Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gralszauber

Titel: Gralszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
so uneinnehmbar und trutzig wie
ein von Menschenhand geschaffenes Massiv.
Von Menschenhand …?
Lancelot war nicht sicher, dass dieses Wort das richtige
war. Er hatte die Gestalten unten im Dorf nicht genau erkennen können, aber zwischen ihm und dem Ort weideten
Einhörner und nach allem, was er nun sah, war er ziemlich
sicher, dass er vorhin tatsächlich eine Elfe gesehen hatte.
Im Grunde gab es keinen Zweifel mehr, nur erschien
ihm der Gedanke trotz allem immer noch so bizarr, dass er
ihn einfach nicht wahrhaben wollte: Dies war das Land,
das er in Dagdas Vision gesehen hatte.
Avalon.
Er befand sich auf Avalon, der Tir Nan Og, der Insel der
Unsterblichen.
Eine Bewegung erweckte seine Aufmerksamkeit. Lancelot sah genauer hin und gewahrte ein silbernes Funkeln, so
winzig wie feine Glassplitter im Gras vor dem Hintergrund der Stadtmauer. Aber dieser Eindruck kam nur
durch die Gewaltigkeit der Dimensionen zustande. In
Wirklichkeit war es eine Reihe von mindestens fünfzig,
wenn nicht hundert Reitern, die silbergepanzerte Pferde
ritten und Rüstungen aus demselben schimmernden Metall
trugen. Der Krieger in ihm verlängerte den Weg der glitzernden Silberschlange in Gedanken und stellte mit einem
Anflug von Besorgnis fest, dass die Männer ziemlich genau auf die Stelle am Waldrand zu hielten, an der er stand.
Aber dabei mochte es sich um einen reinen Zufall handeln.
Außerdem würden noch Stunden vergehen, bis sie hier
waren, selbst wenn sie schnell ritten.
Außerdem – warum sollte er sie fürchten? Das hier war
Avalon, nicht nur die Insel der Unsterblichkeit, sondern
auch das Land des ewigen Friedens. Er lächelte nervös,
um seine eigene Unsicherheit zu überspielen, hörte ein
Geräusch hinter sich und reagierte ganz instinktiv, aber in
krassem Gegensatz zu dem, was er gerade noch gedacht
hatte: Mit einem einzigen Schritt wich er in den Wald zurück und duckte sich hinter einen der glatt polierten
Stämme. Das Geräusch wiederholte sich und er konnte
nun hören, dass es direkt aus der Richtung kam, aus der er
auch selbst gekommen war. Vorsichtig schob er den Kopf
hinter seiner Deckung hervor und prallte erschrocken zurück.
Er hatte sich gerade noch rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Aus der Dunkelheit des Waldes tauchten zwei,
drei, schließlich fünf Reiter auf, die allesamt auf riesigen
schwarzen Pferden saßen. Wie ihre Reiter waren auch die
Tiere ganz in schwarzes, Licht schluckendes Eisen gehüllt.
Handlange Stacheln ragten an verschiedenen Stellen aus
den Rüstungen. Die Helme der Reiter hatten die Form
schrecklicher Drachenschädel. Es war dieselbe Art von
Furcht erregender Rüstung, wie sie auch Mordred getragen
hatte. Lancelots Herz begann wild zu schlagen. Die Männer bewegten sich langsam, hielten immer wieder an und
richteten ihre Blicke zu Boden und manchmal senkte auch
eines der schrecklichen Pferde den Schädel, aus dem ein
schwarzes, handlanges Horn wuchs, fast, als wolle es wie
ein bizarrer Bluthund Witterung aufnehmen. Es war nicht
schwer, zu erkennen, dass diese Männer nach etwas suchten.
Genauer gesagt: nach jemandem.
Nach ihm.
Die Reiter kamen allmählich näher. Kaum weiter als eine Armeslänge entfernt hielt der vorderste sein Tier an
und schüttelte enttäuscht den Kopf.
»Das ist sinnlos«, sagte er. Seine Stimme drang hohl und
sonderbar verzerrt unter dem metallenen Drachenkopf
hervor, dem sein Helm nachempfunden war. »Wir sind
Avalon schon zu nahe. Verdammtes Hochelbenpack! Ihre
Nähe verwischt jede Spur!«
Er griff sich mit beiden Händen an den Helm und zog
ihn mit einer zornigen Bewegung über den Kopf. Darunter
kam ein ebenso schmales wie edel geschnittenes Gesicht
zum Vorschein, das Lancelot entfernt an das Mordreds
erinnerte. Die beiden Männer sahen sich nicht wirklich
ähnlich, aber das Gesicht des Reiters wies den gleichen
harten Zug auf wie das Mordreds, Von dem Mann schien
etwas wie eine fühlbare körperlose Kälte auszugehen.
In einem Punkt jedoch unterschied er sich von Mordred
– und auch von allen anderen Menschen, denen Lancelot
jemals begegnet war: Er hatte spitze Ohren.
Lancelot starrte ihn so fassungslos an, dass er für einen
Moment sogar die Gefahr vergaß, in der er immer noch
schwebte. Hätte der schwarze Krieger in diesem Moment
den Kopf gedreht, hätte er ihn zweifellos gesehen, denn
Lancelot war einfach wie gelähmt.
Der Reiter sah jedoch nicht in seine Richtung, sondern
legte den Helm vor sich auf den

Weitere Kostenlose Bücher