Granger Ann - Varady - 03
Onkel Haris Laden. Er
war zu mir gekommen, um mich zu bitten, den Film für ihn
zu holen. Als er von dem Messerstecher bedroht worden
war, hatte er ihm dies verraten? Und falls ja, war Coverdale,
nachdem der Messerstecher erfahren hatte, was er wissen
wollte, entbehrlich geworden? Nicht nur entbehrlich, sondern zu gefährlich, um ihn am Leben zu lassen. Es war also
kein Unfall gewesen, ganz und gar nicht. Kein von Panik gesteuerter Angriff. Coverdale war vorsätzlich und kaltblütig
von einem gefühllosen Killer ermordet worden, und jedes
Wissen über den blonden Mann auf dem Foto war mit ihm
gestorben.
Das erklärte auch, warum der Kerl als Nächstes in den
Laden eingebrochen war. Er hatte dort nach dem Film gesucht. Nicht, weil er auf einen Glücksfall gehofft hatte, sondern weil Coverdale ihm verraten hatte, wo der Film versteckt war. Der Mann hatte gewusst, wo er suchen musste.
Er musste einen hässlichen Schock erlitten haben, als er
feststellte, dass der Waschraum eine Baustelle und die alten
Armaturen herausgerissen waren. Coverdale hatte nichts
davon gewusst. Wahrscheinlich hatte Coverdale den alten
Waschraum beschrieben sowie die genaue Stelle, wo er den
Umschlag mit dem Film versteckt hatte. Der Einbrecher
hatte rasch kapiert, dass jemand den Umschlag entdeckt haben musste, als das alte Waschbecken herausgerissen worden war. Was er nicht wusste, nicht wissen konnte, war die
Antwort auf die Frage, was der Finder mit dem Umschlag
gemacht hatte. Hatte er oder sie ihn einfach in den Papierkorb geworfen? Oder ihn behalten? Der Einbrecher war auf
dem Weg nach oben in die Wohnung gewesen, um dort zu
suchen, als er Ganesh auf der Treppe begegnet war. Ich fragte mich, wie lange Ganesh bewusstlos gewesen war. Lange
genug, damit der Einbrecher seine Suche beenden konnte?
Haris Wohnung war eine Müllhalde. Die Suche nach dem
Film wäre der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen
gleichgekommen. Andererseits war es einfacher, nach etwas
zu suchen, von dem man wusste, wie es aussah, als wenn
man überhaupt keine Ahnung hatte, wo man anfangen sollte, wenn Sie verstehen, was ich meine.
Nachdem ich zu diesen Schlussfolgerungen gelangt war,
konnte ich überhaupt nicht mehr einschlafen. Ich blickte
auf meinen Wecker und sah, dass es bereits nach fünf war.
In einer Stunde würde Ganesh die morgendlichen Zeitungslieferungen entgegennehmen – falls er bereits wach war. Ich
stand auf, machte mir einen Tee, duschte heiß, zog mich an
und machte mich auf den Weg zum Laden.
Es ist immer wieder überraschend, wie viele Menschen
morgens um sechs Uhr schon unterwegs sind. Auf den Straßen herrschte Betrieb, und der Berufsverkehr nahm bereits
seinen Anfang. Leute gingen zur Arbeit, bildeten Schlangen an
den Bushaltestellen und eilten die Treppen zu den U-BahnStationen hinunter.
Ganesh war bereits auf. Er wirkte erholt und ausgeruht, als
er die gebundenen Zeitungsstapel nach drinnen trug, und er
war überrascht, mich zu sehen.
»Ich hab dir doch gesagt, ich käme früher«, sagte ich.
»Dann kannst du mir gleich helfen, die Zeitungen nach
drinnen zu schaffen.«
Ich hasse es, mit frisch gedruckten Zeitungen zu hantieren. Man macht sich schmutzig. Deswegen konzentrierte ich
mich auf die Magazine und Flugblätter, weil die Farbe nicht
so leicht abging und einem die Hände schwärzte. Während
wir gemeinsam arbeiteten, erzählte ich Ganesh von meiner
Begegnung mit Harford am vergangenen Abend und von
meinen Gedanken zu Coverdales Tod. Ich erzählte ihm
nicht, dass meiner Meinung nach er allein die ganze Schuld
an unserer Verwicklung in die Geschichte trug. Das sparte
ich mir für später auf.
Ganesh stimmte mir zu. »Mehr noch«, sagte er, »ich habe
über die falsche Alarmanlage nachgedacht. Das ist ganz typisch für Onkel Hari und sehr kurzsichtig. Geiz an der falschen Stelle, das ist es. Ich denke, ich werde eine richtige
Alarmanlage einbauen lassen, noch bevor er wieder aus Indien zurück ist. Zu seinem eigenen Besten und seinem
Schutz, ganz zu schweigen von meinem.«
Es war kein schlechter Gedanke, doch eine neue Alarmanlage und ein neuer Waschraum? Haris Profit lief Gefahr
dahinzuschmelzen. Fast empfand ich Mitleid für den alten
Jungen, der irgendwo in Indien hart verdienten Urlaub
machte, in seligem Unwissen dessen, was sein Neffe alles anstellte.
Als wir mit den Zeitungen fertig waren, wusch ich mir in
dem hübschen neuen Waschraum die Hände und ging dann
die Straße hinunter zu der
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