Granger Ann - Varady - 04
anderweitig vergeben. Ich war nicht wirklich
traurig. Als wir gehen wollten, fragte der Junkie an der Tür,
ob wir vielleicht ein wenig Kleingeld übrig hätten. Ob wir
aussähen, als hätten wir welches?, entgegnete Marty.
Draußen entschuldigte er sich dafür, dass er meine Zeit
vergeblich in Anspruch genommen hatte. Ich sagte ihm, er
solle sich deswegen keine Gedanken machen, und lud ihn zu
einem Pint ein, weil er es gut gemeint hatte.
»Als ich das letzte Mal dort war«, sagte er immer noch
untröstlich, »war es ein richtig angenehmes Haus. Es ist inzwischen ziemlich heruntergekommen.«
Wie ich auch, so hatte Marty offensichtlich seine Standards. Und genau wie bei mir schien die Bühne nicht genügend abzuwerfen, um davon zu leben. Er hatte einen zerzausten Bart und das ungesunde Aussehen von jemandem,
der sich von den falschen Dingen ernährt. Allerdings irrte
ich mich, was seine beruflichen Perspektiven anging.
Er räusperte sich. »Ich wollte dich sowieso besuchen,
Fran«, begann er umständlich. »Ich hab da nämlich dieses,
äh, Projekt laufen.«
Er wirkte zugleich stolz und verlegen. Ich fragte ihn, was
er denn für ein Projekt meine?
»Na ja – du erinnerst dich an Freddy, den Wirt vom Rose
Pub?«
»Ja, ziemlich gut sogar«, antwortete ich. »Aber wenn du
vorhast, dich auf die Bühne in seinem Laden zu stellen,
dann solltest du auf alles gefasst sein. Ich habe das Publikum
vom Rose Pub gesehen.«
»Der alte Freddy ist ein wenig besessen von seiner Bühne«, sagte Marty in dem Versuch, ihn zu verteidigen. »Er
sieht sich gerne als eine Art Promoter.«
»Freddy sieht sich gerne selbst. Punkt.«
»Möchtest du dir jetzt anhören, was ich zu sagen habe,
oder nicht?«, fragte Marty, verletzt durch meinen Zynismus.
»Ich biete dir einen Job an!«
»Ich höre!«, sagte ich.
»Also, Freddy hat nicht nur die Bühne unten. Er hat einen großen Raum im Obergeschoss, und jedes Jahr zu
Weihnachten veranstaltet er eine Aufführung für seine
Stammgäste. Einmal hatte er einen Pantomimen. Letztes
Jahr hatte er ein Varietee-Theater. Dieses Jahr möchte er ein
Theaterstück aufführen.«
Marty seufzte. »Ich hatte gehofft, ich könnte ihn überzeugen, eines von meinen zu nehmen. Ich habe mehrere geschrieben, weißt du? Aber nein, er wollte etwas, das alle kennen und
mögen. Er schätzt, dass sie ein Kriminalstück mögen. Langer
Rede kurzer Sinn: Er hat mich gefragt, ob ich eine Bühnenversion von einer Sherlock-Holmes-Geschichte schreiben könnte.
Und ich …«, an dieser Stelle atmete Marty tief durch, »… und
ich habe vorgeschlagen, den Hund von Baskerville zu adaptieren. Freddy war sofort Feuer und Flamme. All seine Stammgäste haben dieses Buch gelesen. Die meisten haben die alte
Verfilmung im Fernsehen gesehen. Ich hab schon mit dem
Skript angefangen. Ich dachte, du hättest vielleicht Lust auf eine der weiblichen Rollen, vorzugsweise die Hauptrolle?«
»Selbstverständlich!«, sagte ich ohne zu überlegen. »Solange ich nicht in ein Hundekostüm schlüpfen und den
Hund spielen muss?«
»Wir werden einen richtigen Hund nehmen«, sagte er
selbstgefällig.
»Marty«, sagte ich. »Ein trainierter Hund kostet ein Vermögen! Und der Trainer ist immer dabei!«
»Sei nicht albern, so etwas kann ich mir nicht leisten. Irish
Davey wird seinen Hund trainieren. Er sieht genau richtig
aus.«
Ich kannte Daveys Hund, und Marty hatte Recht – er war
riesig. Eine Mischung aus den verschiedensten Rassen, ausnahmslos groß. Er hatte ein zotteliges schwarzes Fell und
sabberte jede Menge. Er war außerdem unberechenbar, und
ich bezweifelte, dass er stubenrein war. Ich machte eine diesbezügliche Andeutung.
»Er muss nichts weiter tun als beim Höhepunkt des
Stücks einmal quer über die Bühne zu rennen«, sagte Marty.
»Von einer Seite zur anderen. Wie schwierig kann es schon
sein, einem Hund so etwas beizubringen? Davey wird dort
sein und aufpassen, dass er es richtig macht.«
Ich hatte meine Zweifel, aber Marty war der Produzent.
Sollte er sich darum kümmern.
»Freddy hat ein paar viktorianische Kostüme übrig von
dem Varietee. Den Rest nähen wir uns selbst zusammen.
Wir teilen uns den Erlös. Freddy will drei fünfzig Eintritt
nehmen, mehr zahlen seine Stammgäste nicht, sagt er. Sonst
geben sie nichts mehr fürs Bier aus. Sobald ich das Skript
fertig und den Rest der Mannschaft zusammenhabe, können wir uns alle treffen und es durchgehen.«
Wir verabschiedeten uns. Auf dem Heimweg in meine
Garage
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