Grand Cru
beim Präfekten Verstärkung an. Aber wir werden Zurückhaltung üben. Die Leute haben ein Recht darauf, friedlich zu demonstrieren.«
»Hoffen wir, dass es friedlich bleibt, aber daran zweifle ich. Wir haben ein Ohr am Mobilfunkverkehr und wissen, dass einige der Militanten, die auch die McDonald's-Filiale aufgemischt haben, anrücken. Überlassen Sie die mir. Das ist ein Befehl. Und noch etwas. Wir haben die Telefonkarte zurückverfolgen können. Es ist eine 5-Euro-Karte, die hier im
tabac
von Saint-Denis verkauft und bislang nur dieses eine Mal verwendet wurde.« Grußlos verschwand der
brigadier
aus der Leitung. Bruno starrte verdutzt auf sein Handy.
»Es scheint Ärger zu geben. Kann ich was für dich tun?«, fragte der Baron mit vollem Mund. Bruno sah eine dampfende Tasse Kaffee vor sich stehen und war dankbar dafür. »Vielleicht rufst du ein paar Jungs vom Rugbyclub zusammen. Sie sollen >Rettet unser Forschungsinstitut< skandieren, aber nur dann, wenn diese Leute von außerhalb Stunk machen.«
Bruno musterte seinen Freund mit nachdenklicher Miene. »Wie gesagt, sie haben ein Recht auf friedliche Demonstration. Aber wie wär's, wenn du ein paar schwere Schlepper von deinem Bauhof abziehst und auf der Straße vor dem Institut auf und ab fahren ließest, nur um sicherzustellen, dass die Demonstranten von der Straße bleiben?«
Wieder zwinkerte ihm der Baron zu.
Von dem Platz, wo die Busse parkten, bis zum Institut war ein langer Fußweg zurückzulegen. Bruno sah die Demonstranten herbeiströmen. Er war besorgt, aber einigermaßen ruhig, weil alles, was auf die Schnelle getan werden konnte, getan war. Er hatte Ordnungskräfte zusammengetrommelt und eine Reserve organisiert, den Versammlungsort weiträumig abgesichert und taktische Maßnahmen getroffen, wie es ihm beim Militär beigebracht worden war.
Mit fünf Gendarmen und dem Bürgermeister an seiner Seite wartete er vor dem geschlossenen Eisentor des Forschungsinstituts. Dahinter standen ein Dutzend Uniformierte aus Périgueux und Petitbon sowie eine Handvoll Angestellte. Vier weitere Kollegen regelten den Verkehr. Auf der anderen Straßenseite hatte der Baron etliche Rugbyspieler um sich geschart, die mit Plakaten winkten, auf denen in eilig hingeschmierten Buchstaben »Rettet unser Forschungsinstitut« und »Hände weg von der Wissenschaft« zu lesen war. Schwere, mit Sand und Baumaterial beladene Lastwagen rollten im Konvoi über den Asphalt und drängten die Demonstranten an den Straßenrand. Bruno hatte eine kleine Trittleiter vor das Tor gestellt, daneben lag ein Megaphon am Boden. Auch der Bürgermeister war vorbereitet und hatte einen Aktenordner unter den Arm geklemmt.
»Du wusstest, dass wir kommen«, sagte Alphonse, als er das Tor erreicht hatte. Er führte zusammen mit Céline den Demonstrationszug an und trug ein Transparent mit der Aufschrift »arretez omg«. Er klang verärgert, doch seiner Stimme war, wie Bruno zu hören glaubte, auch ein wenig Erleichterung anzumerken.
»Du bist Ratsmitglied und willst doch bestimmt auch nicht, dass es Ärger gibt«, entgegnete Bruno. »Lass uns das hier möglichst gesittet über die Bühne bringen. Der Bürgermeister meint, du solltest ein paar Worte an die Demonstranten richten. Danach will er selbst etwas sagen.«
Alphonse machte kehrt und unterhielt sich mit zwei Männern an der Spitze des Demonstrationszuges. Sie waren in seinem Alter, ordentlich gekleidet und dem Äußeren nach, wie Bruno fand, alles andere als Krawallmacher. Er ließ seinen Blick über die Menge streifen und entdeckte Jacqueline und Max, der seinen Rugbyfreunden am Straßenrand fröhlich zuwinkte. Dominique war nicht zu sehen. Bruno schätzte den Zug auf rund hundertfünfzig Teilnehmer. Sämtliche
écolos
aus Saint-Denis waren gekommen. Mindestens ein Drittel waren Frauen, und von den etwa zwanzig Kindern kannte er die meisten aus dem
collège.
Sorgen machte ihm nur eine kleine Gruppe junger Leute mit schweren Stiefeln, Kapuzenpullis und verdächtig viel Gepäck auf dem Rücken. Sie drängten vom Ende des Zuges immer weiter nach vorn. Er wandte sich Jules zu, dem dienstältesten Gendarm vor Ort, und machte ihn diskret auf die Gruppe aufmerksam. Jules nickte und informierte seine Männer.
Bruno schlenderte auf Alphonse und seine beiden Gesprächspartner zu. Einer der jungen Rowdys hatte sich bis zu ihnen durchgeschlagen. Bruno machte eine Kehrtwendung und traf wie zufällig mit dem Ellbogen auf den Rucksack, der sich
Weitere Kostenlose Bücher