Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
schwerer körperlicher Arbeit wie in der mechanisierten Landwirtschaft und der halbmechanisierten Transportarbeit sind es täglich 3400 Kilokalorien; bei besonders schweren körperlichen Arbeiten wie beim mechanisierten Be- und Entladen, in den Gruben, beim Holzfällen und bei der Urbarmachung von Boden fallen täglich 4000 Kilokalorien an. [592] Außerdem steigt die benötigte Energie im Winter bei der Arbeit im Freien.
Die Arbeit der chinesischen Bauern gehörte in der Mehrzahl zu den schweren oder besonders schweren körperlichen Tätigkeiten, und sie fand immer im Freien statt. Ihr Energiebedarf lag bei 3400 bis 4000 Kilokalorien täglich.
Die Energie, die den chinesischen Bauern während der Hungerjahre zur Verfügung gestellt wurde
In den drei schlimmen Hungerjahren überstieg die Tagesration der chinesischen Bauern im Durchschnitt kein halbes Pfund Rohgetreide. Von einem halben Pfund Rohgetreide bleiben nach der Verarbeitung noch 0,35 Pfund, außerdem wurde das Getreide meist durch Süßkartoffeln und Kürbisgemüse ersetzt. Die Bauern hatten weder Öl noch Fleisch, und diese Rationen waren die einzige Energiequelle der Bauern.
Umgerechnet lieferten die 0,35 Pfund an Nahrungsmittelration, die den einzelnen Haushalten zur Verfügung standen, 618 Kilokalorien. Während der schlimmen Hungerjahre haben die Bauern keinen Reis zu Gesicht bekommen. Wenn sie Süßkartoffeln bekamen, war das schon nicht schlecht. 2,5 Pfund Süßkartoffeln liefern eine Energie von 1313 Kilokalorien, das sind 337 weniger als ein Grundumsatz von 1650 Kilokalorien. In einigen Gebieten hat man das Getreide durch Gemüse ersetzt, aber ein Kilo Kohl liefert gerade einmal etwa 80 Kilokalorien. In einigen Gebieten, in denen der Hunger besonders schlimm war, hat man nicht einmal 2,5 Pfund Süßkartoffeln oder fünf Pfund Kohl bekommen. Manchenorts waren die Kantinen zu, die Rinde von den Bäumen geschält, die essbaren wilden Gräser aus der Erde gegraben und was die Bauern daraus an Energie gewannen, war nicht der Rede wert.
Aufgrund des allgemeinen Nahrungsmittelmangels und des Mangels an Proteinen, Vitaminen, Mineralsalzen und Spurenelementen ist es zu einer Vielzahl von Krankheiten gekommen. Aber nach Statistiken aus der Zeit wurden Personen, die an solchen Krankheiten starben, zu den normalen Todesfällen gezählt und nicht zu den Hungertoten.
Professor Wang Meisong hat den Verfasser auf eine ganze Reihe von völlig unwissenschaftlichen Maßnahmen hingewiesen, mit denen die Regierung über die Hungersnot hinwegkommen wollte, Methoden, die in Wirklichkeit das Elend der Bauern noch verschlimmert haben. Einige Beispiele:
»Doppelt gedämpfter Reis«: Der rohe Reis wird in einen Tontopf gegeben und unter Zugabe von Wasser gedämpft, dann wird noch einmal Wasser zugegeben und das Ganze noch einmal gedämpft. Nach dem zweimaligen Dämpfen wächst das Volumen auf das Doppelte an, was ein zeitweiliges Gefühl der Sättigung hervorruft. In Wahrheit war das nichts anderes als Reisbrei, nach dessen Verzehr man umso schneller wieder hungrig wird. Damals hat man den Leuten erzählt, mit dieser Art der Reiszubereitung könne man den Nährstoffgehalt erhöhen, in Wirklichkeit sind durch die wiederholte Erhitzung viele Vitamine zerstört worden und der Nährwert lag weit unter dem des einmal gedämpften Reises.
»Kürbisgemüse als Ersatz«: Damals propagierten die Zeitungen, man könne etwaig fehlendes Getreide durch das Kürbisgemüse ersetzen; außerdem erzählte man, wie gut das für die Gesundheit sei. Aber in Wahrheit konnte dieses Kürbisgemüse weder in Bezug auf den Energiebedarf noch auf den Nährwert Getreide ersetzen. Außerdem ist im Gemüse relativ viel Nitrit enthalten, das im menschlichen Körper das Hämoglobin zu hocheisenhaltigem Hämoglobin oxydiert, wodurch das Blut seine Fähigkeit verliert, Sauerstoff zu transportieren. Die Folge ist eine blauviolette Einfärbung der Lippen, der Fingernägel und des ganzen Leibes, in schweren Fällen kommt es zum Tod durch Versagen der Atmung. Das war der Grund für die in den Hungerjahren massenweise auftretenden Todesfälle aufgrund der »Blauviolett-Krankheit«.
»Mantous aus Mandarinenstängeln«: Nach dem Einweichen von Reisstroh in Kalkwasser weiter zerkleinern und in das Mantoumehl untermischen. Die wesentlichen Bestandteile von Reisstroh sind Zellulose und Lignin, beides komplexe Polysaccharide. Wegen der besonderen Funktion ihres Verdauungstrakts können Wiederkäuer
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