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Gralszauber

Titel: Gralszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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den Weg mehr oder weniger allein zurücklegen zu können. Da waren einfach zu viele
Fragen, auf die er keine Antworten fand – und etliche,
deren Antworten er möglicherweise gar nicht wissen wollte.
Zum Beispiel die, wie er zum Schwarzen Eber gekommen war.
    Oder die, was zwischen dem Moment, in dem er sich zu
dem Pikten herumgedreht hatte, und dem, im dem Artus
und seine Ritter vor dem Gasthof erschienen, eigentlich passiert war.
    Dem Stand der Sonne nach zu urteilen mussten seither
gute drei Stunden vergangen sein, wenn nicht vier, aber
da, wo in seinem Kopf die Erinnerung an diese Zeit sein
sollte, war nichts als ein einziges, schwarzes Loch. Er erinnerte sich, sich zu dem Barbarenkrieger herumgedreht
zu haben und dann …
    Nichts.
Das Nächste, was er wusste, war, dass er am Waldrand
stand und den Tafelrittern zusah, wie sie von ihren Pferden
sprangen und ausschwärmten, um den Wald nach überlebenden Pikten zu durchkämmen.
Was ihn zu einer weiteren – und vielleicht der wichtigsten – Frage brachte: Wieso lebte er noch?
Fragen über Fragen, aber keine einzige Antwort. Jede
Möglichkeit, die er erwog, erschien ihm lächerlicher als
die andere.
Der Tag war weit fortgeschritten, als sie Camelot erreichten, aber es war eindeutig noch zu früh, nach Hause
zu gehen. Dort wartete ohnehin nur Tander auf ihn, um ihn
mit Arbeit und Vorwürfen zu überschütten, und wenn er
hier blieb, dann hatte er vielleicht noch eine kleine Chance, wenigstens einen Blick auf Gwinneth zu erhaschen.
Also ging er in die Küche hinunter. Vielleicht konnte ihm
Dagda helfen, Licht in das Dunkel zu bringen.
Er fand ihn nicht. Die Küche war verwaist. Unter dem
großen Kessel brannte kein Feuer und auch die angrenzenden Räume waren leer. Er wollte schon wieder gehen,
besann sich aber dann anders und trat in die Bibliothek, in
der Gwinneth und er Dagda gestern Abend über dem geheimnisvollen Buch angetroffen hatten.
Jetzt, bei Tage, kam ihm der Raum nicht mehr annähernd so verzaubert und unheimlich vor wie in der vergangenen Nacht. Es war einfach nur ein muffiges Gewölbe, in das nur wenig Tageslicht drang und das mit hölzernen Regalen voller Pergamentrollen und schweren gebundenen Bücher voll gestopft war. Das Buch, in dem Dagda
gelesen hatte, lag nach wie vor an seinem Platz.
Dulac trat hinzu, strich einen Moment zögernd mit den
Fingern über das Leder, in das es gebunden war, und
schlug das Buch dann auf.
Die Seiten waren leer!
Die Bilder und kunstvoll gemalten Buchstaben, die er in
der Nacht zuvor gesehen hatte, waren nicht mehr da.
Aber das war doch unmöglich! Dulac starrte die Seiten
einige Zeit verwirrt an, dann schlug er das Buch zu und
besah sich noch einmal und sehr aufmerksam den Einband.
Es war ganz eindeutig dasselbe Buch.
Nur dass seine Seiten jetzt vollkommen leer waren. Die
Schrift war ebenso spurlos verschwunden wie die geheimnisvollen Bilder, die Gwinneth und er gesehen hatten …
Gwinneth.
Dulac schüttelte den Kopf, ein wenig verärgert über sich
selbst. Es schien ganz egal zu sein, was er tat und worüber
er grübelte – irgendwie kehrten seine Gedanken immer
wieder zu Gwinneth zurück.
Er drehte sich herum – und fuhr so erschrocken zusammen, dass er um ein Haar das Gleichgewicht verloren hätte.
Dagda stand hinter ihm. Das allein wäre noch nicht so
erstaunlich gewesen, denn er kannte Dagda lange genug
um zu wissen, dass er sich trotz seines Alters so lautlos
wie eine Katze bewegen konnte. Aber hinter Dagda war –
nichts. Nur eine Wand aus fugenlos vermauerten Felssteinen, in der es keine Tür, keine Öffnung, nicht den geringsten Spalt gab!
»Hast du gefunden, wonach du gesucht hast?«, fragte
Dagda. Seine Stimme klang spröde und in seinen Augen
lag ein Glitzern, das Dulac beinahe erschreckte.
»Ich … ich weiß nicht, was …«, stammelte Dulac.
»Ganz genau«, sagte Dagda grimmig. »Du weißt nicht.
Das ist das Problem, wie mir scheint. Du weißt einfach zu
vieles nicht . Du weißt nicht einmal, dass du nichts weißt.«
Dulac hatte nicht die geringste Ahnung, wovon Dagda
überhaupt sprach, aber es war nicht das erste Mal, dass es
ihm so erging. Dagda sprach oft in Rätseln. Und manchmal hatte Dulac auch den Verdacht, dass er einfach nur
Unsinn redete.
Er dachte angestrengt über eine Antwort nach, aber
Dagda schien gar keine haben zu wollen, denn er winkte
herrisch ab und fuhr fort: »Wo warst du den ganzen Tag?
Und was ist das überhaupt für eine

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