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Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Titel: Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yang Jisheng
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und Kader wurden Kampfkritiken unterzogen – mit dem Resultat, dass eine große Anzahl von Kadern und einfachen Leuten zu Tode gequält wurden.
    Die vielen Facetten des Großen Sprungs nach vorn
    Auf den Wasserbau-Baustellen wurde zunächst eine »Vehikelisierung« durchgeführt, das heißt, Schubkarren ersetzten die Tragestangen. Damit die Schubkarren schneller vorankamen, forderte man die Anbringung von Kugellagern an den Achsen, um damit die »Verkugellagerung« umzusetzen. Nun ist ein Kugellager ein aus Legierstahl hergestelltes Bauteil von hoher Genauigkeit und großer Härte. Doch die Provinz Henan verlangte von den Bauern, diese Kugellager selbst herzustellen. Allein im Gebiet von Shangqu waren über eine Million Menschen damit beschäftigt; die Losung lautete: »Jeder Haushalt ist eine Fabrik, in jeder Familie hört man die Hämmer.«
    Natürlich waren die handgefertigten Kugellager nicht zu gebrauchen. Doch auch wenn dem so war, die Erfahrungen aus der »Verkugellagerung« wurden, ermuntert durch entsprechende Artikel in der Renmin ribao , schnell im ganzen Land verbreitet.
    Die Anpflanzung von Süßkartoffeln und das Tiefpflügen waren ein weiterer Brennpunkt. Das Provinzkomitee von Henan forderte den Anbau von Süßkartoffeln auf 25 Millionen Mu, der Boden sollte auf eine Tiefe von anderthalb Fuß gepflügt werden, jedes Mu Boden sollte mit 30000 bis 50000 Pfund Dünger gedüngt werden. Auf einer vom Landwirtschaftsministerium veranstalteten Vor-Ort-Konferenz am 27. Juli schwadronierte Wu Zhipu etwas von 80 Millionen Mu, die provinzweit tiefgepflügt würden, und von 50000 Pfund Dünger pro Mu.
    Henan bildete die Speerspitze des Großen Sprungs nach vorn. Im Sommer 1958 besuchten täglich 3000 Menschen den Chaya-Berg. Die 38473 landwirtschaftlichen Kooperativen in der Provinz hatten sich bereits zu 1355 Volkskommunen zusammengeschlossen, im Durchschnitt bestand jede Kooperative aus 7200 Haushalten und bereits 95 Prozent aller Bauernhaushalte waren diesen Kooperativen beigetreten. Als die Volkskommunen im Kreis Shangcheng eine große Gründungskonferenz einberiefen, nahmen daran 100000 Menschen teil; außer vielen nationalen Nachrichteneinheiten waren auch ausländische Journalisten eingeladen worden. Und der Staatsrat hatte sie dafür auch ausgezeichnet.
    Wu Zhipu sagte zufrieden: »Ist das nicht der Große Sprung des Überbaus?« Aber das Kapital und das Material für die Großprojekte im Wasserbau, in der Schweinezucht, der Industrie und den neuen kommunistischen Dörfern sind ausschließlich und ohne Entschädigung den Bauern geraubt worden. Und diejenigen, die der blinden Führung und den Zwangsanordnungen nicht zu hundert Prozent gehorchten und in Folge gefesselt, geknebelt, an den Fesseln aufgehängt, geschlagen und misshandelt wurden, sind nicht zu zählen.
    Am 20. Oktober 1958 schrieben die Massen von der Volkskommune Pihu im Kreis Changge einen Brief, in dem sie die Misshandlungen durch die Kader schilderten. Dieser Brief wurde von Mao Zedong mit einem Vermerk versehen, und das Untersuchungsergebnis des Kontrollkomitees des Kreises ergab: Im ersten Verwaltungsbezirk jener Volkskommune waren zwischen August und dem 20. Oktober 1958 insgesamt 122 Personen geschlagen worden und zwar mit Nudelhölzern, Ruten und Ledergürteln; außerdem gab es eine ganze Reihe von Bestrafungsarten, bei denen man sich hinknien musste, wie die Scheitellaterne, auf Ziegeln oder auf kleinen Bänken. Der Kampf auf den Versammlungen konnte verschiedene Formen annehmen: schubsen, schieben, Faustschläge und Fußtritte, an den Haaren reißen, wildes Prügeln in einem dunklen Raum und so weiter; der eine oder andere wurde auch gezwungen, sich selbst aufzuhängen. [88]  
    Henan ging auch bei der großen Stahlschmelzaktion den anderen Provinzen voran. Am 18. März 1958 wurde in der Provinz der Slogan ausgegeben: »Kreis für Kreis, Gemeinde für Gemeinde, Kooperative für Kooperative betreiben ein Stahlwerk«. Im Juli wurde erneut »eine Jahresproduktion von 300000 Tonnen Stahl und von 1,509 Millionen Tonnen Eisen« gefordert. Im September verbreitete sich der Geist der ZK-Konferenz von Beidaihe im ganzen Land, auf der festgelegt worden war, »drei Monate hart zu kämpfen, den Produktionsplan für Eisen und Stahl zu beschleunigen und mit einer Übererfüllung abzuschließen«.
    Am 12. September rief die Henan ribao dazu auf, »vier Tage und Nächte hart zu kämpfen und täglich 10000 Tonnen Eisen zu

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