Granger Ann - Varady - 03
Waschraum war nur auf eigene
Gefahr benutzbar. Ich nannte ihn die »Kammer des Schreckens«.
Um fair zu sein, auch Ganesh hatte mit Onkel Hari wegen des Zustands des Waschraums geschimpft, seit er bei
ihm eingezogen war. Doch wann immer er Hari angesprochen hatte, die Antwort hatte stets gleich gelautet: Hari war
kein reicher Mann, der es sich leisten konnte, Dinge einfach
so gegen neue zu ersetzen. »Außerdem«, hatte er erklärt,
»sieh dir doch nur diese wunderbare Kloschüssel an! Wo
sollte ich so eine Antiquität wohl wieder herbekommen?«
Er versprach üblicherweise, einen neuen Wasserhahn zu
besorgen, doch selbst das wurde immer wieder aufs Neue
verschoben.
An diesem Morgen jedenfalls steuerte ich mit je einem
Becher Kaffee in der Hand die Ladentheke an und sagte unwirsch: »Du könntest ja wenigstens diesen tropfenden Wasserhahn reparieren, Ganesh, während Onkel Hari im Urlaub
ist.«
Bei meinen Worten hellte sich Ganeshs düstere Miene
sichtlich auf. Er kicherte, trommelte mit den Knöcheln auf
die Theke, und gerade als ich dachte, jetzt sei er völlig übergeschnappt, rückte er mit seinem Geheimnis heraus.
»Ich kann noch etwas viel Besseres, Fran. Ich werde das
ganze Ding renovieren lassen, während Onkel Hari nicht da
ist. Raus mit dem alten Mist und alles brandneu!«
Er strahlte mich an. Ich stand da, verschüttete vor
Schreck fast meinen Kaffee und starrte ihn mit offenem
Mund an. Ich hatte nur an einen neuen Wasserhahn gedacht. Ganesh musste eine Ausgabe von Homes and Gardens aus dem Regal genommen und darin gelesen haben. Offensichtlich waren ihm die schönen Bilder zu Kopf gestiegen.
»Hari wird sicher nicht damit einverstanden sein!«, sagte
ich.
»Onkel Hari weiß nichts davon, nicht bevor er zurückkommt, und dann ist es bereits zu spät, ein Fait accompli, wie man so etwas wohl nennt.«
»Man nennt so etwas einen hysterischen Anfall«, entgegnete ich. »Das wird Onkel Hari nämlich bekommen, wenn
er die Rechnung sieht.«
Ganesh nahm mir einen Becher Kaffee aus der Hand und
sah mich nicht mehr ganz so selbstgefällig an. »Onkel Hari hat
mir die Leitung des Geschäfts überlassen, richtig?«, sagte er
halsstarrig. »Ich bin befugt, Schecks zu unterschreiben, richtig? Also werde ich den Anbau renovieren lassen, und er kann
überhaupt nichts dagegen tun, auch wenn es ihm nicht passt.
Was soll er denn machen? Mich rauswerfen? Ich gehöre zur
Familie, er kann mich nicht rauswerfen. Außerdem kenne ich
den alten Geizkragen. Er sträubt sich ständig, für irgendetwas
Geld auszugeben, aber wenn es erst einmal ausgegeben ist,
dann findet er sich damit ab. Wenn er erst sieht, wie schön es
geworden ist und dass die Kosten im Rahmen geblieben sind,
dann kommt er darüber hinweg. Es wertet das Haus auf. Das
ist etwas Gutes. Und wenn er immer noch zetert, dann sage
ich ihm einfach, der alte Waschraum hätte gegen die Vorschriften über Sauberkeit und Sicherheit am Arbeitsplatz verstoßen, was wahrscheinlich nicht einmal gelogen ist.«
Ich spielte den Advocatus Diaboli. Irgendjemand musste
es tun. Ganesh war einfach zu überzeugt von seiner Idee.
»Es wird ein Vermögen kosten!«, sagte ich.
»Nein, wird es nicht. Ich habe einen vernünftigen Kostenvoranschlag. Absolut preiswert. Der Typ kann am Freitag
mit der Arbeit anfangen und ist Ende nächster Woche fertig,
ganz bestimmt.«
Ich setzte mich auf den Hocker hinter der Theke und
nippte an meinem Kaffee. Alles klang irgendwie viel zu einfach. »Wieso ist es so billig?«, fragte ich. »Sämtliche Armaturen müssen rausgerissen und neue eingebaut werden. Der
Ventilator hat meines Wissens noch nie funktioniert und
muss ebenfalls ersetzt werden. Die Leitungen sind alt. Die
Wände müssen gestrichen werden, die Fliesen neu verlegt …«
»Alles berücksichtigt«, sagte Ganesh unbekümmert. »Und
er übernimmt die Entsorgung der alten Armaturen und des
restlichen Schutts.«
»Wer?«, fragte ich misstrauisch.
Ganeshs Aura der Zuversicht schwand ein klein wenig.
»Hitch«, sagte er.
Ich prustete in meinen Kaffee. »Hitch? Bist du wahnsinnig?«
»Hitch leistet gute Arbeit«, entgegnete Ganesh halsstarrig.
»Und er ist preiswert.«
»Er ist nur deshalb so preiswert«, entgegnete ich, »weil
das ganze Material, das er verwendet, von irgendeinem
Bauhof geklaut wurde.«
»Nein, wurde es nicht! Oder jedenfalls diesmal nicht. Das
war das Erste, was ich mit ihm abgeklärt habe. Glaubst du,
ich bin blöde? Es ist alles vollkommen legal. Er
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