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Granger Ann - Varady - 03

Titel: Granger Ann - Varady - 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die wahren Bilder seiner Furcht
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schwang unüberhörbar Bitterkeit mit.
»Ich fand deine Mutter eigentlich ganz nett. Ein wenig
nervig«, versuchte ich Tig von ihrer Erinnerung an die
schreckliche Erfahrung abzulenken.
»Und meinen Dad?«
»Na ja, er war mir nicht so sympathisch.« Ich konnte
nicht mehr sagen, ohne unhöflich zu werden, doch es war
auch nicht nötig. Tig sah mich an, und ich wusste, dass sie
genau verstanden hatte. Sie verzichtete auf einen Kommentar zu meiner Antwort.
»Du kannst jederzeit nach Hause zurück«, sagte ich.
»Du hast ihnen erzählt, dass ich drogenabhängig gewesen
bin?«
»Habe ich. Aber nicht, dass du auf den Strich gegangen
bist. Ich hatte den Eindruck, das hätten sie nicht ertragen,
und offen gestanden sehe ich auch keinen Grund, warum sie
das erfahren sollten.«
Tig fütterte Bonnie ein Stück von einem Biskuit, hielt mir
ein weiteres hin, das ich nahm, und aß das letzte selbst.
»Glaubst du, dass ich das Richtige tue, Fran? Ich weiß, du
hast es schon gesagt, aber da hast du meine Eltern noch
nicht gekannt. Das ist einer der Gründe, aus denen ich
wollte, dass du mit ihnen redest. Glaubst du immer noch,
dass es das Richtige ist, zu ihnen nach Hause zurückzukehren?«
»Ich glaube immer noch, dass es das Richtige ist, aber ich
sehe, dass es nicht leicht werden wird. Ihr müsst Geduld
miteinander haben, jeder von euch.«
Tig wischte sich die Biskuitkrümel von ihrem Hemd.
»Haben sie irgendetwas Bestimmtes gesagt? Du weißt schon,
Bedingungen gestellt oder so?«
Mir wurde bewusst, dass die Quayles tatsächlich keinerlei
Bedingungen gestellt hatten. Vielleicht hatten sie nicht daran gedacht, oder vielleicht waren sie doch nicht ganz so
engstirnig, wie ich geglaubt hatte. »Sie haben einen gewissen
Dr. Wilson erwähnt.«
»Den alten Knaben? Er praktiziert immer noch? Er muss
schon über achtzig sein!«
»Ich habe sie vorgewarnt, dass du abgenommen hast –
und ich habe ihnen erzählt, dass du überfallen wurdest,
während du auf der Straße gelebt hast. Mehr habe ich nicht
erzählt, keine Einzelheiten.«
Tig sah zur Seite. »Ja, sicher«, murmelte sie. Und einen
Augenblick später fügte sie hinzu: »Dann fahre ich also
morgen nach Hause.«
Ich war so verblüfft, dass sie es merkte, und sie grinste
schief. »Man soll das Eisen schmieden, solange es heiß ist, so
heißt es doch immer, nicht wahr? Ich möchte nicht zu lange
über meine Entscheidung nachdenken, sonst rede ich mir
die Sache aus. Geht es in Ordnung, wenn ich Bonnie bei dir
lasse?«
»Hör zu«, sagte ich, »wir müssen zuerst bei dir zu Hause
anrufen und Bescheid sagen. Dein Dad will dich am Bahnhof abholen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Ich möchte keinen Kontakt mit ihnen, bevor ich da bin. Wenn wir anfangen, am
Telefon zu streiten, dann ist alles vorbei, weißt du? Ich fahre
einfach heim. Keine Sorge, es macht nichts, wenn niemand
zu Hause ist. Dann setze ich mich eben auf die Treppe, bis
jemand kommt. Das gibt den Nachbarn Stoff zum Klatschen.«
Die Nachbarn würden wohl so oder so in nächster Zeit
reichlich Stoff für Gerede haben.
»Pass bitte ein wenig auf mit dem Magazin«, sagte ich zu
Tig. »Ich habe es noch nicht gelesen.«
    Am nächsten Morgen marschierte ich gleich als Erstes in
den Laden und erklärte Ganesh, dass ich Tig zum Zug bringen musste. »Nicht nur, um sie zu verabschieden, sondern
auch um sicherzustellen, dass sie wirklich einsteigt. Ich
komme danach wieder hierher.«
    Und so standen Tig, Bonnie und ich einmal mehr in der
Marylebone Station, nur dass dieses Mal unsere Rollen vertauscht waren. Tig stieg in den Zug, und ich blieb mit Bonnie auf dem Bahnsteig zurück. Bonnie legte sich hin und
hatte den Kopf auf den Pfoten. Ihre Augen blickten zu uns
auf, rollten von einem zum anderen, und in ihrem Gesicht
stand die Frage, ob dies nun ein regelmäßiges Spiel würde.
Ich glaube, sie hoffte genauso sehr wie ich, dass dem nicht
so war.
    Tig war seit dem Aufstehen in einer eigenartigen Stimmung gewesen. Sie hatte nicht viel geredet, obwohl es von
Zeit zu Zeit danach ausgesehen hatte, als wollte sie etwas sagen, doch dann hatte sie es sich jedes Mal anders überlegt.
Ich konnte verstehen, dass sie unruhig war, und ich ahnte,
was in ihr vorging. Die Quayles würden wahrscheinlich einen Schock beim Anblick ihrer Tochter erleiden, auch wenn
sie nach den wenigen Tagen bei mir schon viel besser aussah
als bei unserer ersten Begegnung und sich auch wieder mehr
um ihr Erscheinungsbild

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