Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
der Wachstumsphase
April bis Oktober ist die Wachstumsphase für landwirtschaftliche Produkte, die Niederschlagsmenge in dieser Zeit hat direkten Einfluss auf die Produktionsmengen. Diese Niederschlagsmengen stimmen mit den durchschnittlichen jährlichen Niederschlagsmengen im Großen und Ganzen überein. Aufgrund der regionalen Unterschiede bei der Verteilung der Niederschlagsmengen gibt es hier auch unterschiedliche Angaben. Aber auf die Gesamttendenz gesehen sind die Abweichungen in den Niederschlagsmengen zwischen 1959 und 1961 die geringsten seit über 40 Jahren und bei weitem niedriger als etwa 1954, 1965, 1972, 1973, 1978 und 1989. 1959, 1960 und 1961 waren ganz normale Jahre, von ungewöhnlichen Naturkatastrophen kann nicht die Rede sein.
Graphik 12.1 Kurve der durchschnittlichen Niederschlagsmengen
von 1951 bis 1990
Quelle: Karten von landwirtschaftlichen Klimaressourcen und wichtigen Veränderungen der landwirtschaftlichen Produktionsmengen, S. 50.
3.
Temperaturschwankungen in der Produktivitätsphase
Die »Niederschlagsproduktivität« und die »Temperaturproduktivität« gehören beide zur »Klimaproduktivität«. Die sogenannte Klimaproduktivität schätzt das landwirtschaftliche Produktionspotential bei bestimmten Klimabedingungen ein, das heißt, aufgrund der Auswirkungen verschiedener Klimafaktoren wie Sonne, Temperatur und Niederschläge werden unter vollständiger Entfaltung von Faktoren wie Getreidesorten, Fruchtbarkeit von Böden und Ackerbautechniken Thesen erstellt zu den höchsten zu erwartenden Produktionserträgen auf entsprechenden Flächeneinheiten. Das ist der direkteste wissenschaftliche Ausdruck des Einflusses natürlicher Bedingungen auf die Produktionsmengen an Getreide.
Die natürliche Produktivität landwirtschaftlicher Kulturen hat mit dem Klima zu tun, vor allem mit der Temperatur und den Niederschlägen. Von der unten angegebenen Kurve der Temperaturproduktivität kann man für die ausgewählten Jahre die Abweichungen von den historischen Durchschnittswerten ablesen. Wo die Abweichungen gering sind, hat man es mit normalen Jahren zu tun. In der Graphik 12.2 kann man erkennen, dass die Abweichungen der Jahre 1959 bis 1961 nicht zu den auffälligsten gehören.
Graphik 12.2 :
Veränderungen der Temperaturproduktivität
TSPT = Total System Productivity/Temperature
Als ich diesen Teil fertiggestellt hatte, war ich innerlich noch nicht ganz zufrieden und wollte Gao Suhua aufsuchen, um dem abzuhelfen. Gao Suhua war vor ihrer Pensionierung Leiterin der chinesischen Forschungsakademie für Meteorologie. Sie glaubt, dass das, was ich oben beschrieben habe, so seine Richtigkeit hat: »Von 1958 bis 1961 hat es keine großflächigen Dürre- oder Überschwemmungskatastrophen gegeben, die das ganze Land hätten in Mitleidenschaft ziehen können, auch großflächige Temperatureinbrüche hat es nicht gegeben. Das waren ganz normale Jahre.«
War nun der Vertragsbruch der Sowjetunion Grund für die Hungertoten? Am 23. August 1958 hat die chinesische Volksbefreiungsarmee Kemoy mit Kanonen beschossen, was bei Chruschtschow große Besorgnis auslöste. Er fürchtete, Mao Zedong könnte an der Straße von Taiwan für Unruhen sorgen und wenn er erst einmal Kernwaffen in seinen Händen hätte, die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten da mithineinziehen. Im Juni 1959 hat die Sowjetunion einseitig die Vereinbarungen mit China über neue Technik zur Landesverteidigung gebrochen und sich geweigert, an China Muster der Atombombe zu liefern sowie das entsprechende Know-how und die entsprechenden Materialien. [778] Damals war die Hungersnot in China bereits seit über einem halben Jahr im Gang, wie also hätte der Vertragsbruch der Sowjetunion die landwirtschaftliche Produktion beeinflussen sollen oder die Industrie? Und was das Unterstützungsprogramm der Sowjetunion angeht, das mit der Landwirtschaft zu tun hatte – das Traktorenwerk in Luoyang hat bereits am 1. November 1959 mit der Produktion begonnen und bereits vorzeitig das Planniveau erreicht.
Die Beziehungen zwischen der Sowjetunion und China verschlechterten sich zusehends. Am 16. Juli 1960 hat die Sowjetunion 600 mit China geschlossene Verträge zerrissen (343 Expertenverträge und 257 Verträge über technisch-wissenschaftliche Zusammenarbeit); zudem wurde die chinesische Regierung in Kenntnis gesetzt, man habe beschlossen, zwischen dem 28. Juli und dem 1. September 1390 Spezialisten aus China abzuziehen und die
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