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Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Titel: Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yang Jisheng
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produzieren«.
    Am 15. September propagierte die gleiche Zeitung, in der Provinz habe es acht Kreise gegeben, deren Tagesproduktion an Roheisen bei über 1000 Tonnen gelegen habe, der Kreis Yu habe eine Höchstproduktion von 4396 Tonnen erreicht.
    Am 17. September brachte die Renmin ribao einen Leitartikel mit dem Titel »Wir gratulieren Henan zum großen Sieg«. In diesem Artikel hieß es, die Lehmhochöfen in Henan hätten eine Tagesproduktion von 18000 Tonnen Roheisen und damit hätten sie einen »Satellit« gestartet.
    In der ersten Oktoberhälfte verkündete Wu Zhipu, provinzweit hätten sich 5,77 Millionen Menschen an über 220000 Schmelzöfen aller Art in die Schlacht um die Stahlschmelze geworfen. Henan wurde zum revolutionären Wallfahrtsort des Großen Sprungs und es kamen Ströme von Besuchern. [89]  
    Aufgrund der Tatsache, dass die Bauern von den Behörden zur Stahlschmelze, zu den großen Industrie- und Wasserbauprojekten abgezogen worden waren, ist die Hälfte der Getreideernte im Herbst 1958 auf dem Halm stehengeblieben und verrottet. Die Frauen gingen zu großen Teilen in die Landwirtschaft, so dass die häusliche Arbeit liegenblieb. Daraufhin haben die Volkskommunen Volksküchen eingerichtet und Kindergärten, was als »Vergesellschaftung der häuslichen Arbeiten« bezeichnet wurde.
    Wu Zhipu hat in der Septembernummer der Zeitschrift Die chinesische Jugend einen Artikel veröffentlicht, in dem er die Meinung vertrat, in Henan verschmelze die Wirtschaftsorganisation mit der Staatsmacht, ganz wie seinerzeit in der Pariser Kommune.
    Als Henan zur »fortschrittlichsten Provinz« des Landes geworden war, gingen mit ein paar Leuten dort »die Pferde durch«. Der stellvertretende Leiter des Industrieministeriums Gao Yang fuhr in den Kreis Yu und gab seine Ansicht über die Qualität des Eisens aus den verschieden großen Schmelzöfen zum Besten, der Kreiskomiteesekretär schrieb in einem Bericht an das Provinzkomitee, Gao Yang habe der Massenbewegung eine kalte Dusche verpasst, woraufhin Wu Zhipu Gao Yang vor Ort im Kreis einer Kritik unterziehen ließ. Das Material darüber kam nach Beijing und Gao Yang wurde nach seiner Rückkehr auch in Beijing kritisiert.
    Der stellvertretende Leiter der Parteischule des ZK Yang Xianzhen reiste nach Henan, wo er den Slogan sah »Je größer unser Mut, desto größer die Erträge« und sich damit nicht einverstanden erklärte – auch er wurde in Henan und nach seiner Rückkehr auch in Beijing kritisiert.
    Die Beijing Universität und die Volksuniversität in Beijing organisierten eine gemeinsame Untersuchungskommission und 150 Studenten mit ihren Professoren an der Spitze erschienen in Henan. Sie bekamen auch etwas von der wahren Situation zu sehen und erstellten einen »Problemkatalog« – später lieferte dieses Material Peng Dehuai besonders schwere antikommunistische und antisozialistische Munition. Der für die ganze Angelegenheit verantwortliche stellvertretende Direktor der Volksuniversität in Beijing Zou Lufeng wurde zum Selbstmord gezwungen. [90]  
    Der große Sprung und die Volkskommunen entfesselten einen starken »kommunistischen Wind« in Henan. In den Berichten des Provinzkomitees hieß es stolz, einige Volkskommunen hätten bereits »verkündet, dass die gesamten Produktionsmittel in das Volkseigentum zurückgeführt worden sind, die Produkte werden einheitlich vom Staat ihrer Bestimmung übergeben, Gewinnabführung, Produktionskosten und der Konsum der Kommunemitglieder werden einheitlich vom Staat geregelt«.
    Wu Zhipu sagte, die Volkskommunen »haben nicht nur eine allgemeine Militarisierung ins Werk gesetzt, sondern auch ein Halbversorgungssystem, die Mitglieder der Volkskommunen haben aus eigenem Antrieb die Produktionsmittel, die sich in ihrem Privatbesitz befanden, oder anderes Vermögen dem Staat gegeben«.
    Schweine, Schafe, Hühner und Enten wurden bei den Volkskommunen abgeliefert, selbst Knoblauch, Rettich und Weißkohl. Im Rahmen des »kommunistischen Windes« wurden Produktionsmittel geraubt und gesammelt, in den Händen der Bauern blieb nur noch, was sie zum direkten Überleben brauchten. Die Volksküchen verkündeten eine Zeitlang, sie seien ein Paradies der kostenlosen Verköstigung. Doch genau das war es, was die Bauern des Rechts beraubte, selbst eine Reisschale in die Hand zu nehmen.
    Von den ländlichen Gebieten griff diese Stimmung auch auf die Städte über, wo ebenfalls nacheinander gigantische Wohn- und

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