Gralszauber
hatten, aber daran ließ
sich nun einmal nichts ändern.
Ein Teil von ihm – Dulac – beobachtete sein eigenes
Tun fast mit Entsetzen, aber der im Moment sehr viel stärkere Teil – Lancelot – erledigte die blutige Arbeit mit fast
mechanischer Präzision und Schnelligkeit. Nach kaum
einer Minute hatte er die Spuren des Kampfes so gut beseitigt, wie es ging, und näherte sich dem eisernen Tor auf
der anderen Seite der Höhle. Es war nicht ganz geschlossen.
Flackerndes rotes und gelbes Licht drang durch den
Spalt und er glaubte noch immer Stimmen zu hören.
Als er näher kam, sah er, dass auch das Tor mit den gleichen Symbolen und Schriftzeichen übersät war wie die
Nischen in den Wänden. Einige von ihnen schienen Götzen und Dämonen darzustellen, andere barbarische
Schlacht- oder auch Folterszenen. Sie waren uralt, aber
eindeutig von Menschenhand geschaffen und ihr bloßer
Anblick jagte ihm schon einen kalten Schauer über den
Rücken.
Welches untergegangene Volk auch immer Malagon und
diese Bilder geschaffen hatte, er war froh, ihm nicht begegnen zu müssen.
Vorsichtig bewegte er sich weiter, schob das Helmvisier
hoch und spähte durch den handbreiten Spalt zwischen
den beiden Torhälften. Dahinter lag eine weitere, etwas
kleinere Höhle, deren Anblick ihm für den Moment den
Atem stocken ließ.
Sie war fast perfekt kreisrund geformt. Von der gewölbten Decke hing ein Gewirr spitz zulaufender Stalaktiten,
von denen Wasser tropfte, das sich in der Mitte der Höhle
zu einem flachen See gesammelt hatte. Aus der Mitte dieses Sees wuchsen jedoch keine Stalagmiten hervor, wie es
in einer normalen Tropfsteinhöhle der Fall gewesen wäre,
sondern ein filigranes Gebilde aus zerbrechlichen Kristallen, die in vornehmlich düsteren, jedoch allesamt prachtvollen Farben leuchteten, als wären sie von einem kalten
inneren Feuer erfüllt. Manche dieser schimmernden Kristalle waren so groß wie ein Mann, andere wiederum nur
Nadeln, kaum länger als der Finger eines Neugeborenen.
Etwas Faszinierendes ging von diesem Gebilde aus, das
nichts mit seinem fantastischen Aussehen zu tun hatte. Es
war wie das Flüstern und Locken von etwas Lebendigem,
das er mit einem Teil seiner Seele spürte, nicht mit seinen
normalen menschlichen Sinnen. Nur mit großer Mühe
gelang es ihm, sich von dem Anblick loszureißen und auch
den Rest der Grotte in Augenschein zu nehmen.
In der von flackerndem, vielfarbigem Licht erfüllten
Höhle hielten sich zwei Menschen auf, soweit Lancelot
sehen konnte. Der Anblick des einen sorgte dafür, dass
sich sein Gesicht schlagartig verdüsterte und er am liebsten das Schwert gezogen hätte, um durch das Tor zu
stürmen, denn es war niemand anderer als Mordred, der
Mann, der für den feigen Überfall auf Camelot und letztendlich Dagdas Tod verantwortlich war. Doch der Anblick
der zweiten Gestalt hielt ihn davon ab, etwas Unbedachtes
zu tun.
Er konnte sie nicht wirklich erkennen, denn sie stand ein
Stück entfernt und mit dem Rücken zur Tür, sodass er nur
einen schwarzen Umriss sah, dessen Konturen vom tanzenden Licht der Kristalle auf unheimliche Weise zum
Leben erweckt zu werden schienen. Aber irgendetwas war
an dieser Gestalt, was ihn zur Vorsicht mahnte. Er spürte
ganz deutlich, dass sie auf ihre Art weit gefährlicher war
als Mordred.
»… verstehe das alles nicht«, sagte Mordred in diesem
Moment. In seiner Stimme lag mühsam unterdrückter
Zorn.
»Warum haben wir es nicht zu Ende gebracht? Camelot
war praktisch schon in unserer Hand und Artus hilflos!
Wir könnten jetzt schon in Camelots Thronsaal sitzen statt
in diesem düsteren Loch.«
Die Gestalt vor den Kristallen lachte leise. »Immerhin
hat dieser hilflose Mann mehr als zweihundert deiner piktischen Krieger erschlagen, Mordred«, antwortete sie und
Lancelot war, als habe er diese Stimme schon einmal gehört. »Und das ohne einen einzigen Ritter zu verlieren.«
»Das waren keine Krieger«, antwortete Mordred verächtlich. »Zahnlose alte Männer, Schwache und Kranke.
Und er hat es nur geschafft, weil er Merlins Magie auf
seiner Seite hatte! Wie lange wird sie noch anhalten, jetzt,
wo er tot ist?«
»Nicht mehr sehr lange«, antwortete die Gestalt und
drehte sich herum und Lancelot erkannte voller Überraschung, dass es sich um die dunkelhaarige Frau handelte,
die er schon einmal zusammen mit Mordred gesehen hatte.
Schon damals am See war es ihm schwer gefallen, ihr Alter zu schätzen, und nun, in
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