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Grand Cru

Grand Cru

Titel: Grand Cru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walker
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durchaus sympathisch fand. Und Gigi mochte ihn. Vielleicht würde er, Bruno, sein ablehnendes Urteil revidieren müssen.
    »Ich bringe Sie zu Ihrem Hotel«, sagte er. »Aber zuerst machen Sie bitte das da weg.« Er deutete auf das Erbrochene neben dem Liegestuhl, half Bondino auf die Beine und zeigte ihm, wo Eimer und Putzlappen zu finden waren. Als er mit Pamelas Citroën am Scheunentor vorfuhr, hatte Bondino tatsächlich saubergemacht.
    Kaum saß der Amerikaner im Auto, stank es darin wie in einer Brauerei. Sie fuhren zum Hotel, ohne ein einziges Wort miteinander zu wechseln. Das schmiedeeiserne Tor vor der Zufahrt zum Manoir stand offen. Bruno wandte sich an Bondino.
    »Keine Schlägereien mehr, verstanden? Sonst sperre ich Sie ein. Und trinken Sie nicht so viel.« Er ließ den Amerikaner aussteigen und fuhr in die Stadt. So früh am Tag waren die Straßen noch leer. Er stellte den Wagen auf dem Parkplatz der
mairie
ab und ging in Fauquets Café, wo es nach warmem Brot und Kaffee duftete. Aus der Espressomaschine zischte Dampf in eine große Kanne Milch. Er warf einen kurzen Blick auf die Titelseite der
Sud-Ouest,
grüßte Fauquet, dessen Frau und die kleine Hélène, die jetzt zur Schule musste, schüttelte den Männern von den Stadtwerken die Hand, die in ihren knallgelben Arbeitsanzügen ihren Morgenkaffee schlürften, und nickte Mister Simpson, dem pensionierten Engländer, freundlich zu, der es sich wie viele Einheimische zur Gewohnheit gemacht hatte, ein kleines Glas Rotwein zum Frühstück zu trinken. Dann ließ er sich von Fauquet Croissants und ein Baguette einpacken, kehrte zum Auto zurück und fuhr am Supermarkt vorbei entlang der Landstraße nach Saint-Cyprien.

    Pamela war vor ihrem Haus. In Reithose und weißer Bluse wässerte sie gerade ihre Geranien, als er in den Hof einbog. Er nahm seine Schirmmütze ab und ging lächelnd und mit ausgebreiteten Armen auf sie zu, in der einen Hand das Baguette, in der anderen den Beutel Croissants samt den frischen Eiern. Diesmal passte er auf, machte nun aber mit seinen
bisous
einen so weiten Umweg, dass er fast ihre Ohrläppchen streifte. »Sehr freundlich von Ihnen, Bruno«, sagte sie und führte ihn in die Küche, wo sie auf einem kleinen Tisch für zwei gedeckt hatte, für jeden frisch gepflückte Beeren, Cornflakes mit Yoghurt in Schälchen und einen großen Krug Orangensaft. Er legte das Brot und die Croissants dazu, worauf sie an dem Tisch herumrückte und geschäftig tat, obwohl doch schon alles vorbereitet war. So verhält sich eine Frau, die nicht will, dass man ihr Avancen macht, dachte Bruno und fragte sich, ob sie mit dem Beinahekuss womöglich ein Problem hatte. Er jedenfalls, so befand er mit Blick in ihre schönen Augen, hatte keines damit. Er nahm Platz und hütete sich, darüber zu scherzen, beim Frühstück einer Frau gegenüberzusitzen, mit der er nicht die Nacht verbracht hatte.
    »Nachdem ich Sie letzte Nacht hier abgesetzt hatte, gab es noch ein regelrechtes Drama«, berichtete er und erzählte Pamela von dem Streit und der Ohrfeige, Jacquelines Behauptung, dass nichts gewesen sei, und der versuchten Handgreiflichkeit des volltrunkenen Amerikaners. Pamelas Augen weiteten sich, als er Bondinos Malheur erwähnte und ausführte, dass das Hotel geschlossen war und er, um einen Skandal zu verhindern, den jungen Mann in seiner Scheune hatte schlafen lassen, zugedeckt mit einer Decke von Gigi.
    »Wie ging es dem Mädchen?«, fragte Pamela. »Kurz bevor Sie gekommen sind, ist sie zur Arbeit gefahren.«
    »Bondino war zu betrunken, um ihr irgendwas anhaben zu können. Vielleicht hat sie ein bisschen zu heftig geflirtet. Ich sollte mich wohl mal in der Bar umhören. Es passt mir nicht, auf einen solchen Trunkenbold aufzupassen. Er hatte einen Flachmann dabei. Womöglich hat er sich damit die Kante gegeben.«
    »Vielleicht.«
    »Kommen wir zu den guten Nachrichten.« Er tauchte seinen Dessertlöffel in die Beeren. »Ihre Batterie ist geladen, und der Wagen startet wieder auf Anhieb. Übrigens, gestern Abend bei Tisch war doch von Grundstücks- und Immobilienpreisen die Rede, Sie erinnern sich. Mir ist da einiges nicht ganz klar. Angenommen, Sie kaufen ein altes Haus samt Scheune und einigen Hektar Land für hunderttausend und stecken weitere vierzigtausend für Instandsetzung und Erschließung hinein. Wenn Sie diesen Besitz als
gîte
nutzen, wie viel würde für Sie dabei herausspringen?«
    »Zunächst einmal müsste ich wohl weitere zwanzigtausend

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