wurden einbehalten, wer heimlich das grüne, unreife Getreide aß, dessen Mahlzeiten wurden einbehalten, und wer heimlich ein Feld bestellte, dessen Mahlzeiten wurden einbehalten.
    Der Leiter des Produktionsteams Suzhuang stahl in der Volksküche Getreide, verkaufte privat Brötchen und hat außerdem mit Brötchen und Reis zehn verheiratete Frauen verführt. Der Parteizellensekretär von Qiaoyuan hat durch den Entzug von Mahlzeiten für den Tod von elf Bauern gesorgt. In den ländlichen Gebieten des Kreises Hao war ein Lied im Umlauf, das lautete:
»Es jagen sich Wind- und Nebelgeschwader, alles verhungert, nur nirgends ein Kader.«
    Natürlich haben damals auch ein paar gute Kader das Leid der Bauern geteilt und haben die Macht in ihren Händen nicht dazu missbraucht, sich zu bereichern und vollzustopfen – auch von ihnen sind nicht wenige verhungert. Vier Parteimitglieder wie Su Ruzhang im Produktionsteam Chenlou sind verhungert.
    Am 3. November 1960 hat das Zentralkomitee seine Volksküchenpolitik gelockert. Woraufhin das Kreiskomitee den einzelnen Haushalten erlaubte, vorläufig das Essen dezentral zu Hause zuzubereiten. Auf einen Schlag waren die Volksküchen verschwunden. Von den 4438 Volksküchen im Kreis wurden nur 287 nicht aufgelöst, und das waren ausnahmslos Volksküchen auf kleinen Höfen und in Altersheimen, die man nicht einfach zumachen konnte. Am 26. April 1961 verkündete ein Dokument des Zentralkomitees: Der Betrieb der Volksküchen wird den Bauern anheimgestellt. Hiermit sind die Volksküchen offiziell aufgelöst.
    200000 Hungertote im Kreis
    Der Hunger hat zu einem Massensterben geführt. In einem in den ländlichen Gebieten umlaufenden Lied hieß es:
»Wer nie vor Himmel, Erde Angst gekriegt, der fürchte nur, dass die Regierung lügt […] hoch die Erträge, hoch den Satellit, auf dem Kang verhungert das Kommunemitglied […] heute gegen rechts, morgen gegen rechts gehisst, während einer den anderen frisst.«
    Am 17. März 1961 weist das Kreiskomitee im statistischen Zahlenwerk einer von ihm veranlassten Untersuchung aus, dass 44000 Personen kreisweit eines nicht natürlichen Todes gestorben sind; nach statistischen Zahlen der Planungskommission der Geschäftsstelle von Fuyang hat sich die Zahl der Bauernhaushalte im Kreis Hao in den zwei Jahren von 1959 bis 1960 um 28824 und damit um 150503 Personen verringert, das sind 21,1 Prozent der ursprünglichen Bevölkerung; in den im März 1996 veröffentlichten »Stadtannalen von Haozhou« steht, die Gesamtzahl der Haushalte in Stadt und Land habe sich 1960 im Vergleich zu 1958 um 29400 verringert, das entspricht einem Negativwachstum von 96000 Personen. Das sind alles offizielle Zahlen, die mit der wirklichen Lage sehr wenig zu tun haben.
    In der ersten Maihälfte 1960 ließ das Kreiskomitee von Liang Zhiyuan eine vergleichende Untersuchung des Bevölkerungssterbens anfertigen, woraufhin Liang den Leiter der Untersuchungsgruppe Leben des Kreiskomitees Wang Xinzhai losschickte. Das Ergebnis der Untersuchung war: Zwischen Januar und 8. Mai 1960 starben in der untersuchten Produktionsbrigade insgesamt 719 Menschen (nicht gerechnet diejenigen, die abgewandert an einem anderen Ort gestorben waren), das waren 25,3 Prozent der Gesamtbevölkerung, und das Sterben ging weiter.
    Nach dem Bericht war das Kreiskomitee der Auffassung, dass die Zahl der Toten zu hoch ausgefallen sei, und verlangte eine neue Untersuchung in der Produktionsbrigade Zehn Flüsse. Liang Zhiyuan schickte den Leiter der Untersuchungsgruppe Leben des Kreiskomitees Li Yunzeng vor. Das Resultat der Untersuchung war: Zwischen dem 1. Januar und dem 15. Mai 1960 waren insgesamt 909 Menschen gestorben, das waren 29,15 Prozent der ursprünglichen Gesamtbevölkerung, und das Sterben ging weiter. Wenn man die Zahlen von Januar bis Ende Dezember 1959 und 1960 zusammennimmt, dann liegt die Gesamtzahl der Toten bei über 30 Prozent der ursprünglichen Gesamtbevölkerung.
    Ende 1960 führte Liang Zhiyuan in sechs von der Hungersnot besonders schwer getroffenen Dörfern der Produktionsbrigade

Weitere Kostenlose Bücher