Grand Cru
tatsächlich vorhat.«
»Eine Frage noch. Wie viel ist das Land rund um die Domaine eigentlich wert? Ich meine die Parzellen, auf denen sich Wein anbauen ließe.«
»Du weißt ja, wie viel ich Philibert bezahlt habe: 120000 Euro für etwas mehr als drei Hektar und ein altes Bauernhaus.«
»Ich weiß, was du offiziell angegeben und dem Finanzamt gemeldet hast«, entgegnete Bruno. »Aber was noch unter der Hand an Geld geflossen ist, als der Notar weg war, weiß ich natürlich nicht.«
Hubert schmunzelte hörbar. »Das Übliche. Nur die Gierigsten würden mehr als ein zusätzliches Drittel vom Listenpreis verlangen.«
»Dann wären es für dich also insgesamt 180 000 gewesen. So viel ist doch allein schon das Haus wert. Wir sprechen also von vier- oder fünftausend pro Hektar, richtig?«
»Ungefähr. Vielleicht fünf- oder sechstausend, je nachdem, wie das Land genutzt wird. Einfaches Ackerland bringt nicht mehr als zwei oder drei, ein bebaubares Grundstück zwanzigmal so viel.«
»Und wie viel würde ein Weinberg mit aoc-Zertifikat kosten?«
»Das hängt ganz von der Lage ab. Wenn wir hier in der Champagne wären, müsstest du mit zwischen sechs- und siebenhunderttausend pro Hektar rechnen, für eine ordentliche Lage in der Region Bordeaux ungefähr mit fünfzigtausend und darüber. In der Region Bergerac vielleicht zehn. Ich glaube, Julien hat für seine Extraparzelle circa dreitausend pro Hektar ausgegeben. Ein Schnäppchen, würde ich sagen.«
»Was ist Juliens Besitz denn insgesamt wert?«
»Alles in allem, Château, Hotel, Weinberg, Restaurant, mindestens drei Millionen Euro, wahrscheinlich sogar mehr.«
»Himmel, da muss ich wohl der ärmste Mann von Saint-Denis sein«, sagte Bruno.
»Immerhin um einen herrlichen 89er Cos d'Estournel aus Saint-Estèphe reicher geworden. Das ist meine Art, mich für deine Unterstützung heute früh erkenntlich zu zeigen.«
»Das wäre aber nicht nötig gewesen. Du hast dich mir schon mit deinen Informationen erkenntlich gezeigt.«
»Mon cher
Bruno, ich möchte doch selber gerne wissen, was dieser Bondino vorhat. Und was diese Flasche betrifft, sag mir bitte, wann ich sie dir bringen darf. Du könntest ein Trüffelomelett machen, und wir würden beides zusammen genießen.«
7
Coux war eine verschlafene Ortschaft mit einer Bäckerei, einem
tabac,
einem Café und einem kleinem Hotel, wo sich Bruno gelegentlich sonntags mit Freunden zum Mittagessen traf. Sie lag jenseits der Gemeinde von Saint-Denis, gehörte also nicht zu seinem Amtsbezirk. Darum ließ er seine Schirmmütze im Wagen.
Die Telefonzelle stand vor der winzigen
mairie.
Am Türgriff flatterte ein Stück gelb-schwarz gestreiftes Kunststoffband, mit dem sie versiegelt worden war. Bruno warf einen Blick hinein, notierte sich die Nummer und bemerkte, dass der Telefonapparat jüngeren Datums war und keine Münzen nahm, nur Karten. France Télécom hatte wahrscheinlich alle Karten, die in Gebrauch waren, registriert, aber dieser Spur würde Jean-Jacques bestimmt schon nachgegangen sein. Neben der Zelle befanden sich ein Fahrradständer und ein kleiner Parkplatz für zwei Pkws und ein Motorrad. Bruno suchte den Boden ab und entdeckte einen Ölfleck, der noch relativ frisch zu sein schien. Er holte ein Papiertaschentuch aus dem Wagen und drückte vorsichtig einen Zipfel davon an den Rand des Flecks, worauf das dünne Papier sich vollsaugte. Das Öl war also tatsächlich erst vor kurzem aufs Pflaster getropft und konnte für die Ermittlungen interessant sein. Bruno schlenderte zu dem kleinen Hotel hinüber, um mit Sylvestre, dem Besitzer, Koch und Barkeeper, einen Kaffee zu trinken. Er fragte ihn, ob ihm in der Brandnacht irgendetwas aufgefallen sei.
»Um drei in der Früh? Da habe ich tief und fest geschlafen«, sagte Sylvestre, was seine Frau, die an der Kasse saß und über den Büchern brütete, mit einem Schnauben quittierte. »Geschnarcht hat er wie ein Ochse«, sagte sie. »Aber fragen Sie doch mal den Bäcker. Er ist zu dieser Zeit immer schon im Laden, um den Ofen vorzuheizen.«
Der Bäcker gab an, erst gegen vier von der Alarmsirene geweckt worden zu sein, deutete aber, als Bruno schon gehen wollte, mit dem Daumen auf die andere Straßenseite und schlug vor, er solle seinen Onkel fragen, einen pensionierten Briefträger, der sich immer darüber beklagte, viel zu früh aufzuwachen und nicht mehr einschlafen zu können. »Sie finden ihn wahrscheinlich im Cafe«, fügte der Bäcker hinzu. »Er heißt
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