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Granger Ann - Varady - 04

Titel: Granger Ann - Varady - 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dass sie stets Boses muss gebaren
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Regen würde nicht lange auf sich warten lassen, schätzte ich.
Ich betrat die Gardens durch das Victoria Gate. Ich war
nicht überrascht festzustellen, dass es kein guter Tag für Besucher war. Das Café und die Shops lagen einsam und verlassen. Ein oder zwei Unverzagte wanderten in Mänteln und
Anoraks umher. Ein kalter Wind wehte mir feucht ins Gesicht, als ich mich in Richtung der großen kunstvollen Glaskonstruktion des Palmenhauses in Bewegung setzte. Die
einzigen glücklich aussehenden Kreaturen waren die Enten
unten im Teich. Selbst die Wappentiere entlang der Vorderseite des Palmenhauses blickten übellaunig drein. Ich stieß
die Tür auf und ging hindurch.
Ich wurde sofort umhüllt von durchdringender Feuchtigkeit und erstickender Wärme. Ich hatte das nasskalte London
hinter mir gelassen und war von einer Sekunde zur anderen in
einem feuchten tropischen Dschungel gelandet. Überall
wuchs üppiges Grün und streckte sich dem Glasdach entgegen, wo es gegen die Scheiben drückte, als versuchte es zu entkommen und wie Zauberbohnen weiter und weiter zu wachsen bis über die Wolken und in den Himmel hinein. Aus verborgenen Düsen zwischen den Blättern kam unter zischendem Geräusch ein feiner Wassernebel und kondensierte in der
erstickenden Luft zu kleinen Tropfen. Ich ging über die Pfade
zwischen den Beeten hindurch in Richtung Mitte und fand
schließlich die weiß gestrichene Wendeltreppe, wo ich mit
Ben Cornish verabredet war. Ich konnte niemanden in der
Nähe entdecken. Zwei Bänke aus Holzleisten standen im rechten Winkel zueinander und bildeten eine gemütliche Ecke, wo
man sich unterhalten konnte – falls jemand im Stande war,
die Temperaturen und die Feuchtigkeit lange genug für eine
Unterhaltung zu ertragen, oder auch nur, um sich hinzusetzen und das Grün zu betrachten. Es herrschten wirklich saunaartige Bedingungen. Ich nahm auf einer Bank Platz. Nach
kaum einer Minute musste ich bereits meine Steppjacke ausziehen, um nicht an einem Hitzschlag zu sterben.
Ich war gerade damit fertig, als Ben erschien. Er schlenderte in einer Weste über einem Sweatshirt auf mich zu und
wirkte vollkommen entspannt und kühl.
»Wie halten Sie das nur aus?«, fragte ich.
»Ich hab mich dran gewöhnt, schätze ich. Außerdem arbeite ich nicht mehr lange hier. Es ist meine letzte Woche.
Ich habe sämtliche Forschungen durchgeführt, die mich interessiert haben. Jetzt muss ich nach Hause und alles aufschreiben.« Er setzte sich auf die zweite Bank und lehnte die
Unterarme auf die Knie. »Sie sehen ein wenig geschafft aus«,
sagte er. »So schlimm ist es doch gar nicht.«
»Ich habe schlecht geschlafen. Ich bin gerade in eine neue
Wohnung gezogen.« Schweiß perlte mir über die Stirn und
hinter meinen Ohren in den Halsausschnitt.
»Danke jedenfalls, dass Sie gekommen sind«, sagte er.
»Wenn Sie jetzt Bescheid wissen über Nicola«, sagte ich,
»dann wissen Sie ja wohl auch, dass wir nichts mehr tun
können. Die Polizei wird ihre Identität früher oder später
feststellen.«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, nicht unbedingt. Sie haben
zu viel Vertrauen in das Gesetz, Fran. So verdammt effizient
ist die Polizei längst nicht!«
Ich öffnete den Mund zu einer Erwiderung und schloss
ihn wieder. Was er nicht wusste – genauso wenig wie Jerry
und Flora Wilde –, war, dass Mrs Marks und ihre Tochter
Linda die Wildes identifizieren konnten. Irgendwie war jetzt
nicht der geeignete Augenblick, um ihm das zu erzählen.
»Außerdem wäre da noch Nicola selbst«, sagte ich stattdessen. »Sie ist ein kluges Mädchen, und sie weiß, dass irgendetwas hinter ihrem Rücken vorgeht. Sie kommt vielleicht selbst dahinter.«
»Seien Sie nicht albern«, sagte er unbekümmert. »Selbst
wenn sie zu vermuten anfängt, dass sie als Baby adoptiert
wurde, wird sie noch lange nicht glauben, dass die Adoption
nicht legal war, oder?«
Er wirkte so selbstsicher, und mir war so heiß, und ich
hatte solche Mühe zu atmen, und ich wollte so dringend
wieder raus aus diesem türkischen Dampfbad, dass ich fast
geneigt war, ihm zuzustimmen. Warum eigentlich nicht,
wenn es ihn glücklich machte? Vorsichtig sagte ich: »Es wäre
durchaus möglich, dass es einen Ausweg gibt.«
Er beugte sich vor und brachte sein Gesicht näher an
meines. »Aber natürlich ist es möglich, Fran. Wir können
dafür sorgen.«
»Wir können dafür sorgen? Aber wie?«
»Ihre Mutter wird es niemandem erzählen, oder?« Als ich
den Kopf schüttelte, fuhr er fort: »Also sind nur

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