Gracie in Love
fahren.“
Alexis runzelte die Stirn. „Ich dachte, sie wäre schon längst weg. Fing der Straßenverkauf nicht um acht an?“
„Keine Ahnung“, erwiderte Gracie.
Immerhin war sie erst seit zwei Tagen wieder zu Hause und musste sich noch zurechtfinden. Während Alexis und Vivian hier aufgewachsen waren, hatte sie mit vierzehn die Stadt verlassen und war seitdem nie wieder hier gewesen.
Alexis goss sich eine Tasse Kaffee ein und setzte sich auf den Hocker neben Gracie.
„Ich muss dir etwas sagen“, eröffnete ihre Schwester ihr mit leiser, leicht zitternder Stimme. „Aber weder Vivian noch Mom dürfen etwas davon erfahren. Ich möchte nicht, dass sie sich Sorgen machen, jetzt, in dem ganzen Hochzeitsstress.“
„In Ordnung“, willigte Gracie ein und fragte sich, was die Geheimniskrämerei zu bedeuten hatte. Aber es schien etwas Ernstes dahinterzustecken, wie sie dem Verhalten ihrer Schwester entnahm.
„Es geht um Zeke“, eröffnete ihr Alexis und presste die Lippen aufeinander. „Scheiße, ich wollte doch nicht heulen!“
Gracie wurde unruhig. Zeke und Alexis waren seit fünf Jahren verheiratet – allem Vernehmen nach glücklich.
Alexis holte tief Luft und sagte dann: „Ich glaube, er betrügt mich.“
„Was? Das kann nicht sein! Er ist verrückt nach dir!“
„Das dachte ich auch.“ Alexis wischte sich über die Augen. „Aber ...“ Sie unterbrach sich, als von oben klopfende Geräusche zu hören waren. „Er verschwindet jeden Abend und kommt nicht vor drei oder vier Uhr morgens nach Hause. Und wenn ich ihn frage, was los ist, sagt er, er ist in Sachen Wahlkampf unterwegs. Aber das glaube ich ihm nicht.“
Sorgfältig faltete Gracie die Zeitung zusammen. „Welcher Wahlkampf? Ist Zeke nicht im Versicherungsgeschäft?“
„Ja, aber er ist der Wahlkampfmanager für Riley Whitefield bei den Bürgermeisterwahlen. Ich dachte, das wüsstest du.“
Gracie war mehr als überrascht. „Seit wann das denn?“
„Seit ein paar Monaten schon. Riley hat Zeke angeheuert, weil ...“
Schritte donnerten geräuschvoll die Treppe herunter. Sekunden später stand Vivian in der Küche.
„Hey, Alexis“, sagte sie und flocht ihre langen Haare zu einem Zopf. „Willst du nicht heute für mich in den Laden gehen?“
„Nicht wirklich.“
Vivian grinste. „Man kann ja mal fragen. Dann bin ich jetzt weg zur Sklavenarbeit, um mir mein Traum-Hochzeitskleid leisten zu können. Amüsiert euch nicht allzu sehr in meiner Abwesenheit!“
Die Hintertür knallte ins Schloss, und kurz darauf hörte man, wie ein Motor startete. Erst erfolglos, dann sprang er an.
Alexis ging hinüber zum Fenster über der Spüle und schaute hinaus. „Sie ist weg. Wo waren wir stehen geblieben?“
„Du hattest mir gerade eröffnet, dass dein Mann jetzt für Riley Whitefield arbeitet. Und wie kam es dazu?“
„Nach dem Studium hat Zeke zwei Jahre für einen Senator aus Arizona gearbeitet.“ Ihre Sorge legte sich ein wenig, und lächelnd sah sie Gracie an. „Ich war damals am Arizona State College, und er ...“ Alexis schüttelte den Kopf. „Mein Gott, wie ewig ist das her. Ich fasse es nicht, dass er mir so etwas antun kann. Ich liebe ihn doch so sehr. Ich dachte ...“ Ihre Stimme brach. „Was soll ich denn jetzt bloß machen?“
Gracie hatte das Gefühl, in einer dieser Rummelplatzattraktionen zu sein, einem Haus voller Zerrspiegel, in dem nichts so war, wie es schien, und man zwangsläufig die Orientierung verlor.
Natürlich, Alexis und Vivian waren ihre Schwestern. Ihre Verwandtschaft war nicht zu übersehen, sie hatten alle lange blonde Haare – Alexis mit einem Stich ins Weiße, Vivian ins Rote und Gracie ins Goldene -, blaue Augen und in etwa dieselbe Statur. Aber ansonsten gab es kaum Gemeinsamkeiten. Gracie hatte ihre Schwestern seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen, nur über die Entfernung Kontakt gehabt. Sie wusste einfach nicht, wie sie mit dieser Situation umgehen sollte, wie sie plötzlich die Beraterin ihrer Schwester in privaten Dingen sein konnte.
„Du weißt doch gar nicht sicher, ob wirklich eine andere Frau dahintersteckt“, wagte sie einen Kommentar. „Vielleicht arbeitet er wirklich für die Kampagne.“
„Stimmt, das weiß ich nicht. Aber ich werde es herausfinden.“ Alexis ging einen Schritt auf sie zu.
Ein ungutes Gefühl machte sich in Gracie breit. „Tut mir leid, wenn ich frage, aber: Wie willst du das anstellen?“
„Indem ich seine Aktivitäten überprüfe. Heute Abend ist
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