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Grand Cru

Grand Cru

Titel: Grand Cru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walker
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der sich anschickte, die Zukunft von Saint-Denis entscheidend mitzubestimmen, in volltrunkenem Zustand von der Polizei aufgegriffen und in sein Hotel geschafft worden war. Und die Geschichte würde in allen Farben ausgemalt werden und das Verhältnis der Stadt zu Bondino auf Dauer prägen.
    Bruno wendete den Transporter und fuhr mit Bondino, der inzwischen zu schnarchen angefangen hatte, zu sich nach Hause, wo noch der Berg Geschirr zu spülen war und Gigi geduldig vor der kalt gewordenen Feuerstelle kauerte, als wartete er immer noch auf seinen Anteil am Abendessen.

28
    Bruno erwachte, als sich am östlichen Horizont zwei Streifen aus hellem Pink breitmachten und der Hahn zu krähen anfing. Er blieb noch eine Weile liegen und dachte, wie anders es sich doch anfühlte, allein und nicht neben Isabelle aufzuwachen. Als ihm dann Pamela in den Sinn kam, machte er schnell die Augen auf, um sich nur ja keiner Schwäche hinzugeben. Immerhin war einiges zu tun an diesem neuen Tag. Er musste Alphonse einen Besuch abstatten und einen Blick auf die Reifen von dessen Lastwagen werfen. Und herausfinden, wo Cresseils Hund abgeblieben war.
    Bruno machte seine Morgengymnastik, duschte, schlüpfte in seine Uniform und ging nach draußen, um seinen Hund zu füttern. Seltsam, dass der nicht schon zur Stelle war, um ihn zu begrüßen. Bruno ging hinüber zum Hühnerstall und schaute sich um, eilte dann auf die Zufahrt hinaus, doch Gigi war nirgends zu sehen und hörte auch nicht auf seine Rufe. Bruno lief hinters Haus, über den Hof und in die Scheune, wo er ihn schließlich fand. Gigi saß erwartungsvoll vor dem fremden Gast, der unter einer alten Decke im Liegestuhl hing, noch genau so, wie Bruno ihn in der Nacht abgelegt hatte. Weil damit zu rechnen gewesen war, dass er sich wieder übergeben musste - und dazu war es offenbar gekommen -, hatte Bruno ihn hierher in die Scheune geschafft und nicht ins Gästezimmer. Gigi blickte auf, kam auf sein Herrchen zu, um sich streicheln zu lassen, und kehrte dann wieder ans Fußende des Liegestuhls zurück.
    Bruno fütterte die Hühner, sammelte Eier für Pamela ein und ging in die Küche, um Kaffeewasser aufzusetzen und die Nachrichten von Radio Périgord zu hören. Danach klemmte er Pamelas Batterie vom Ladegerät, baute sie wieder ins Auto ein und startete den Motor - der sprang auf Anhieb an. Inzwischen war der Kaffee fertig. Bruno stellte die Kanne und zwei Tassen auf ein Tablett und holte sich aus dem Badezimmer einen großen Schwamm, den er unter dem Wasserhahn im Hof anfeuchtete und über dem Gesicht des schlafenden jungen Mannes ausdrückte. Es dauerte eine Weile, ehe Bondino reagierte. Er richtete sich auf, wischte das Wasser aus den Augen und starrte sichtlich verdutzt auf die Silhouette des Polizisten vor dem strahlend hellen Ausschnitt des Scheunentors.
    »Kaffee«, sagte Bruno und reichte ihm die gefüllte Tasse.
    »Äh, guten Morgen.« Bondino schaute sich um. Als er den Hund sah, beugte er sich lächelnd zu ihm, ließ sich beschnuppern und tätschelte ihm den Kopf, woran Gigi offenbar Gefallen fand, denn er wedelte so heftig mit dem Schwanz, dass sein gesamtes Hinterteil in Bewegung geriet. Interessant, dachte Bruno. Gigi hatte ein sicheres Gespür für die charakterlichen Eigenschaften von Zweibeinern. Wenn er den Amerikaner mochte, hatte der womöglich doch auch seine angenehmen und freundlichen Seiten.
    »Sie haben mich in der Nacht hierhergebracht?«, fragte Bondino.
    Bruno nickte. »Sie waren betrunken.«
    »Tut mir leid.«
    Bruno zuckte mit den Achseln. »Entschuldigen Sie sich bei der Frau, mit der Sie zusammen waren.«
    Bondino griff sich an die Stirn, stöhnte und trank einen Schluck Kaffee.
    »Und mich haben Sie auch zu schlagen versucht«, setzte Bruno nach. Bondino schloss die Augen und ließ die Schultern hängen. Von Gigi an den Beinen gestupst, erinnerte sich Bruno, dass er seinem Hund noch nichts zu fressen gegeben hatte. Er ging ins Haus, holte das Versäumte nach und trank seine Tasse aus. Als er in die Scheune zurückkehrte, sah er, wie Bondino einen silbernen Flachmann über seinen Kaffee ausschüttete, ein paar letzte Tropfen.
    »Hair
of the
dog«,
murmelte Bondino auf Englisch. Bruno nickte. Ein Schluck gegen den Kater. Er kannte die Redewendung von britischen Soldaten, die er in Bosnien getroffen hatte.
    »Netter Kerl«, sagte Bondino mit Blick auf Gigi und zeigte ein Lächeln, das Bruno bei allen Vorbehalten, die er dem jungen Mann gegenüber hatte,

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