Grand Cru
hier groß einsteigen und auch Cresseils Besitz haben will.«
Hubert warf ihr einen frostigen Blick zu. Es schien ihm nicht zu passen, dass sie auf den Amerikaner zu sprechen kam. Bruno kam ins Grübeln. Vielleicht erklärte Jacquelines Bemerkung, warum sie sich an Bondino herangemacht hatte, nämlich weil Max sie womöglich darum gebeten hatte, ihn auszuhorchen.
»Bondino? Sehr interessant«, sagte der Baron. Er leerte sein Glas und wälzte den letzten Schluck Beaune im Gaumen. »Danke für den Hinweis, Mademoiselle.« Er warf einen Blick auf die Uhr. »Nein, danke, Bruno, für mich nicht mehr. Und auf deinen Monbazillac verzichte ich auch lieber. Wer weiß, wo die Gendarmen heute Nacht patrouillieren?«
»Ich bin auch pappsatt und kriege keinen Tropfen mehr herunter«, sagte Nathalie. »Es war köstlich, Bruno, ein denkwürdiges Festmahl trotz allem, was geschehen ist.«
»Der Beaune war die Krönung.« Bruno schmunzelte. »Ist niemand mehr für ein Gläschen Monbazillac zu haben? Für Kaffee? Einen kleinen
digestif?«
Alle verneinten und schienen rundum zufrieden zu sein.
»Mir scheint, für unser Tal hängt jetzt vieles von dir ab, Hubert. Entweder wir knüpfen an unsere alte Winzertradition an, oder der Amerikaner tut's. Wir sollten weiter darüber im Gespräch bleiben«, sagte der Baron und schlenderte durch den Garten zur Feuerstelle, wo die beiden Hunde hungrig vor den noch glühenden Kohlen warteten.
27
Bruno räumte gerade das Geschirr auf die Ablage neben dem Spülbecken, als er hörte, wie Pamela vergeblich ihren
deux-chevaux
zu starten versuchte. Mit dem alten Handtuch, das er sich als Schürze hinter den Gürtel geklemmt hatte, ging er nach draußen.
»Der Wagen will mich ärgern«, sagte Pamela. »Normalerweise springt er gleich an, aber manchmal macht er Mucken.« Sie versuchte es erneut, doch der Starter gab nur noch ein klägliches Jaulen von sich. Offenbar war die Batterie fast leer.
»Mon dieu,
jetzt lässt er mich im Stich. Ich wusste doch, dass es allmählich Zeit für eine Neuanschaffung ist.«
»Ich fahre Sie nach Hause. Jacqueline müsste allerdings mit einem Platz im Stauraum vorliebnehmen«, sagte Bruno. »Ich habe ein Ladegerät und werde die Batterie über Nacht aufladen.«
Schnell schaffte Bruno etwas Ordnung in seinem Transporter und machte aus seiner Sporttasche einen provisorischen Sitz auf der Ladefläche. Dann rief er den diensthabenden Sergeanten der Gendarmerie an, um nachzufragen, ob und wo mit einer Verkehrskontrolle zu rechnen sei, denn er wollte es gar nicht erst darauf ankommen lassen, sich um einen Alkoholtest herumreden zu müssen. Sein alter Freund Jules nahm den Hörer ab und gab mit schläfriger Stimme Entwarnung.
»Es war toll bei Ihnen, Bruno. Ich habe selten so gut gegessen«, sagte Jacqueline.
»Und diese Weine waren einfach göttlich«, fügte Pamela hinzu.
»Ja, schade, dass man sich so etwas nicht öfter leisten kann«, meinte er.
Jacqueline wollte vor der
Bar des Amateurs
abgesetzt werden, weil sie dort, wie sie sagte, noch mit jemandem auf einen Gutenachttrunk verabredet sei. Mit skeptisch zusammengekniffenen Brauen bremste Bruno ab und ließ sie aussteigen. Sie bedankte sich noch einmal und verschwand in der Bar. Er fuhr weiter.
»Ich werde Ihnen Ihr Auto morgen früh bringen«, sagte er zu Pamela, »und vielleicht könnten Sie mich dann zu mir zurückfahren.«
»Aber vorher trinken wir Kaffee. So gegen acht?«
»Gut. Ich bringe frische Croissants mit.«
Sie schwiegen eine Weile. Als sie über die Brücke fuhren, fragte Pamela unvermittelt: »Kann es sein, dass Sie ein Auge auf das Mädchen geworfen haben?« Ihr Lachen klang wenig überzeugend. »Ich frage, weil sie ja jetzt bei mir wohnt. Vielleicht sollte ich mich darauf einstellen, dass Sie gelegentlich mit ihrem kleinen Lieferwagen zu einem romantischen Stelldichein vorbeikommen.«
»Bestimmt nicht«, entgegnete er. »Erstens ist sie mir zu jung und zweitens ein bisschen zu berechnend. Mit dieser Kombination kann ich nichts anfangen. Mich hat gewundert, dass sie heute überhaupt mitgekommen ist. Ich dachte, nach Feiern würde ihr nicht zumute sein. Wie kommt sie eigentlich gleich nach Hause?«
»Ich schätze, sie hat ihr Fahrrad in der
cave
stehenlassen, denn sie ist ja mit Hubert und Nathalie hergekommen.«
»Ist Ihnen aufgefallen, wie sie Hubert mit ihren Weinkenntnissen zu beeindrucken versucht hat?«
»Wem wäre das nicht aufgefallen?«, sagte Pamela lachend. »Nathalie hätte ihr
Weitere Kostenlose Bücher