Gralszauber
Aufregung?«
»Ich … Artus …«, stotterte Dulac.
»Artus?« Dagda zog die Augenbrauen zusammen und
Dulac fiel erst jetzt auf, wie schlecht er aussah. Seine
Wangen waren eingefallen und seine Haut wirkte grau und
wächsern. Er roch nicht gut: nach kaltem Schweiß und
krank.
»Er hat mich weggeschickt«, antwortete Dulac. »Er war
… ziemlich wütend auf mich, fürchte ich.«
»Wütend? Was hast du getan?«
»Ich habe ihn verletzt«, gestand Dulac kleinlaut. Allein
die Erinnerung an die hässliche Szene vom Morgen bereitete ihm Unbehagen. Aber zugleich war er auch fast erleichtert, mit jemandem darüber reden zu können.
»Was ist passiert?«, wollte Dagda wissen. Er wirkte mit
einem Male sehr angespannt.
»Ich war am Fluss«, antwortete Dulac. »Artus kam eher
als die anderen. Er sprach mit mir … darüber, dass ich ein
Ritter werden will, und … und dann hat er mir ein Schwert
gegeben und mir angeboten, ein wenig mit ihm zu üben,
und –«
»– und Euer Schützling hätte mir um ein Haar den Hals
durchgeschnitten«, führte eine dritte Stimme den Satz zu
Ende. Dagda hob mit einem Ruck den Kopf und Dulac
drehte sich mit klopfendem Herzen zu Artus herum, der
unbemerkt hereingekommen war.
»Es war meine eigene Ungeschicklichkeit«, fuhr Artus
fort und hob die linke Hand zu dem schmalen Verband an
seinem Hals. Zu Dulacs Erstaunen lächelte er sogar.
»Auch wenn es ein ungewohntes Gefühl für mich ist«,
fuhr er direkt an Dulac gewandt fort, »entschuldige ich
mich bei dir. Ich hätte dir keine Vorwürfe machen dürfen.
Wenn überhaupt jemanden, dann trifft mich die Schuld.
Ich hätte dir kein Schwert geben dürfen. Jemand wie ich
sollte wissen, dass eine Waffe kein Spielzeug ist.«
»Ihr habt … was?«, fragte Dagda fassungslos. »Ihr habt
ihm ein Schwert gegeben? Ihr habt zugelassen, dass er
Blut vergießt?«
Dulac stieß ungläubig die Luft zwischen den Zähen aus.
Der Ton, den Dagda dem König gegenüber anschlug, war
ungeheuerlich. Was ihn aber vollends überraschte, war
Artus’ Reaktion auf Dagdas Worte. Statt ihn in seine
Schranken zu weisen, wirkte Artus für einen Moment regelrecht erschrocken, und als er endlich sprach, klang seine Stimme geradezu kleinlaut.
»Es war nur eine harmlose Übung. Ich konnte nicht ahnen –«
»– was geschieht, wenn er ein Schwert in die Hand bekommt?«, fiel ihm Dagda ins Wort.
»Es war nicht einmal ein richtiges Schwert!«, verteidigte
sich Artus. Es kam Dulac fast unglaublich vor, aber er
sprach eindeutig im Tonfall der Verteidigung, obwohl er
der König und Dagda nur sein Koch und Hofzauberer war.
»Es war nur ein besseres Spielzeug, das –«
»– um ein Haar ausgereicht hätte, Euch den Hals zu kosten!«, fiel ihm Dagda ins Wort. »Habt Ihr denn alles vergessen …« Er fuhr plötzlich zusammen, trat einen halben
Schritt zurück und senkte betroffen den Blick.
»Verzeiht, mein König«, sagte er. »Ich habe mich hinreißen lassen.«
»Schon gut«, antwortete Artus. Er lächelte, aber auf seine Art wirkte er ebenso erschrocken und verwirrt wie
Dagda. »Es war für uns alle ein schwerer Tag. Wir haben
heute Abend Gäste auf Camelot. Tragt also dafür Sorge,
dass nur das Beste aus Eurer Küche auf unsere Tafel gelangt.«
»Selbstverständlich, mein König«, antwortete Dagda
ohne den Blick zu heben.
»Und du …« Artus drehte sich zu Dulac herum. »Der
Junge, der uns gewarnt hat … du kennst ihn?«
Dulac nickte. »Evan.«
»Geh zu ihm und sorge dafür, dass er morgen früh auf
der Burg erscheint. Ich habe ihm eine Belohnung versprochen. Und ich muss mit ihm über diesen Silbernen Ritter
reden.«
Dagda sah hoch. Eine tiefe Falte erschien zwischen seinen Augenbrauen, aber er sagte nichts. Als Artus sich
wieder zu ihm herumdrehte, senkte er hastig den Blick und
wartete, bis sich der König wieder abgewandt hatte und
mit schnellen Schritten davongegangen war. Erst dann
richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf Dulac.
»Was hat es mit diesem Silbernen Ritter auf sich?«,
fragte er.
»Davon weiß ich nichts«, log Dulac. »Aber was hatte
das zu bedeuten, dass Ihr ihn gewarnt hättet, mir eine Waffe in die Hand zu geben?«
»Nichts«, antwortete Dagda. »Das war nur so dahingesagt.«
»Nein«, erwiderte Dulac laut und in einem Ton, der keinerlei Widerspruch zuließ. »Das war es nicht.«
Dagda zögerte. Er hustete, drehte sich herum und
schlurrte ein paar Schritte davon. »Es ist schwierig zu erklären«, sagte er. »Ich
Weitere Kostenlose Bücher