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Grand Cru

Grand Cru

Titel: Grand Cru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walker
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Wieder griff er nach dem Hörer und rief Rollo an, den Lehrer und Rektor der Schule, der an der Arbeit saß, obwohl Ferien waren.
    Rollo schilderte sie als eine vielversprechende Schülerin mit guten Leistungen vor allem in Mathematik und Naturwissenschaften. Sie sei auch auf dem
lycée
erfolgreich gewesen und studiere jetzt Informatik an der Universität von Grenoble. Bruno fing an, sich Notizen zu machen, denn Rollo erzählte von einem zum Schein geführten Wahlkampf, bei dem sich Dominique als engagierte Vertreterin der Grünen hervorgetan hatte, die zusammen mit ihrem Partner die Schule mit Plakaten vollgeklebt, auf Podiumsdiskussionen vor globaler Erwärmung und dem Schmelzen der Polkappen gewarnt und am Ende den Vertretern der Sozialisten das Nachsehen gegeben hatte. Auf Brunos Nachfrage erklärte Rollo, Dominiques Partner sei Max gewesen, der Junge aus Alphonse' Hippiekommune, der nun in Huberts Kellerei arbeitete.
    Bruno legte den Hörer auf. Er hatte nun eine ernstzunehmende Spur: eine junge umweltbewusste Praktikantin am Forschungsinstitut, die mit Sicherheit wusste, dass dort gentechnisch manipuliertes Saatgut hergestellt und auf einem Versuchsfeld nahe den Äckern ihres Vaters kultiviert wurde. Aber Stéphane, ihr Vater, war ein Freund. Bruno würde zuerst einmal eigene Nachforschungen anstellen und Jean-Jacques außen vorlassen, zumindest so lange, bis geklärt war, ob das Mädchen ein Alibi für die Tatzeit hatte. Er stand auf und griff nach seiner Schirmmütze, als Claire den Kopf zur Tür hereinstreckte und sagte, dass der Bürgermeister ihn zu sprechen wünsche.
    »Mir gefällt Ihr neuer Haarschnitt«, fügte sie hinzu.
    »So habe ich sie doch immer, wenn ich beim Friseur war«, sagte er und steckte sein Notizbuch ein.
    »Diesmal sind sie kürzer«, bemerkte sie und wich keinen Millimeter zur Seite, als er sich an ihr vorbei durch die Tür zu quetschen versuchte. »Macht Sie um Jahre jünger.«
    »Dabei bin ich seit dem Friseurbesuch schon wieder älter geworden«, entgegnete er und ließ sie über seine Worte rätseln.
    Seine Laune verbesserte sich wie immer, wenn er das Büro des Bürgermeisters betrat, das sich mit seiner dunklen Holzvertäfelung und den ausgebleichten Teppichen so wohltuend von dem eigenen zugestellten Büro unterschied oder der modernisierten Empfangshalle im Parterre. Der Bürgermeister war ein altmodischer Mann, der noch mit der Hand schrieb und seine Akten in farbig markierten Pappmappen abheftete, statt sie elektronisch weiterzuverarbeiten.
    »Bonjour,
Bruno. Die Handelsvertretung der amerikanischen Botschaft in Paris hat schon vor Tagen einen Brief geschrieben, den aber unsere gute Claire offenbar falsch abgelegt hat. Soeben hat sie sich nun telefonisch gemeldet und den Besuch eines angesehenen Geschäftsmannes angekündigt, der in unsere Region investieren und sich mit uns über Rahmenbedingungen unterhalten möchte.«
    »Was will er denn hier machen?«
    »Das hat man mir nicht mitgeteilt. Ehrlich gesagt, wäre mir fast alles recht. Wir brauchen neue Arbeitsplätze. Das Treffen soll morgen Vormittag um neun hier in meinem Büro stattfinden, und ich hätte gern, dass Sie dabei sind, zusammen mit Xavier. « Xavier war der Stellvertreter des Bürgermeisters und würde wohl auch sein Amtsnachfolger werden. Bruno spielte manchmal Tennis mit ihm.
    »Wie heißt der Herr?«, fragte Bruno.
    »Weiß ich nicht. Steht aber in dem Brief, und ich kann nur hoffen, dass Claire ihn wiederfindet.«
    »Wenn das Treffen schon um neun ist, wird er wahrscheinlich in einem Hotel in der Nähe übernachten. Ich werde mal ein bisschen rumtelefonieren. Vielleicht erfahre ich, wie er heißt. Dann ließen sich vorweg ein paar Informationen über ihn einholen.«
    »Kann sein, dass er sich bloß ein Château zulegen will, um Wahlkampfspenden zu verschleiern. Sie kennen ja diese Amerikaner«, meinte der Bürgermeister. Er war ein alter Fuchs, der als Assistent von Jacques Chirac politisch zu taktieren gelernt hatte, als Bruno noch nicht auf der Welt gewesen war. »Gibt's was Neues über den Brand?«
    »Der Laborbericht liegt vor und bestätigt, dass ein Brandbeschleuniger im Spiel war. Wir haben es also in der Tat mit Brandstiftung zu tun. Aber wer dahintersteckt und wieso das Feuer gelegt wurde, ist nach wie vor unklar. Die Belegschaft scheint außer Verdacht zu stehen. Jean-Jacques recherchiert jetzt im Umfeld der Konkurrenz, und ich werde mich ein bisschen vor Ort umhören, zuerst bei den
écolos
und

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