Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Graf Petöfy

Graf Petöfy

Titel: Graf Petöfy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
leichten Korbwagen, dessen Trittbrett sich nur handhoch über der Erde befand, fuhren jetzt Graf und Gräfin von der Landungsbrücke her auf das Schloß zu. Die Sonne stand hinter einem alten, halb abgebrochenen Steinturm, an dem anscheinend zwei nach außen hin an einem Balken oder einer Welle hängende Glocken gezogen wurden und sich schattenhaft hin- und herbewegten, während ihr immer mächtiger werdender Klang die Luft erfüllte. Der Weg war wie eine Tenne, zu beiden Seiten stand der Mais übermannshoch, und dazwischen dehnten sich große Beete mit Wassermelonen, die durch einen vom Schloßberg herabkommenden Bach bewässert wurden. Im Fluge ging es daran vorüber, die kleinen Pferde schüttelten ihre Mähnen, und in das tiefe Geläut der Glocken klang der Ton ihrer Glöckchen.
    Aber nun kam die Steigung, und die Pferde fielen wie von selbst aus dem Trab in den Schritt. Auch das Läuten oben wurde schwächer und schwieg endlich ganz, so daß der Graf den Kutscher auf ungrisch fragte, was es sei. Bevor dieser aber antworten konnte, begann das Läuten wieder; es waren indes nicht zwei Glocken mehr, die gingen, sondern nur eine.
    Franziska ihrerseits hatte bei der Fülle von Bildern, die sich ihr boten, des Zwischenfalles nicht acht. Alle hundert Schritte waren Laubgirlanden gezogen, an denen die Petöfyschen Farben flatterten, und auf einzelnen Felsvorsprüngen standen Männer und Frauen und schwenkten ihre Tücher und Hüte. So kamen sie bis an das Tor und fuhren unter seinem Wappenstein fort in den Schloßhof ein.
    Der Graf sprang aus dem Wagen, bot Franziska den Arm und führte sie von der Rampe her in die große dunkle Flurhalle. Hier hatten zahlreiche Dienerschaften Spalier gebildet und grüßten und knicksten, während Graf und Gräfin an ihnen vorüber in den oberen Stock hinaufstiegen, in dem eine Reihe Zimmer für Franziska hergerichtet war. Der Graf, wie wenn sie sein Gast gewesen wäre, verneigte sich vor der Entreetür und sagte mit einem ihm sonst uneigenen Ernste: »Gesegnet sei dein Ein- und Ausgang...! Ich schicke dir nun Hannah... Sie hat sich, seh ich, nicht vordrängen wollen, aber du wirst ihrer bedürfen.« Und nach diesen Worten empfahl er sich und ging in das Erdgeschoß zurück, wo die von ihm bewohnten Räume gerade unter den ihrigen lagen.
    In Franziskas Zimmer dämmerte das Licht des scheidenden Tages. Was sie zunächst sah, war ein Muttergottesbild über ihrem Schreibtisch. Es gab ihr im ersten Augenblick einen Schreck, und als Hannah gleich darnach eintrat, ging sie rasch auf diese zu und umarmte sie.
    Hannah ihrerseits machte sich los, um ihrer Freundin, die sie jetzt verlegen und doch zugleich auch mit einem Anfluge von Schelmerei »ihre liebe Gräfin« nannte, die Hand zu küssen. Aber Franziska schloß ihr den Mund und sagte: »Was Gräfin! Gräfin bin ich vor den Leuten. Hier bin ich deine Franziska. Wie's war, so bleibt es... Gott, liebe, liebe Hannah, wie du mir gefehlt hast! Jede Stunde. Sieh, der Graf ist so gut gegen mich,
zu gut
... Aber erst nimm mir den Mantel ab und dies noch, und nun gib mir ein Glas Wasser, damit will ich anfangen im schönen Ungarland. Ich bin so benommen, so verschmachtet... so, das hat mich erquickt..., verschmachtet von der Hitze, von dem vielen Sehen und der Aufregung und Fremdheit. Sieh doch nur.« Und sie wies auf das Muttergottesbild.
    »Ich mußt es lassen, Fränzl, und auch den Rosenkranz, den sie dem kleinen Christus über den Arm gehängt haben. Aber das große weiße Lilienbouquet, das drunter stand, das hab ich dem alten Gärtner wieder abdisputiert und ihm gesagt, die Gräfin kriege Kopfweh.«
    »Da hast du recht getan. Und nun geh vorauf und zeige mir die Räume, darin ich wohnen soll.«
    Es waren nur wenige Zimmer. An das Wohnzimmer, darin sich beide zunächst befanden, schloß sich ein Toiletten- und Schlafzimmer. Dann aber kam ein Treppchen, nur drei, vier Stufen, das zu Hannahs Gelaß, einem eingebauten Alkoven, hinaufführte.
    »Das ist nun also mein neues Heim«, sagte Franziska. »Weißt du, Hannah, es gefällt mir und gefällt mir auch namentlich um deshalb, weil es nicht größer ist, als es ist; nicht so endlos. Und nun zeige mir auch, was wir nach der andern Seite hin haben. Oder sage mir's wenigstens.«
    »Da haben wir erst den Saal mit dem großen Balkon und hinter dem Saal ein Billardzimmer und die Bibliothek. Und hinter der Bibliothek die Bildergalerie.«
    Hier wurde Hannah durch das Eintreten eines alten und kränklich

Weitere Kostenlose Bücher