Grand Cru
Wörtern nach versteckten Botschaften. Sie enthielten nicht das geringste Anzeichen von freudiger Erwartung, geschweige denn Sehnsucht, ließen ihn einfach nur wissen, dass sie kommen und ihn sehen wollte. Lieber das ganze Wochenende? Vielleicht. Sollte er in ähnlich nüchternem Ton darauf antworten? Oder doch mit einer etwas persönlicheren Note? Wollte er überhaupt, dass sich dieses Auf und Ab von Glücksgefühlen und Enttäuschung wiederholte? Seine Finger lagen auf der Tastatur. Wie sollte er seine Antwort formulieren? Er schloss die Augen und dachte nach. Schließlich tippte er: »Was für eine schöne Überraschung! Für dich mache ich mich natürlich frei«, und drückte auf »Senden«.
14
Als Bruno Cresseils Hof erreichte, fiel sein Blick als Erstes auf einen weißen Porsche, den er schon einmal gesehen hatte. Und tatsächlich, Dupuy war gekommen, mit Bondino. Die beiden unterhielten sich mit dem Alten, der auf einem Stuhl unter dem Vordach der Terrasse saß. Max stand neben ihm und hatte eine Hand beruhigend auf seine Schulter gelegt. Der Hund zu seinen Füßen knurrte und versuchte immer wieder, sich aufzurichten, knickte aber mit den Hinterläufen jedes Mal ein. Aller Augen richteten sich auf Bruno. Er ließ seine Schirmmütze auf dem Fahrersitz zurück und ging schweigend auf die Terrasse zu, gab, ohne auf Dupuy und Bondino zu achten, zuerst dem Alten, dann Max die Hand und ging in die Hocke, um den Hund an sich schnuppern zu lassen. Erst als er den alten Freund ausführlich gestreichelt hatte, blickte Bruno zu Dupuy und Bondino auf und begrüßte sie mit einem knappen Nicken.
»Die Herren wollten gerade gehen«, sagte Max merklich verärgert.
Cresseil wirkte müde und erleichtert zugleich.
»Nun, Monsieur, ich hoffe, Sie lassen sich unser Angebot durch den Kopf gehen«, sagte Dupuy. »Vielleicht ändern Sie Ihre Meinung ja doch noch ...«
»Wohl kaum«, entgegnete Cresseil. »Meine Antwort ist Nein, und daran wird sich nichts ändern. Versuchen Sie es erst gar nicht, ich müsste Sie nur noch mal enttäuschen.«
Bondino wollte etwas sagen, doch Dupuy legte dem jungen Mann rasch eine Hand auf den Arm und führte ihn von der Terrasse.
»Sprechen Sie mit den beiden«, sagte Bondino mit Blick auf Bruno. »Machen Sie ihnen klar, wie die Dinge stehen.«
Bruno bereute, dass er seine Mütze nicht aufgelassen hatte. Er verzog keine Miene. Als Max plötzlich losstürmen wollte, um den beiden noch irgendetwas mit auf den Weg zu geben, hielt Bruno ihn bei der Schulter zurück und spürte, dass der Junge vor Wut zitterte. Beim Wagen angekommen, stieß Bondino seinen Berater von der Fahrertür weg, setzte sich selbst hinters Steuer und ließ den Motor an. Dupuy schaute noch einmal achselzuckend zu Bruno zurück, während er um den Wagen herumging und auf der Beifahrerseite einstieg. Er hatte kaum Platz genommen, geschweige denn die Tür geschlossen, als Bondino aufs Gaspedal trat und den teuren Sportwagen mit durchdrehenden, Staub und Steinchen aufwühlenden Rädern auf den Schotterweg hinauskatapultierte.
»Was soll der Scheiß?«, schnaubte Max in Richtung Bruno. »Sie sagen, der Bürgermeister steht auf ihrer Seite und will, dass sie unser Land bekommen. Und was meint dieser Bondino damit, wenn er sagt, du solltest uns begreiflich machen, wie die Dinge liegen?«
»Vielleicht ist es besser, du setzt dich erst einmal«, entgegnete Bruno ruhig. »Gibt's hier noch irgendwo einen Stuhl? Und dann erzähl mir, was passiert ist.«
»Sie wollen uns abfinden und tun so, als hätten wir gar keine andere Wahl. Sie verlangen einfach, dass wir das Land an sie abgeben.«
»Max, hol einen Stuhl für unseren Freund«, sagte Cresseil. Er lehnte sich zurück und kramte nach seiner Pfeife. »Und ich hätte gern ein Gläschen Wein. Sie auch, Bruno?«
Max schnaubte immer noch, ging aber ins Haus und kam mit einem Stuhl zurück, den er polternd über die Steinplatten der Terrasse hinter sich herzog. Mit der anderen Hand hielt er zwei volle Weingläser.
»Der Junge hat recht«, sagte Cresseil und paffte. »Die Kerle meinten doch glatt, es wäre sinnlos, zu protestieren, weil es der Bürgermeister selbst so wollte. Dass wir den Hof und alles verkaufen. Es wäre schon alles unter Dach und Fach. Stimmt das?«
»Nein«, antwortete Bruno. »So einfach geht das nicht. Der Hof gehört Ihnen, und darüber verfügen nur Sie allein. Was haben die beiden sonst noch gesagt?«
»Sie haben ein Angebot gemacht, über eine Kaufoption,
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