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Gralszauber

Titel: Gralszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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größerer Kraft auf den Kristall herabsausen. Ein ungeheures Dröhnen und Sirren erklang. Der Laut vibrierte
in jeder Faser seines Körpers, ließ seine Zähne schmerzen
und trieb ihm die Tränen in die Augen, doch diesmal zeigte er Wirkung. Die Höhle begann zu erzittern. Winzige,
rasch aufeinander folgende Wellen liefen über die Oberfläche des flachen Sees, in dem Lancelot stand, und hier
und da lösten sich Kalktrümmer von den Stalaktiten, die
von der Decke wuchsen, und stürzten ins Wasser und Lancelot holte zu einem dritten Schlag aus, in den er noch
mehr Gewalt zu legen versuchte.
Die Tür flog auf und Morgaine stürzte herein. Ihr Haar
war aufgelöst und auf ihrem Gesicht lag der Ausdruck
blanken Entsetzens. »Was tust du da, du Wahnsinniger?!«,
kreischte sie. »Hör auf! Hör sofort auf! «
Lancelot lachte schrill und ließ das Runenschwert zum
dritten Mal auf das Kristallgebilde niedersausen.
Das Ergebnis war verheerend.
Das Dröhnen und Klingen schien seine Trommelfelle zu
zerreißen. Funken stoben unter seinem Schwert auf und es
regnete Steine und gefährliche Kalkspitzen von der Decke.
Die Spitze des Kristallgebildes zerbarst mit solcher
Wucht, dass die Luft rings um Lancelot herum für einen
Moment von Millionen winziger Eissplitter erfüllt zu sein
schien.
Die gesamte Höhle begann zu erbeben, schien für einen
Moment wie ein Schiff auf sturmgepeitschter See zu
schwanken. Es war, als bräche der ganze Berg rings um
ihn herum zusammen.
Lancelot kämpfte einen Moment lang verzweifelt um
sein Gleichgewicht, verlor diesen Kampf und fiel rücklings ins Wasser. Aus den Augenwinkeln sah er, dass auch
Morgaine von den Füßen gerissen wurde und stürzte. Die
beiden tonnenschweren Torflügel hinter ihr schwankten so
wild hin und her wie hölzerne Fensterläden in einem
Sturm, aber selbst das ungeheure Dröhnen, mit dem sie
gegen die Felswände schlugen, ging im Klirren der Kristalle unter.
Mühsam rappelte er sich auf und tastete nach seinem
Schwert, das er fallen gelassen hatte. Während sich seine
Hand um den Griff schloss, fiel sein Blick auf den Kristall: Aus dem abgebrochenen Stumpf sprühte buntfarbenes Licht wie leuchtendes Blut und ein schmaler, vielfach
verästelter Riss zog sich durch den Fuß des gesamten Gebildes. Noch ein einziger, entschlossener Hieb und die
gesamte Kristallburg würde zusammenbrechen. Wahrscheinlich würde er mit seinem eigenen Leben dafür bezahlen, aber welche Rolle spielte das schon?
Er stemmte sich in die Höhe, schwang das Runenschwert hoch über den Kopf und raffte noch einmal alle
Kraft zusammen, die er in seinem Körper fand, und hinter
ihm schrie Morgaine so gellend auf, als hätte man ihr einen glühenden Dolch in den Leib gestoßen. Weißes Feuer
sprühte aus ihren hoch gerissenen Händen, sprang auf
Lancelots Schwert und von dort aus auf seinen Körper
über und ein so unvorstellbar heftiger Schmerz explodierte
in ihm, dass sein Bewusstsein auf der Stelle ausgelöscht
wurde.
    Er lag nicht im Wasser, als er erwachte, und auch nicht auf
hartem Fels, sondern auf etwas Weichem, von dem ein
warmer Geruch ausging.
    Das erste Gefühl, das ihn ergriff, noch bevor er die Augen aufschlug, war ein maßloses Erstaunen, dass er überhaupt noch in der Lage war, etwas zu empfinden. Die Erinnerung an den grässlichen Schmerz, mit dem Morgaine
le Faye ihn überwältigt hatte, war noch immer deutlich in
ihm. Er hatte das Gefühl gehabt, dass jede einzelne Faser
seines Körpers Feuer gefangen hatte, und war fest davon
überzeugt gewesen, sterben zu müssen. Kein Mensch
konnte eine solche Qual aushallen.
    Dann öffnete er die Augen, blinzelte verwirrt, setzte sich
auf und sah sich eine geraume Weile mit einer Mischung
aus Unglauben und Verwirrung um und war sich nicht
mehr so sicher, ob er auch tatsächlich noch am Leben war.
    Wo immer er sich befand – dies war nicht mehr die
Welt, die er kannte. Er lag auf einem dicken Moosteppich,
der zu einem von knorrigen Wurzelsträngen und runden,
wie glatt poliert wirkenden Steinen durchsetzten Waldboden gehörte. Rings um ihn herum erhoben sich die sonderbarsten Bäume, die er jemals gesehen hatte. Selbst die
kleinsten von ihnen mussten dreißig oder mehr Meter
messen. Bis zur halben Höhe wuchs kein Ast oder auch
nur ein Zweig aus ihm hervor. Ihre Rinde war von mattweißer Farbe und so glatt, dass sie eher wie Elfenbein als
Baumrinde aussah.
    Unendlich hoch über ihm verzweigten sie sich zu

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