Grand Cru
wunderbar cremigen Konsistenz. Wir streichen ihn auf geröstetes Brot.«
Er nahm einen langen Löffel zur Hand und schabte aus jedem der gegrillten Vögel einen weißen, etwa vier Zentimeter langen und einen Zentimeter breiten Schlauch und bestrich damit die Brotscheiben, die er dann mit den Vögeln auf den Tellern seiner Gäste verteilte.
Hubert stand auf und erhob sein Glas. »Auf unseren Koch, meinen lieben Freund, aber auch im Gedenken an unseren jungen Freund Max, den wir schmerzlich vermissen. Hoffen wir, dass auch im Himmel ein so guter Tropfen kredenzt wird.«
»Und vergessen wir auch nicht Cresseil, unseren Resistanceveteranen, der sich der Armee angeschlossen hat, um die deutschen Invasoren aus unserem Land zu jagen«, fügte der Baron hinzu. »Wir ehren einen tapferen Sohn Frankreichs und tun dies mit diesem Wein auf gebührende Weise.«
Gutes Timing, dachte Bruno, als alle miteinander anstießen und den Saint-Estèphe genossen. Selbst Jacqueline trank mit.
»Lass mehr von deinen Winzerplänen hören«, sagte der Baron. »Juliens Wein war ja bisher nicht besonders. Glaubst du, einen besseren Tropfen zustande bringen zu können?«
»Das kann Hubert bestimmt«, sagte Nathalie. »Der Boden ist gut und durchlässig, und manche von Juliens jüngeren Reben verheißen einiges. Wir sind zwar nicht so vermessen zu glauben, einen neuen Saint-Estèphe kreieren zu können, aber mit den besten Bergerac-Weinen werden wir schon noch mithalten, glaube ich zumindest. Jetzt werde ich mir aber erst mal das zu Gemüte führen, was für mich das Leckerste an der
bécasse
ist.«
Sie trennte den Kopf vom Rumpf, führte ihn am Schnabel in den Mund, biss ihn davon ab und legte den Schnabel auf den Teller zurück. Es knackte, als sie mit sichtlichem Vergnügen zu kauen anfing. Die anderen Franzosen am Tisch machten es ihr gleich. Jacqueline und Pamela starrten entsetzt in die Runde.
»Ich glaube, das kann ich nicht«, sagte Jacqueline, gab sich dann aber einen Ruck und probierte. Pamela tat es ihr nach.
»Schmeckt ja gar nicht schlecht«, staunte Pamela. »Ich dachte, es war nur Knochen.«
»Die französische Küche verschwendet nichts«, sagte der Baron. »Das ist ihr Geheimnis.«
Hubert kam wieder auf sein Lieblingsthema zu sprechen und schwärmte von der Vorstellung einer Mischung aus Cabernet Sauvignon, Merlot und Cabernet Franc, die, wie er glaubte, für das Land rund um die Domaine besonders gut geeignet seien. Jacqueline hörte aufmerksam zu. Sie hatte das Kinn auf die Hände gestützt und hing buchstäblich an Huberts Lippen. Nathalie beäugte sie kritisch. Oha, dachte Bruno, da braut sich was zusammen. Er warf einen Blick auf Pamela, die offenbar einen ähnlichen Eindruck gewonnen hatte wie er und ihm amüsiert zuzwinkerte.
»Wie wär's, Hubert, wenn wir uns jetzt den Beaune des Barons vornehmen würden?«, schlug Bruno vor.
»Ah ja, Entschuldigung.« Hubert nahm den zweiten Dekanter zur Hand und schenkte ein. Auch wenn es im Freundeskreis üblich war, von ein und demselben Teller sämtliche Gänge zu essen, so nahm man doch für jeden neuen Wein ein neues Glas.
»Was du da vorhast, Hubert, käme vielleicht auch für mich in Frage«, sagte der Baron. »Wie ihr wisst, habe ich ja selber ein Stück Land an der Domaine, für das sich übrigens jemand aus Paris interessiert. Er hat mir ein ordentliches Angebot gemacht, wollte aber mit seinen Plänen nicht herausrücken.«
»Wie viel hat er denn geboten?«, fragte Hubert betont beiläufig. »Du weißt, dass andere Parzellen dieser Lage für circa viertausend pro Hektar weggegangen sind.«
Der Baron blickte über den Tisch und schien unschlüssig, ob er antworten oder sich nicht doch lieber aufs Essen und Trinken konzentrieren sollte. Höflich, wie er war, gab er schließlich Auskunft. »Allein für die Gebäude hat er mehr geboten. Ich war selber ganz überrascht.«
»Und Sie haben ihn abblitzen lassen?«, fragte Nathalie.
»Nein, wir werden uns noch einmal treffen. Aber vorher will ich mich informieren, wie viel das Land wirklich wert ist und was es mich kosten würde, die Gebäude instand zu setzen.«
»Für die Häuser und das Land könntest du mindestens sechstausend verlangen«, meinte Hubert.
»Sein Angebot lag knapp darunter. Mal sehen, was draus wird.«
»Da ließe sich bestimmt sehr viel mehr rausschlagen«, sagte Jacqueline. »Hinter dem Interessenten aus Paris steckt doch wahrscheinlich dieser Bondino von Bondino Wines. Von Max weiß ich, dass er
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