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Gralszauber

Titel: Gralszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ein übler Geruch über allem zu liegen schien und mit jedem Atemzug ein wenig tiefer in seinen Körper eindrang.
Der Gedanke erschien ihm im ersten Moment genau so
absurd wie die Geschichten, die Sander erzählt hatte –
aber hatte er nicht selbst erst vor wenigen Stunden das
Wirken finsterer Magie beobachtet und trug er nicht selbst
eine Rüstung, die unmöglich von Menschenhand geschmiedet sein konnte?
Plötzlich hatte der Gedanke an die Zauberrüstung sehr
viel mehr Beunruhigendes als Schutz. Wenn es Magie gab,
dann mochten die finsteren Mächte, mit denen er es hier
zu tun hatte, sich als durchaus stärker erweisen als die
Mächte, die auf seiner Seite standen. Es gab keine Waffe,
vor der es keinen Schutz gab, und keinen Schild, der gegen jede Waffe schützte.
Lancelot versuchte den Gedanken in den hintersten
Winkel seines Bewusstsein zu verbannen und sah sich
noch einmal aufmerksam um. Er war vielleicht noch eine
Meile von Malagon entfernt. In wenigen Augenblicken
würde draußen über dem Meer die Sonne aufgehen, und
wenn er Malagon bis dahin nicht erreicht hatte, hatte er
praktisch keine Chance mehr, das letzte Stück des Weges
ungesehen zurückzulegen. So prachtvoll seine silberne
Rüstung auch war, musste sie doch wie ein Spiegel aufleuchten, wenn sie auch nur von einem einzigen Lichtstrahl getroffen wurde.
Er musste sich sputen.
Sein Pferd schien sich unwilliger zu bewegen, fast widerstrebend, als er es auf den gedrungenen Schatten oben
auf der Steilküste zu lenkte. Mehrmals musste er es durch
einen kräftigen Schenkeldruck oder eine Bewegung der
Zügel dazu bringen, überhaupt weiterzugehen; etwas, das
auf dem ganzen Weg hierher nicht einmal vorgekommen
war.
Dennoch erreichten sie die Festung gerade einen Augenblick, bevor sich die Sonne als rot leuchtender Ball aus
dem Meer erhob.
Malagon war aus der Nähe betrachtet nicht besonders
groß und unheimlicherweise schien es noch immer kaum
mehr als ein düsterer Schatten zu sein. Aber es gab am
Fuße des zerschundenen Felsenhügels Spalten und Risse,
die selbst für das Pferd groß genug waren. Er führte das
Tier in eines dieser natürlichen Verstecke, stieg aus dem
Sattel und legte den Kopf in den Nacken um zur Burg hinaufzusehen. Malagon war eine Ruine, aber sie konnte
selbst zu ihrer besten Zeit nicht besonders groß gewesen
sein; ein gedrungener Turm, der von einer leicht asymmetrischen Mauer umgeben war, das war beinahe schon alles.
Dennoch wirkte es, zumindest im unsicheren Zwielicht
des Morgens, auf eine düstere Art gewaltiger als Camelot
– oder zumindest einschüchternder. Das halbrunde Tor
war am oberen Rand ausgebrochen, was ihm das Aussehen eines aufgerissenen Drachenmaules verlieh.
Lancelot dachte eine Weile darüber nach, dort hinaufzugehen und die Burg zu erforschen. Unter normalen Umständen hätte er nicht einmal darüber nachgedacht, sondern es ohne das geringste Zögern und mit großer Begeisterung getan. Aber er war nicht hier um seine Neugier zu
befriedigen, sondern um Uther und vor allem Gwinneth zu
befreien. Sicher hatte er noch eine Menge Zeit, ehe die
Pikten mit ihren Gefangenen kamen. Er war zwar mindestens zwei Stunden nach ihnen aufgebrochen, aber viel
schneller geritten als sie und auf einem Weg, den die piktischen Krieger wahrscheinlich nicht kannten. Mordred
hatte gesagt, dass er die Pikten am frühen Morgen hier
erwartete.
Eine kurze, in unregelmäßigen Stufen aus dem Fels gehauene Treppe führte zum Tor hinauf. Lancelot legte etwa
die Hälfte der Strecke zurück, dann drehte er sich herum
und blickte nach Süden, in die Richtung, aus der die Pikten kommen würden. Es konnte nichts ausmachen. Die
Sonne begann aufzugehen, aber es war noch immer alles
andere als hell. In ihrer vornehmlich schwarzen Kleidung
würde er die Barbarenkrieger vermutlich erst sehen, wenn
sie unmittelbar vor ihm standen.
Er hörte einen Laut, der nicht in die normale Geräuschkulisse des Morgens passte: das Rauschen der Wellen, die
sich zwanzig Meter unter ihm am Fuße der Steilküste brachen, das Wispern des Windes, der sich an Felsen rieb und
in den Baumwipfeln raunte. Hinter ihm kollerte ein Stein.
Lancelot fuhr herum, ließ seinen Blick aufmerksam in
die Runde schweifen, konnte aber nichts entdecken. Dann
wiederholte sich das Poltern und ihm wurde klar, dass es
aus dem offen stehenden Tor Malagons kam. Jemand war
dort drinnen.
Nun hatte er keine Wahl mehr.
Lancelot löste den Schild von seinem

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