Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
Industrieprojekte angegangen wurden. 1958 wurden in Henan für Neubauprojekte 1,604 Milliarden Yuan investiert (das Finanzministerium nahm im gleichen Jahr 1,416 Milliarden Yuan ein) und Wu Zhipu sagte begeistert: »Bis Ende August werden wir über 378000 Fabriken und Bergwerke neu gebaut oder ausgebaut haben.«
In diesem Jahr wurde für die Provinz in der Gesamtzahl an Arbeitern und Angestellten im Gemeineigentum des Volkes das Vorjahr um mehr als das Doppelte übertroffen. Die Wirtschaft in den Städten wuchs in einem rasenden und so nicht erwarteten Tempo, die Proportionen gerieten schwer aus der Balance, was die Versorgungsprobleme noch dramatischer machte. Der »kommunistische Wind« hatte dafür gesorgt, dass auch in den Städten das Privateigentum der Bürger in Kollektiveigentum überführt wurde.
Im April 1959 wurde eine Zeitlang die fieberhafte Begeisterung des Jahres 1958 reflektiert, auch in Henan wurden die Planvorgaben für 1959 neu festgesetzt, für Stahl wurden sie von 800000 Tonnen auf 220000 Tonnen reduziert, für Roheisen von 1,5 Millionen Tonnen auf 800000 Tonnen, für Getreide von 50 Milliarden auf 32,5 Milliarden Pfund, die vorgesehenen Investitionen für Bauprojekte schrumpften von 1,86 Milliarden Yuan auf 1,36 Milliarden. Aber die Vorgaben waren auch noch nach der Reduzierung unerreichbar hoch. Die am Ende des Jahres erreichten Produktionsmengen lagen von Stahl bei nur 51400 Tonnen, von Roheisen bei 69000 Tonnen, von Getreide bei nur 9,7 Milliarden Pfund. Unerwarteterweise entsprachen die Bauinvestitionen dem Plan, mit aller Gewalt kam man auf 1,8 Milliarden Yuan.
Aber Wu Zhipu sah der Wirklichkeit nicht ins Auge und schrieb weiter für den Aufbau der Industrie und die landwirtschaftliche Produktion hohe Quoten fest. Nach ein paar Jahren dieser linken Waghalsigkeiten wurde die Situation in Henan täglich ernster. Aber auf Versammlungen wie der 15. Vollversammlung des Provinzkomitees im Februar 1960 verlangte Wu Zhipu weiter eine Fortführung des Kampfes gegen rechte Tendenzen, eine Fortführung der Großprojekte in Industrie, Wasserbau und Schweinezucht, was den Großen Sprung in Henan auf einen vorläufigen Höhepunkt trieb. [91]
Henan errichtete die landesweit erste Volkskommune, die erste Volksküche und wurde dafür von Mao Zedong gelobt. Wu Zhipu und die anderen fühlten sich außerordentlich geschmeichelt und zerbrachen sich weiter den Kopf über die Volksküchen. Anfang Februar 1959 wurde provinzweit eine Halbmechanisierung der Volksküchen durchgeführt. Die Reform soll sich auf 32 verschiedene Punkte der Küchenausrüstung bezogen haben, wie unter anderem einen Sprung nach vorn im Bereich der Herde und der Gemüsewaschanlagen, der Schneidemaschinen, der Mühlen und der Nudelmaschinen. In Wahrheit wurden diese Dinge samt und sonders von den Schreinern in den Gemeinden hergestellt, sie waren nur für die Besucher da und konnten nicht benutzt werden.
Vor der Lushan-Konferenz 1959 hat der Sekretariatssekretär des Provinzkomitees von Henan, Shi Shengjiang, Mao Zedong über diese Reform in Kenntnis gesetzt, woraufhin Mao Zedong ihn namentlich aufforderte, an der Lushan-Konferenz teilzunehmen und die Reformküchengeräte mitzubringen. Da in der Zeit vor der Konferenz in Reden vermehrt die »fünf Winde« [12] kritisiert wurden, hat man die Kisten nicht mehr aufgemacht und die Küchengeräte nicht ausgestellt. Nach der Rede Mao Zedongs, in der er Peng Dehuai kritisierte, wurden in Lushan die Kisten geöffnet und die Sachen ausgestellt. Mao Zedong erfuhr erst später, dass man die Geräte überhaupt nicht benutzen konnte und die Mechanisierung der Volksküchen ein einziger Betrug war. [92]
Angesichts der zugespitzten Lage in den ländlichen Gebieten machten einige Bauern und Gemeindekader 1959 Experimente mit einer »Verlagerung der Produktion auf die Haushalte«, verzweifelte Maßnahmen, die von Geng Qichang, dem Kreiskomiteesekretär von Xinxiang, Wang Huizhi, dem Kreiskomiteesekretär von Luoyang, und Zhang Shen, dem Kreiskomiteesekretär von Kaifeng, unterstützt wurden. Im nachherbstlichen Kampf gegen rechte Tendenzen wurden diese Bemühungen als ein gegen den Sozialismus gerichteter Weg verstanden. Geng Qichang und Wang Huizhi wurden zu rechten Aktivisten erklärt. Eine große Anzahl der beteiligten Kader wurde verfolgt. Wang Huizhi verlor über diesen ungerechtfertigten Anschuldigungen den Verstand, rannte wild auf den Straßen herum, wollte in den
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