Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
Vorgeschmack auf den Kommunismus.«
Auf dem Felsvorsprung, auf dem sich der Kommandostand von Huichuan befand, war eine Inschrift des Komiteeleiters Zhu De eingraviert: »Die Umleitung des Tao ist eine gewaltige Pionierleistung der Bevölkerung von Gansu.«
Dieses gewaltige und komplexe Projekt war jedoch ein Projekt, das aus »Erkunden und Vermessen, Planung, Bauarbeiten und Verbesserungen« und »Teilvermessungen, Teilplanungen und Teilbauarbeiten« bestand. Nach den ersten Plänen sollte es über die gesamte Kanallänge 53 Tunnel geben mit einer Gesamtlänge von 64 Kilometern. Später dann waren sämtliche Tunnel verschwunden und alle Kanäle verliefen überirdisch. Unüberwindliche Bergvorsprünge wurden entweder durch tiefe Einschnitte überwunden oder durch weite Umgehungen.
Der tiefste dieser Durchbrüche lag bei 219 Metern, wozu 23 Millionen Kubikmeter Erde bewegt werden mussten. Tausende Wanderarbeiter arbeiteten hier für mehrere Monate, ohne dass das Ganze ein Gesicht bekommen hätte, also gab man den Durchbruch notgedrungen auf und ging teilweise wieder zu den Tunneln zurück.
Der Stausee von Gucheng sollte nach dem Plan ein Fassungsvermögen von über 300 Millionen Kubikmetern haben und die Staumauer sollte 42 Meter hoch sein. Im Mai 1958 wurde zum ersten Mal »nach den örtlichen Methoden« der Flusslauf unterbrochen, doch der Deich brach und der Versuch schlug fehl. Der zweite Versuch im Juli gelang zunächst, doch als Mitte August am Oberlauf des Tao unvermittelt Gewitterschauer niedergingen, hat das von dem Hochwasser mitgebrachte Holz und Gras die Führungskanäle verstopft. Es bestand die Gefahr, dass der große Staudamm brechen würde und auch das Leben von 20000 Arbeitern war in Gefahr, also musste man wohl oder übel die Überschwemmung über einen Dammeinschnitt ableiten. Später wurde diese Maßnahme als »schlimmes Ereignis« eingestuft und die Verantwortlichen wurden bestraft.
Am 21. Oktober herrschte ein gewaltiger Schneesturm, doch mehrere zehntausend Arbeiter starteten einen dritten Versuch. Der Beginn des Projekts lag keine zwei Jahre zurück und war schwer fortzusetzen. Zhang Zhongliang betonte: »Die Umleitung des Tao ist eine grandiose Pioniertat unseres heldenhaften Volkes, sie ist ein Produkt des Großen Sprungs nach vorn […] da gibt es keine Fehlschläge, da gibt es nur Erfolge; da gibt es keine Verzögerungen, da gibt es nur Rekordzeiten.«
Im Dezember 1960 wurde das Provinzkomitee von Gansu umorganisiert und Zhang Zhongliang verschwand von der Bühne. Das neue Provinzkomitee beschloss, das Umleitungsprojekt auf ganzer Linie zu stoppen. Das wesentliche Problem bei dem Projekt war, dass die ursprünglichen Pläne den Nutzen der Umleitung des Tao viel zu hoch und den Arbeitsaufwand viel zu niedrig angesetzt hatten. Doch auch diese viel zu niedrige Berechnung des Arbeitsaufwands ging von 1,2 Milliarden Arbeitstagen aus. Die technischen Probleme waren nicht gelöst, wie etwa das Problem der Stabilität der hohen Seitenböschungen, das Problem von Erdrutschen, das Problem einer Abdichtung der Randaufschüttungen und das Problem der Porosität und der Feuchtigkeit der Lößerde – keines dieser Probleme war gelöst.
Für dieses Projekt wurden Massen von Arbeitskräften bewegt, was die Produktion der Landwirtschaft beeinträchtigte. Außerdem legt offizielles Material offen: »Das Projekt einer Umleitung des Tao hat in drei Jahren 60 Millionen Yuan gekostet, der Staat hat 160 Millionen Yuan investiert und am Ende sind 160 Millionen Kubikmeter Erde bewegt worden, also nur 8 Prozent des geplanten Gesamtvolumens, ohne dass ein einziges Mu Land je bewässert worden wäre. Die bereits ausgeführten Bauten wurden damals zum Teil von einer Sturzflut zerstört.«
Die angesprochene Investition von 160 Millionen Yuan ist eine enorm kleingerechnete Zahl. In dieser Zeit mit ihrem gewaltigen kommunistischen Wind und ihren willkürlichen Eingriffen beläuft sich die den Bauern geraubte Summe an Vermögen und Arbeitskraft auf ein Vielfaches dieses Betrages.
»Das Projekt einer Umleitung des Tao ist mit heißer Nadel gestrickt, überstürzt angegangen und mit blutigen Nasen abgebrochen worden«, wie es in einigen Einschätzungen heißt. Der Ausdruck »blutige Nasen« bezieht sich auf die vielen Toten, die das Projekt gekostet hat. Das Projekt mündete in seiner Spätphase in eine »schwierige Zeit« für das ganze Land; auf den Baustellen sind zahllose Menschen verhungert. Und
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