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Grand Cru

Grand Cru

Titel: Grand Cru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walker
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Anschließend war ich für ein Jahr in Adelaide, Australien, dem besten Ort in der südlichen Hemisphäre, um Erfahrungen in der Weinbranche zu sammeln. Und darauf legen meine Eltern Wert, ich soll ja mal den Familienbetrieb übernehmen. Übrigens, Bruno, was ich Sie noch fragen wollte, Sie kennen sich in Saint-Denis doch bestens aus. Im Hotel möchte ich nicht länger bleiben. Wissen Sie von einem Zimmer oder einer kleinen, billigen Wohnung, wo ich zur Miete einziehen könnte? Irgendwas in Stadtnähe. Der nette Mann vom Fahrradladen will mir ein Rad leihen. Damit wäre ich dann mobil...«
    Sie stockte und starrte über Brunos Schulter hinweg. Er drehte sich um und sah Max und Alphonse kommen, die mit freudigem Hallo die anderen Pflücker begrüßten. Max steuerte auf die beiden zu und winkte, doch Jacqueline kehrte ihm den Rücken und nahm das Gespräch mit Bondino wieder auf.
    Bruno ging los, um für sich und die anderen Sammelkübel und Scheren zu besorgen. Max stürmte mit einem knappen
»Bonjour«
an ihm vorbei. Bruno glaubte, er sei vielleicht noch eingeschnappt oder nervös, weil er unter Verdacht stand, sah aber dann, dass er auf Jacqueline zueilte. Doch die zeigte ihm die kalte Schulter.
    Hatte es tatsächlich Streit zwischen ihnen gegeben? Oder versuchte sie nur, den einen jungen Mann gegen den anderen auszuspielen? Max schien zu zögern, er war offenbar wütend und zugleich verwirrt. Er würde, was Frauen anging, noch viel zu lernen haben, dachte Bruno und musste sich sogleich eingestehen, dass dies wohl auch für ihn selbst galt. Wie oft hatte er nun schon nachgesehen, ob eine sms für ihn eingegangen war? Warum hatte sich Isabelle immer noch nicht gemeldet? Und was, wenn sie es täte? Machte er sich wirklich Hoffnung, zwischen ihnen wäre alles beim Alten und er könnte gleich wieder mit ihr ins Bett steigen? Wie er sich kannte, würde er schrecklich gehemmt sein und versuchen, seine Nervosität mit Angebereien zu überspielen. Und Isabelle? Sie würde wahrscheinlich nicht weniger verunsichert sein, vielleicht sogar reserviert und nicht bereit, sich sofort wieder auf ihn einzulassen.
    Wer weiß? Immerhin war sie es, die sich gemeldet hatte und nach Saint-Denis kommen wollte, in sein Revier, und deshalb würde sie entscheiden müssen, wie sich das Wiedersehen gestaltete. Er würde sich nach ihr richten und aus ihrem Verhalten herauszulesen versuchen, was sie wirklich wollte. Während er fleißig Trauben schnitt, fragte sich Bruno, ob es der Polizeibeamte in ihm war, der so neugierig beobachtete, wie sich andere gaben. Nach seiner Erfahrung war das öffentliche Bild einer Person zwar meist reichlich unscharf, aber doch voller nützlicher Hinweise darauf, wie diese Person zu sein wünschte. Und das galt auch für ihn. Bruno wünschte sich, so gelassen und selbstbewusst, lebensklug und geduldig zu sein, wie er auf andere zu wirken versuchte.
    In Wahrheit aber neigte er zu Bequemlichkeit und Trägheit; um halbwegs gut zu funktionieren, brauchte er einen klar geregelten Tagesablauf und strenge Selbstdisziplin. Doch so oder ähnlich erging es wahrscheinlich vielen, und außerdem hielt man die eigenen Fehler und Mängel ja ohnehin meist für gravierender als von der Öffentlichkeit wahrgenommen. Jacqueline, die nach außen hin recht souverän wirkte, war vielleicht gar nicht so selbstsicher, wie sie auch jetzt im Beisein ihrer zwei Bewunderer tat. Während sie munter mit Bondino auf Englisch plauderte, speiste sie Max, der kleinlaut dabeistand, mit knappen Bemerkungen auf Französisch ab.
    Sie schob mit der Hand das dichte Weinlaub auseinander und blickte durch die Lücke auf Bruno. »Hat Ihr Freund seine Stöcke jemals zurückgeschnitten? Da kann doch nichts draus werden. Wie schmeckt sein Wein überhaupt?«
    »Gewöhnungsbedürftig«, antwortete Bruno. »Aber manche gewöhnen sich nie daran.«
    »Allerdings«, bestätigte Max, der zusammen mit Bondino die Nachbarreihe aberntete. »Einfach scheußlich.« Und an Bondino gerichtet, bemerkte er säuerlich: »So wie die in Massen produzierte
merde
aus der Neuen Welt, dieser gezuckerte Traubensaft, dem man Alkohol unterrührt.«
    Aha, dachte Bruno. Die Jungbullen scharren mit den Hufen.
    Bondino schien Max zu ignorieren, vielleicht hatte er ihn auch nicht verstanden. »Warum helfen Sie dann? Bekommen Sie Geld dafür?«, erkundigte er sich mit einem fragenden Blick zu Bruno.
    »Nein, aber ein leckeres Essen und nette Gesellschaft«, antwortete der. »Joe ist ein

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