Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
es waren auch nicht wenige, die an den Folgen von Arbeitsunfällen gestorben sind.
Zum Vergleich können wir uns einige Gebiete anschauen, in denen Wasserbauarbeiten erfolgreich gewesen sind. Der »Kanal der Roten Fahne« in Henan gilt bei den Menschen bis heute als Beispiel für eine große Anstrengung, die alle für das Wohlergehen des Landes auf sich genommen haben. Warum ist das Projekt in Gansu bis heute fast ein Schimpfwort, während der »Kanal der Roten Fahne« bis heute von den Leuten gerühmt wird? Einfach damit, dass der Erfolg oder Misserfolg über Helden entscheidet, kann man das nicht erklären. Wenn man es nüchtern betrachtet, so gab es einige Dinge, in denen sich vor dem absurden Hintergrund des Großen Sprungs große Wünsche manifestierten. Das wesentliche Problem war in der Tat ein Entscheidungsapparat, der alles nach eigenem Gutdünken entschied und diese Entscheidungen mit Zwangsmaßnahmen durchsetzte. Ein solcher Entscheidungsapparat muss zu Fehlern, und Zwangsmaßnahmen müssen zur Ausbeutung der einfachen Menschen führen. Und beides wird vom politischen System entschieden.
Hunger in der ganzen Provinz
Das Provinzkomitee von Gansu hat in Bezug auf das Getreideproblem schlichtweg mit falschen Zahlen geprahlt. Zunächst war für 1958 von einer Getreideproduktion von 22 Milliarden Pfund die Rede, später ging das dann zurück auf 18,5 Milliarden und schließlich landete man bei 11 Milliarden, in Wirklichkeit aber wurden nicht einmal 8 Milliarden erreicht.
Für 1959 wurde ein Planziel für die Gesamtgetreideproduktion von 27 Milliarden Pfund ausgegeben, erreicht wurde noch weniger als 1958. Aber die Ankaufquoten wurden gut erfüllt. 1958 wurde die Provinz Gansu vom Zentralkomitee gerühmt für ihren Weg »von einer Mangel- zu einer Überflussprovinz«. Zhang Zhongliang, der erste Sekretär des Provinzkomitees, war der Auffassung, dass das Getreideproblem in Gansu bereits gelöst sei. Aber kaum waren die Ankaufquoten erfüllt, gab es überall keine Nahrung, kein Saatgut und kein Viehfutter mehr.
Der Hunger in der Provinz Gansu begann im Frühjahr 1958. Damals kam es in den ländlichen Gebieten zu Hungertoten und Abwanderungen. Danach wurde das Problem immer schlimmer, doch Zhang Zhongliang hielt Gansu weiter für eine »Überschussprovinz«, und sobald irgendwo etwas von Nahrungsmittelmangel gemeldet wurde, hielt er das für ein politisches Problem und startete einen großangelegten Kampf gegen die Verheimlichung und private Abzweigung von Erträgen und verurteilte und bekämpfte diejenigen, die die Situation so darstellten, wie sie wirklich war.
Tab. 2.1
Getreidesituation in Gansu 1957 – 1961
Jahr
1957
1958
1959
1960
1961
Ursprüngliche Menge
7,45
7,66
6,49
4,139
4,500
Marktgetreide
6,478
6,661
5,643
3,599
3,913
Ankaufquoten
1,691
2,22
2,509
1,234
0,965
Rückverkauf
1,308
2,038
1,927
1,794
1,075
bereinigter Besitz
6,095
6,475
5,061
4,159
4,023
Gesamtbevölkerung (in Millionen)
12,5506
12,9148
12,9312
12,4404
12,1082
durchschnittlicher Reinbesitz/Kopf (in Pfund)
485,63
505,51
391,46
334,31
332,25
Quelle: Daten zu Produktionsmengen, Ankauf- und Rückverkaufquoten aus der »Materialienübersicht des Planungsamtes des Nahrungsmittelministeriums« vom 25. August 1962.
Erläuterung: Produktionsmenge bedeutet Jahresproduktion, Ankauf- und Rückverkaufquoten beziehen sich auf die Jahresquoten bei Getreide. Der »bereinigte Besitz« bedeutet jährliche Produktionsmenge minus Ankaufquote plus Rückverkauf. In der Provinz umfasste der »bereinigte Besitz« Industriegetreide, Viehfutter, Saatgut und den Privatbedarf in Städten und Dörfern.
Zwischen Winter 1959 und Frühjahr 1960 suchten Zhang Zhongliang und seine Anhänger weiter in der politischen Haltung der Basiskader nach der Wurzel des Problems, weiterhin wurden hohe Planziele und Ankaufquoten ausgegeben. Erst im Juli 1960 waren sie durch die Lage gezwungen, beim Zentralkomitee eine Untersuchung einzureichen – damals waren 13 Kreise besonders schlimm von den Problemen betroffen, aber sie berichteten nur von neun; außerdem behaupteten sie in ihrem Bericht, die Hälfte der abgewanderten Bevölkerung sei bereits wieder zurückgekehrt. Einerseits taten sie so, als sei
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