Grandios gescheitert
wie die Entwickler sich von der repräsentativen Gestaltung der großen Ozeandampfer inspirieren ließen.
Das Mehr an Platz führte zu ausgesprochen eindrucksvollen Ensembles. Die enorme Breite des Zugmaterials ermöglichte regelrechte rollende Hotelzüge mit zweistöckigen Waggons. Ein Schlafwagen dritter Klasse unterscheidet sich angesichts enger und einfacher Schlafkabinen nur durch die Zahl der Abteile und die Länge des Korridors von den gewohnten Schlafwagen, außerdem sind die Abteile links und rechts eines Mittelgangs angeordnet. Der Entwurf für einen Schlafwagen erster Klasse jedoch zeigt einen gediegenen Empfangsraum in Karo- und Rautenmustern auf Brokatstoffen und Holzpaneelen. Der betuchte Reisende tritt rechter Hand zur Pförtnerloge, dann geht es über dicke Teppiche zur Treppe in den ersten Stock. Dort liegen an einer Seite des langen Gangs die Abteile, die wie kleine Hotelzimmer wirken: kleiner Vorraum mit Kleiderschrank und Tür zum kleinen Badezimmer. Für das eigentliche Abteil wurden Entwürfe verschiedener Stile vorgelegt – mal heller Schleiflack mit floralen Ornamenten, mal Wandbespannung in Aubergine aus geblümter Seide, mal polierte Mahagonitäfelung. Das stets vorhandene breite Kanapee kann zum Bett umgebaut werden, gegenüber lädt ein Fauteuil zum Blick auf die vorbeiziehenden Landschaften ein. Eine Tür führt ins Badezimmer, das mit Toilette und Dusche ausgestattet ist. Die Herren vertreiben sich die Zeit ansonsten beim Spiel auf dem Schachbretttisch, die Damen am Frisiertisch, mit denen jedes Abteil ausgestattet ist.
Eine Schuhklappe zum Gang erleichtert dem Nachtschaffner, die Schuhe der Passagiere zum Putzen einzusammeln. Am Ende des Korridors befindet sich der Frühstücksraum mit großen Panoramafenstern. Im Erdgeschoss-Foyer bietet eine Sitzgruppe die Möglichkeit, vor den mehr oder weniger nackten Tänzerinnen der Wandbemalung auf Mitreisende zu warten, um gemeinsam zum Abendessen in Richtung Speisewagen zu flanieren, der besonders eindrucksvoll mit den Raummöglichkeiten der Breitspurbahnzüge umgeht.
Ein detaillierter Entwurf eines Speisewagens des Reichsbahnzentralamtes München aus dem Jahr 1943 beispielsweise zeigt drei Reihen Tische mit jeweils vier Plätzen, zwischen denen zwei großzügige Gänge hindurchführen. In vier Meter Höhe sorgen Kronleuchter für eine festliche Beleuchtung, wenn hinter den deckenhohen, zweigeteilten Fenstern die Sonne untergegangen ist. In grüner Schleiflackausführung sollten die Fenster goldgelbe Vorhänge erhalten, dazu passend gemusterte Teppiche zwischen den Tischen. Für die Wandpaneele waren Malereien mit touristischen Motiven vorgesehen. Die Naturholzausführung mit Holzintarsien kam bedeutend ruhiger, aber kaum weniger exklusiv daher. Auf den normalspurgewohnten Reisenden wirkt aber vor allem die schiere Größe beeindruckend: 30 Meter lang, sechs Meter breit, 45 Tische in 15 Reihen hintereinander, mithin Platz für 180 Speisende. An den beiden Stirnseiten des Waggons sind Emporen vorgesehen, auf denen es sich ein bisschen exklusiver speisen oder loungen ließe. Ebenfalls im oberen Stockwerk sollte die Küche untergebracht sein, was die Geruchsbelästigung für die Passagiere in Grenzen gehalten hätte. Der Waggon sollte mit je einem Lasten-, Speisen- und Geschirraufzug nach unten ausgestattet werden, wo die Kellner arbeiten würden.
Die eigentlichen Personenwagen besaßen ebenfalls beeindruckende Ausmaße: sechs Meter breit, 42 Meter lang, fast sieben Meter hoch. Insgesamt boten sie das Achtfache an Platz, verglichen mit herkömmlichen Normalspurwaggons, zwischen vierhundert und fünfhundert Passagiere sollten dort in Sechserabteilen Platz finden. Im Inneren waren die zweistöckigen Waggons jedoch mit Abteilen konventioneller Größe kleinteilig geplant – die Abteile verteilten sich auf zwei Stockwerke und waren zu beiden Seiten eines Mittelgangs angeordnet. Großzügige Abmessungen erhielten dagegen die Gesellschaftsräume, vorgesehen waren eine Bar, ein Aufenthaltsraum mit bequemen Sitzgruppen sowie ein Leseraum. Die Innenentwürfe lieferte der Architekt Theodor Dierksmeier, der auch die beiden neuen Bahnhöfe für Berlin plante. Auf seiner Zeichnung der Bar stechen die großen, bequemen Sessel um Rauchglastische hervor, auf denen Cognacgläser stehen. An der Bar unterhalten sich der Barmann und ein eleganter Gast. Die Holzpaneele hinter breiten Polsterbänken im Leseraum des ersten Waggonstocks zieren Landkarten. In
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