Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Titel: Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yang Jisheng
Vom Netzwerk:
Juni 1959 zu einer Reihe von Korrekturmaßnahmen gegriffen. Mit dem Juni, Juli 1959 klang der Höhepunkt des Großen Sprungs bereits ab, die Teilnehmer der Lushan-Konferenz waren der Auffassung, dass deren erste Aufgabe in einer Korrektur der linken Tendenzen bestehen müsste.
    Mao Zedong war in einer komplizierten Gemütsverfassung. Am meisten fürchtete er, dass man ihn eines Linienfehlers bezichtigen würde. Denn in der Geschichte der Kommunistischen Partei Chinas hatten ausschließlich Linienfehler notwendig zu einer Reorganisation im Führungsapparat des Zentralkomitees geführt. Dem für Linienfehler Verantwortlichen blieb nichts anderes übrig als abzutreten. Und wer auf diese Weise abgetreten war, der hatte nichts Gutes zu erwarten. Wenn es wirklich so weit gekommen wäre, hätte er womöglich in die Fußstapfen von Chen Duxiu, Zhang Guodao, Wang Ming, Bo Gu und Li Lisan [27]   treten müssen.
    Die Unterstützer Mao Zedongs haben denn auch mit allem Nachdruck diesen besonders sensiblen Punkt abgeschirmt. Wenn jemand in seiner Rede auch nur in die Nähe von Themen wie Linie und Politik kam, wurde er massiv angegriffen und schärfstens kritisiert.
    In der Vergangenheit war Chen Yun für die Wirtschaft zuständig gewesen. 1958 hatte Mao Zedong gesagt: »Nur Chen Yun soll sich um Wirtschaft kümmern können, und ich soll das nicht können?« Und damit ist Mao in den Vordergrund getreten, um sich direkt um die Wirtschaft zu kümmern, hat im Resultat aber eine harsche Abfuhr bekommen. 1959 hat er zu Wu Lingxi gesagt: »Wirtschaft können Leute wie wir vielleicht nicht machen. […] Im vergangenen Jahr habe ich eine heftige Niederlage erlitten. […] Meine niedergedrückte Stimmung hat sich erst im Mai wieder gebessert.« [596]  
    Außerdem hat das Zentralkomitee im Sommer 1959 ein paar Korrekturen in der ersten Führungsriege vorgenommen, die Mao Zedong für rechtslastig hielt. [597]   Damit dürfte deutlich geworden sein, dass Maos Stimmung vor der Lushan-Konferenz nicht nur niedergedrückt war, er muss auch traurig, nervös und unzufrieden gewesen sein.
    Am 12. und 13. Juni 1959 äußerte sich Mao Zedong vor der erweiterten Versammlung des Politbüros selbstkritisch zu seinen Fehlern von 1958: »Ich habe zum ersten Mal die Industrie in meine Hand genommen, so wie ich 1927 den Herbsternte-Aufstand in die Hand genommen und in der ersten Schlacht eine Niederlage erlitten habe. Nicht nur ich habe eine Abfuhr erhalten, auch die Anwesenden haben eine Abfuhr erhalten.«
    Mao Zedong beschrieb in allen Einzelheiten, wie er sich eine Nacht lang in den Feldern versteckte und sich auch am nächsten Tag nicht überallhin wagte und erst am dritten Tag die Truppen der Aufständischen fand. Er fuhr fort: »Damals, das war eine ausgesprochen schwierige Situation. Denn ich hatte noch nie eine Schlacht geführt, ich hatte keinerlei Erfahrung. Auch in der Führung der Industrie hatte ich keinerlei Erfahrung und habe die erste Schlacht verloren.« Und weiter:
»Im vergangenen Jahr [1958] haben wir mindestens drei Fehler gemacht: Erstens, die Pläne waren zu groß dimensioniert, die Normen zu hoch, man hat ihre Erfüllung erzwungen und musste die Verhältnismäßigkeit zerstören, die Wirtschaft kam aus dem Gleichgewicht; zweitens wurde zu viel Macht nach unten delegiert; drittens, die Volkskommunisierung ging zu schnell, wir haben das nicht vorher getestet, sondern mit einem Schlag Tür und Tor dem Wind des Kommunismus geöffnet, dessen die Kader dann nicht mehr Herr geworden sind. Jetzt ist die Nahrungsmittelversorgung angespannt, vor allem wegen der Falschmeldungen über die Produktionsmengen und der kostenlosen Verköstigung; alle haben sich nach Belieben den Bauch vollgeschlagen.« [598]  
    Außerdem sagte Mao Zedong: »Ein Mensch darf sich nicht wie ein Schwein verhalten, dass, wenn es auf eine Wand trifft, die Richtung ändert.« Viele schlossen daraus, dass Mao Zedong dabei war, eine »Wende« vorzubereiten.
    Am 29. Juni hat Mao auf dem Boot von Wuhan nach Lushan eine kleine Besprechung mit den Leitern der kooperierenden Wirtschaftszonen abgehalten. Die zentralen Themen, die hier diskutierte wurden, waren die Einschätzung der gegenwärtigen Lage und die Beurteilung von 1958. Hinsichtlich dieser Kernfragen hatte Mao längst den Ton vorgegeben: »Die Erfolge sind gewaltig, der Probleme sind nicht wenige, die Zukunft ist hell.« [599]  
    In seiner Umgebung und unter den hohen Provinzbeamten gab es eine Reihe von

Weitere Kostenlose Bücher