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Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Titel: Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yang Jisheng
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hätten von der öffentlichen Meinung her, die Sozialwissenschaften von der Theorie her die Menschen zur Loyalität gegenüber der Kommunistischen Partei mobilisiert, dann haben Literatur und Kunst dies von der emotionalen Ebene her getan. Kunst und Kultur in China haben bei der Vergötterung des Großen Vorsitzenden Unvergleichliches geleistet.
    Mao Zedong hat sich in seinen späten Jahren mehrmals positiv zur »Bücherverbrennung« und dem »Vergraben von konfuzianischen Gelehrten bei lebendigem Leib« durch den Ersten Kaiser geäußert. Er war der Auffassung, Qin Shihuangdi habe nur ein paar hundert Leute »begraben«, während »wir« unglaublich viel mehr »beerdigt« haben als er. Das war ein wahres Wort. Deshalb haben fast alle großen Intellektuellen, Gelehrten, Wissenschaftler und Spezialisten freiwillig oder unter Zwang die Freiheit des Denkens und ihre Unabhängigkeit aufgegeben und sich in neue Menschen verwandelt. Nur eine verschwindend kleine Minderheit wie unter anderen Liang Shuming und Chen Yinge haben das nicht getan und sind doch mit dem Leben davongekommen.
    Im Kampf gegen Rechtsabweichler zwischen 1956 und 1957 sind fast 600000 Intellektuelle von einer Kampfversammlung zur nächsten geschleppt worden, wodurch die »Einheit« des Denkens noch weiter verstärkt wurde.
    Seinerzeit waren die Mao-Zedong-Ideen die Leitgedanken des ganzen Volkes. Mao Zedong hielt die politische und die militärische Macht in Händen und war die höchste ideologische Autorität im Land. Bei einer derartigen Verschmelzung von Politik und Ideologie war das Zentrum der Macht auch das Zentrum der Wahrheit. Die Partei instruierte das Volk: Dass am Ende in der ganzen Welt der Kommunismus verwirklicht werden würde, sei nicht die Veränderung historischer Gesetzmäßigkeiten durch den Menschen, sondern Naturgesetz. Ein Großteil der Kader glaubte selbst, die schwere Pflicht zu tragen, »für das wundervollste Ideal der Menschheit zu kämpfen« und der Wahrheit den Weg zu bereiten. Bei dieser Dauerbeeinflussung war es nur natürlich, wenn sie Andersdenkenden gegenüber gewalttätig wurden. Deshalb glaubten in den drei Jahren der schlimmsten Hungersnot, dieser ungeheuren menschengemachten Katastrophe, die Bauern weiter, der Vorsitzende Mao sei ein Weiser, das Zentralkomitee habe Recht und nur die unteren Kader taugten nichts.

Gleichförmigkeit der gesellschaftlichen Strukturen
    In der Mao-Ära hat sich durch den modernen Verkehr und die moderne Nachrichtenübermittlung der Traum der alten Monarchen erfüllt: »Alles unter dem Himmel gehört zum Reich.« Im ganzen Land herrschten die gleichen Organisationsstrukturen, überall wurde die gleiche Politik umgesetzt; jeder Einzelne lebte in irgendeiner Organisation, die unter der Leitung der Kommunistischen Partei stand, alle riefen die gleichen Parolen, alle benutzten das gleiche angesagte Politvokabular; zur gleichen Zeit haben die Beamten in allen Regionen zu gleichen Inhalten gleiche Versammlungen abgehalten. Aufgrund der Gleichschaltung der Gesellschaft musste, wenn es zu einer politischen Katastrophe kommen würde, diese ebenfalls das gesamte Land erfassen, und die Betroffenen würden keinen Zufluchtsort finden.
    Damals hatte die chinesische Gesellschaft eine einförmig-hierarchische Struktur. In den Städten ging es von den Stadt-, Bezirks- und Straßenbüros, den Einwohnerkomitees und Einwohnergruppen bis hinunter zu den Einwohnern. In den ländlichen Gebieten verlief die Hierarchie von der Provinz über Gebiet, Kreis, Volkskommune, Produktionsbrigade und Produktionsteam zum einfachen Kommunemitglied. Ein Produktionsteam in Guangdong sah genauso aus wie ein Produktionsteam im Tausende Kilometer entfernten Heilongjiang. Zwischen dem Leben eines Mitglieds einer Volkskommune in Guangdong und dem eines Mitglieds einer Volkskommune in Heilongjiang bestand kaum ein Unterschied. Die einförmig-hierarchische Gesellschaftsstruktur stabilisierte das Gesellschaftssystem, die Besonderheiten der Mitglieder der Gesellschaft wurden vereinheitlicht. Der Regierungsapparat war eine Pyramide, die Struktur der Städte war pyramidenförmig, die Strukturen in den ländlichen Gebieten waren pyramidenförmig, sie waren wie ein Netz miteinander verwoben, jedes Mitglied der Gesellschaft war in einer Masche dieses mehrstufigen Netzes gefangen. Diese Gesellschaftsstruktur war bequem für die hochzentralisierte Verwaltung, aber die persönliche Freiheit ihrer Mitglieder war vollständig ausgelöscht. In

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