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Granger Ann - Varady - 04

Titel: Granger Ann - Varady - 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dass sie stets Boses muss gebaren
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Kleinkind hatten eine richtige
Beziehung, wie es schien, und jeder, der hinzukommen und
sie irgendwie stören würde, lud sich eine gewaltige Verantwortung auf die Schultern. Ich hatte nicht vor, die Beziehung der Wildes mit dem Mädchen zu stören, das in dem
Glauben aufgewachsen war, ihre leibliche Tochter zu sein.
Ich wollte lediglich einer sterbenden Frau einen Gefallen
tun. Doch Narren sterben nie aus und so weiter. Ich vermutete, dass ich eine ausgemachte Närrin war, und ich war
heilfroh, dass Ganesh nicht bei mir war und es mir unun
terbrochen unter die Nase rieb.
Der größte Teil des letzten Abschnitts meiner Fahrt verlief oberirdisch. Von West Brompton aus gab es so viele
Bäume und Wiesen und Büsche, dass man hätte meinen
können, ich würde eine Fahrt nach draußen auf das Land
unternehmen. Als wir endlich durch Wimbledon rumpelten, erhaschte ich einen kurzen Blick auf stattliche edwardianische Häuser, bevor die Aussicht vom mächtigen Schatten
eines großen Do-it-yourself-Baumarkts versperrt wurde.
War das Haus, das ich suchte, eines von dieser Sorte?
Das Stadtzentrum von Wimbledon war eine geschäftige
Gegend, doch es war frei von jenem kontrollierten Wahnsinn auf der Camden Street mit ihren Verkaufsständen, wo
alle möglichen exotischen Dinge feilgeboten wurden. Die
Läden hier in SE19 waren hübsch und trugen seriöse Namen, und sie verkauften hübsche Dinge an Menschen mit
Geschmack. Hier gab es keine Plattform-Sandalen mit fluoreszierenden Sohlen, wie ich sie in Camden erspäht hatte
und auf die ich insgeheim scharf war. Die Ladenschilder waren weder mit überdimensionalen Stiefeln noch mit Totenschädeln noch mit Panzern verunziert, und niemand redete
mit sich selbst. Niemand sah aus wie ich, es sei denn, man
zählte den einsamen Verkäufer von Big Issue mit, der sich
dem allgemeinen Trend widersetzte, ohne damit irgendetwas zu erreichen. Hier liefen die Leute nicht einfach achtlos
an ihm vorbei, nein, sie nahmen sich tatsächlich die Zeit,
Nein zu sagen. Ich trennte mich von einer Pfundmünze, um
einen Kollegen im Geiste zu unterstützen. Er starrte mich
völlig verdattert an.
Nachdem ich mir ein Bild von der Gegend gemacht hatte,
war es an der Zeit zu überlegen, was ich als Nächstes tun
würde. Ich suchte Zuflucht im Prince of Wales Pub, wo ich
mich anonym an einen einzelnen Tisch setzte und einen
Kaffee bestellte, um über meine Strategie nachzudenken.
Mir war bewusst gewesen, dass ich einigermaßen respektabel aussehen musste, wenn ich vorhatte, an fremde Türen
zu klopfen. Jetzt, nachdem ich Wimbledon gesehen hatte,
war ich froh darüber, mir die Mühe gemacht zu haben. Ich
trug saubere Jeans und einen navyfarbenen Blazer, den ich
beim Wühlen auf einem Kirchentrödel in meinem Viertel
entdeckt hatte. Mein Pullover sah neu aus – und das war er
auch; ich hatte ihn in einem jener Läden erstanden, die
»fehlerbehaftete« Ware mit herausgeschnittenen Etiketten
verkauften. Ich war einigermaßen sicher, dass ich an jeder
Tür läuten konnte, ohne dass es aussah, als wollte ich das
Haus ausspionieren, bevor ich einbrach.
Das Pub bot zu meiner großen Erleichterung einen vertrauten Anblick, eine Alt-Londoner Taverne mit kastanienbraunem Deckenstuck, braunen und aprikosenfarbenen
Wänden, jeder Menge dunklem Holz und blinkenden Spielautomaten in einer Ecke. Ein Teil des Mobiliars sah aus, als
stünde es seit der Eröffnung hier. Die Gäste waren hauptsächlich Männer, die ihr zweites Frühstück in Form von
Bier einnahmen und sich über Geschäfte unterhielten, sowie
zwei ältere Frauen über einem frühen Mittagessen. Ihnen
zuzusehen machte mich hungrig. Ich hatte eigentlich vorgehabt, nur einen Kaffee zu trinken, doch ich bestellte mir eine Schüssel Pasta und versuchte, während ich auf mein Es
sen wartete, meine Gedanken zu sortieren.
Als ich den Laden eine Dreiviertelstunde später wieder
verließ, waren meine Ideen immer noch nicht klarer, und ich
musste mich förmlich zum Gehen zwingen. Die Versuchung
war groß gewesen, sich ein paar Stunden in dem gemütlichen Pub herumzutreiben und dann unverrichteter Dinge
wieder nach Hause zu fahren, doch ich hatte ihr widerstanden. Ich fühlte mich ziemlich nobel – und verdammt.
Die Adresse, die ich von meiner Mutter bekommen hatte,
führte mich zu einem Doppelhaus aus den Dreißigern mit
Bogenfenstern und falschen Holzbalken im Tudor-Stil in
einer deprimierend respektablen Straße. Die Leute, die hier
wohnten, strichen ihre Haustüren,

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