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Graf Petöfy

Graf Petöfy

Titel: Graf Petöfy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Aufmerksamkeit, als sie bei Bildnissen angekommen war, die diesem Jahrhundert angehörten. Alle hatten Inschriften, entweder unmittelbar auf der Unterleiste des Goldrahmens oder aber auf kleinen Täfelchen, die, so schien es, neuerdings erst angehängt worden waren. Eine Rotblondine mit einem Rembrandthut und einer Straußenfeder darauf fesselte sie ganz besonders. Sie zweifelte keinen Augenblick, wer es sei, befragte aber doch das Täfelchen und las: »Arabella Howard, geb. 9. März 1785 auf Arundel Castle, Sussex; vermählt 21. März 1803 mit Graf Michael Petöfy; gest. 11. Februar 1837 auf Schloß Arpa.«
    Des Grafen Mutter also, wie sie gedacht hatte. Das Bild schien bereits Jahr und Tag vor der Verheiratung, trotzdem diese schon mit achtzehn Jahren stattgefunden hatte, gemalt worden zu sein und ließ die Lady jugendlicher als ihre zwei Töchter erscheinen, unter denen nur die Züge der jüngeren an die der Mutter erinnerten. »Eveline Gräfin Petöfy, geb. 10. November 1816, vermählt mit Graf Aribert Asperg 1841, gest. den 13. August 1845 zu Wien.« Das Täfelchen trug einen Flor, und Franziska sagte, während sie die beiden letzten Zahlen verglich: »Ein kurzes Glück, wenn es ein Glück war.«
    Das letzte Bild, das in der Reihe hing, war das des Grafen, etwa vor zehn Jahren erst gemalt. Er trug Frack und Ordensstern; das Haar war noch voll, aber schon beinahe weiß.
    Zwischen diesem Bild und dem abschließenden Eckpfeiler war noch ein Platz frei. Franziska blickte fest auf die leere Stelle, bis sie sich selbst zu sehen und das Täfelchen zu lesen glaubte. »Franziska Franz, geboren...« Und ein banges Gefühl überkam sie plötzlich, wie wenn sie hier doch nur eine Fremde sei, nur durch Laune geduldet und zugelassen. Aber dies Gefühl währte nicht lange. Sie hatte zuviel von vornehmer Welt gesehen, um sich durch bloße Namen auf länger als einen Augenblick imponieren zu lassen. Und so wandte sie sich von den Ahnenbildern fort und trat an die Längswand gegenüber.
    Hier befanden sich große Tableaux mit viel Rot und Gelb, über deren Rot und Gelb noch mehr Grau schwebte. »Schlachtenbilder also.« Gleich das erste – die Täfelchen fehlten hier war unverkennbar ein Bild aus der Zeit der Türkenkriege: Halbmond und Roßschweife füllten das Feld, und in der Mitte sprang eine Festung in die Luft.
    »Zriny«, sagte sie lächelnd. Aber mit diesem Zrinybilde, mit dem das Türkische begann, schloß es auch wieder, und was weiter kam, waren neuere Schlachten, die nicht weiter zurückgingen als bis Groß-Aspern oder Marengo. Sie sah flüchtig drüber hin und sammelte sich erst wieder, als sie bei dem letzten angekommen war, auf dem sich zwei feindliche Heere gegenüberstanden, von denen das eine, so schien es, eben die Waffen gestreckt hatte. Die Waffen lagen aber nicht am Boden, sondern waren zu Pyramiden zusammengestellt, an denen bunt und malerisch Czakos, Säbel und Patrontaschen hingen. Im Vordergrunde blickten einige der gefangenen Führer finster schmerzlich zur Erde, während sich auf den Gesichtern der Soldaten abwechselnd Wut und Verzweiflung spiegelten. Was war es? Auch hier fehlte das Täfelchen, aber in dem Rahmen selbst war eingeschrieben: »Vilagos, 13. August 1849.«
     
Siebenzehntes Kapitel
     
    Diese Kapitulation von Vilagos war augenscheinlich das beste Galeriebild, aber sich in dem, was Porträt darauf war, zurechtzufinden, wollte Franziska trotz aller Anstrengung nicht gelingen. Und so sah sie sich schließlich doch gezwungen, Toldy heranzuwinken. Für diesen ein langersehnter Moment.
    »Ich finde mich nicht zurecht, Toldy«, sagte sie. »Hier links, soviel erkenn ich an den grünen Uniformen, ist alles russisch, und das hier seid ihr. Aber ich kenne niemand. Wer ist der hier, der Graubart?«
    »Ist Kiß; General.«
    »Tot?«
    »Tot. Piff, paff!« Und er hob beide Arme, wie zum Gewehranschlag.
    »Und der hier?«
    »Ist Nagy Sandor; General.«
    »Tot?«
    »Tot.« Aber statt der Bewegung des Gewehranschlages machte er jetzt die des Gehenktwerdens. »Und«, fuhr er nunmehr, ohne weitere Fragen abzuwarten, in immer lebhafter werdendem Tempo fort, »hier Leiningen, General; tot. Und hier Aulich, General; tot. Und hier Rüdiger, General; aber russischer General. Und hier Görgey, Hund.«
    »Das darfst du nicht sagen, Toldy.«
    »Darf ich sagen, Gräfin gnädigste. Görgey Verräter, und Verräter... Hund.« Und dabei funkelten ihm die alten Augen, und ein ungrisch unverständlicher Redestrom kam

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