Granger Ann - Varady - 03
nicht wieder geschehen.
Wir behalten Sie im Auge, Fran.«
Mir blieb wohl nichts anderes übrig, als ihn beim Wort
zu nehmen. Ich spielte mit meinem Weinglas. »Warum hat
der Typ, der Coverdale zu meiner Wohnung verfolgt hat,
den armen Kerl umgebracht? Das war doch dumm, falls er
den Film zurück will. Ein Toter kann ihm schließlich nicht
verraten, wo er ihn findet.«
»Ich schätze, er ist in Panik geraten. Oder er hat Coverdale
mit dem Messer bedroht, und Coverdale hat sich zur Wehr gesetzt. Es kam zu einem Kampf, und der tödliche Stich war ein
Unfall.« Harford zögerte. »Ich habe mir Ihre Wohnung angesehen, als ich vor ein paar Tagen bei Ihnen war, und ich schätze, sie ist ziemlich sicher. Ich glaube nicht, dass irgendjemand
durch das winzige Fenster einbrechen könnte … trotzdem, lassen Sie es nachts lieber nicht offen stehen. Ich weiß, um diese
Jahreszeit würden Sie es sowieso schließen. Wenn es überhaupt einen schwachen Punkt gibt, dann die fehlenden Gitterstäbe vor dem Fenster nach vorn. Ich habe gesehen, dass Sie
Sicherheitsschlösser und eine Türkette haben, und das ist sehr
gut, aber warum sprechen Sie nicht mit Ihrer Vermieterin,
damit sie Ihnen irgendwann das Fenster vergittert?«
Ich hatte meine Wohnung eigentlich immer für relativ
einbruchsicher gehalten, doch seine Worte machten mich
allmählich nervös.
»Sie scheinen ja recht sicher zu sein, dass er noch mal
wiederkommt.«
»Sein Auftraggeber wird darauf bestehen. Er ist ein
Mann, der sich große Sorgen macht.«
»Aber ich darf nicht wissen, wer unser sorgenvoller Unbekannter ist?«
Harford sah mich ernst an und schüttelte den Kopf.
»Nein, leider nicht, Fran. Im Ernst, jegliche Unterhaltung
über diese Fotos ist untersagt.« Ohne Vorwarnung wechselte er das Thema. »Sie und Ganesh Patel kennen sich schon
eine geraume Weile, jedenfalls hat Wayne Parry das gesagt.
Ist das richtig?«
Wayne? Parrys Vorname war Wayne ? Hatte seine Mutter
etwa Western gemocht? Und wie sehr redeten sich die Bullen auf der Wache den Mund über mich fusselig? »Ganesh
ist mein Freund«, sagte ich kühl.
»Nur ein Freund?« Ich bemerkte seinen Blick, und mir
dämmerte, wie diese Frage gemeint war.
Das machte mich wütend. Ich beugte mich vor. »Hören
Sie, für mich bedeutet das eine ganze Menge, wenn ich sage,
jemand ist mein Freund. Ich benutze dieses Wort nicht
leichtfertig. Ein Freund ist jemand, der da ist, wenn man ihn
braucht. Man muss sich einem Freund niemals erklären. Man
kann mit einem Freund eine heftige Meinungsverschiedenheit haben, und wenn sich der Staub gesetzt hat, kommt man
darin überein, dass man in dieser Sache verschiedene Standpunkte hat, und bleibt trotzdem befreundet. Ich weiß nicht,
aus welchen Verhältnissen Sie stammen, aber ich wette, es
waren nicht die schlechtesten. Sie haben wahrscheinlich eine
ganze Menge Leute, die Sie Freunde nennen. Aber Freunde
sind spärlich gesät, wenn man unten ist und ausgestoßen. Ich
frage mich, ob Sie jemals in eine Lage kommen, wo Sie Ihre
Freunde dringend brauchen, so wie es mir bereits passiert ist,
und wenn ja, ob Ihre Freunde dann noch für Sie da sind. Ganesh war immer da, wenn ich ihn gebraucht habe.«
Er hatte den Blick gesenkt und wich meinem Blick aus,
während ich redete. Stattdessen starrte er stumm auf seine
Hände, die auf der Tischdecke lagen. Als ich geendet hatte,
wurde mir bewusst, dass etwas anders geworden war. Die
Atmosphäre zwischen uns war wieder kalt, beinahe eisig. Er
blickte auf, und alle Freundlichkeit war aus seinem Gesicht
verschwunden. Er war wieder der arrogante, kalte Bulle von
früher. Er winkte dem Kellner.
»Sie möchten sicher nach Hause«, sagte er.
Was von dem, was ich gesagt hatte, hatte ihn so verärgert?
Ich musste einen wunden Punkt berührt haben, einen Nerv.
Mir fiel ein, was er über die fehlende Unterstützung durch die
Bevölkerung gesagt hatte, und ich fragte mich, ob er das Gefühl hatte, dass man von allen Seiten auf ihn losging. Ich
konnte mir nicht vorstellen, dass er gut mit den anderen Beamten vom CID zurechtkam, und was die uniformierten
Streifenbeamten anging, so schrieben sie wahrscheinlich eifrig Spottverse gegen ihn auf die Toilettenwände. Mit meinen
letzten Worten hatte ich ihm deutlich gemacht, dass ich ihn
nicht zu meinen Freunden zählte. Dass er nicht in meine
Welt gehörte. Nun ja, wenn er ein Außenseiter war, dann war
das schließlich nicht mein Problem. Aber mich zu beschuldigen, ich hätte ein
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