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Granger Ann - Varady - 05

Titel: Granger Ann - Varady - 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Und hute dich vor deinen Feinden AEA4CEC7
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weil dafür jemand vorbeikam. Der gleiche Buchhalter, ein wortkarger, krötenhafter Typ in mittlerem Alter,
breit wie hoch, war es auch, der uns am Ende der Woche
unsere Lohntüten gab. Mario, der Küchenchef, und Luigi,
der Barchef, sagten Jimmie, was er an Vorräten bei wem zu
bestellen hatte, und Jimmie tat fröhlich, wie ihm geheißen.
Pietro, der Akkordeonspieler, der abends die Musik machte, und Bronia, Po-Ching und ich, die Kellnerinnen, kamen
einigermaßen gut miteinander aus, wie ich bereits sagte.
Doch irgendetwas war mit dem Laden, das uns alle irgendwie
störte. Wir redeten nie miteinander über Dinge, die die Pizzeria betrafen, nicht einmal eine beiläufige Bemerkung, wie
sie Kollegen bisweilen austauschen. Wir redeten über die
Art von Themen, über die man redet, wenn man vermeiden
will, eine falsche Meinung zu äußern. Popmusik, Fernsehsendungen und Bronias narrensicheres polnisches Hausmittel gegen Erkältungen, welches das Verspeisen von Unmengen von Zwiebeln beinhaltete und das literweise Trinken
von Kamillentee.
Es war wie das Arbeiten unter dem alten ostdeutschen
Regime, schätze ich, wo man nie hatte wissen können, welcher von den Kollegen einen bei der Stasi anschwärzte. Wir
trauten einander nicht über den Weg. Wir hielten die Köpfe
unten. Wir machten unsere Arbeit. Wir zeigten keinerlei Interesse an irgendetwas außer dem Entgegennehmen von Bestellungen, dem Servieren von Speisen und dem Abräumen
von Tischen. Wir wurden pünktlich bezahlt, und oberflächlich betrachtet war alles in bester Ordnung. Aber insgeheim
waren wir alle so nervös wie eine Katze, die sich ins Territorium einer anderen verlaufen hat.
Die beiden anderen Mädchen schienen die Situation gelassener zu nehmen als ich. Wahrscheinlich bedauerten sie,
dass ihre Arbeit nicht mehr Spaß machte, doch das war
auch schon alles. Was mich betraf, die ich ein besseres Gespür für Gefahr als Bronia und Po-Ching hatte, ich hatte ein
mulmiges Gefühl in der Magengegend, sobald ich mich dem
Lokal auch nur näherte. Ich wusste, dass ich nicht dort sein
sollte und dass jeden Augenblick der Kater, dem dieses Revier gehörte, hinter einer Blechtonne hervorschießen und
mich verprügeln würde.
Pietro, der einmal gesessen hatte und dessen Instinkte
genauso geschärft waren wie meine, fühlte sich gleichermaßen unwohl. Ich erkannte es an seiner Körpersprache. Doch
wir sagten nie ein Wort. Ich bediente an den Tischen, und
Pietro kauerte über seinem Akkordeon, als stünde es zwischen ihm und was auch immer sich dort draußen an Unheil zusammenbraute. Wenn er nicht seine neapolitanischen
Medleys spielte, saß er mit dem Akkordeon auf den Knien
da und streichelte es, liebkoste die Tasten und redete leise
mit dem Instrument wie mit einem Lebewesen.
Wenn das alles gewesen wäre, worüber ich mir Sorgen
machen musste, es hätte durchaus gereicht. Doch ich hatte
mich zu allem Überdruss auch noch überhastet einverstanden erklärt, bei dem Stück mitzuspielen.
Obwohl ich, wie ich bereits erklärt habe, meinen Schauspielkurs nie abgeschlossen habe, hat mich meine Entschlossenheit nie verlassen, eines Tages Schauspielerin zu werden.
Und als Marty, ein alter Freund aus Schultagen, auftauchte
und sagte, dass er im Rose Pub ein Stück aufführen würde,
nutzte ich die Chance, die sich mir bot, und war dabei.
Nicht nur, dass es eine Gelegenheit war, vor einem richtigen
Publikum aufzutreten, sondern ich bin auch ein Fan von
Sherlock Holmes, und als ich hörte, welches Stück Marty
aufführen würde, hatte er mich am Haken.
Seitdem hat meine anfängliche Begeisterung eine Reihe
von Dämpfern erhalten. Ich hatte angefangen zu vermuten,
dass Marty für das Theater das Gleiche wie Reekie Jimmie
für die gebackenen Kartoffeln war. Wir würden am Ende
der Proben ein Stück aufführen, schön und gut, doch Gott
allein wusste, wie es vom Publikum aufgenommen werden
würde.
Am nächsten Morgen hatte ich den festen Entschluss gefasst, Susies Angebot, mir Fahrstunden zu geben, anzunehmen. Es erschien mir töricht, es nicht zu tun. Auf dem Weg
zur Arbeit sprang ich beim Postamt rein und holte mir ein
Antragsformular für eine vorläufige Fahrerlaubnis. Ich füllte
es während meiner Kaffeepause aus, auch wenn mich der
schwarz eingerahmte Kasten schreckte, in dem gefragt wurde, ob ich im Falle meines Todes meine Organe spenden
wolle. Ich glaubte nicht, dass meine Fahrstunden mit Susie
so gefährlich werden würden.
Jimmie kam rein,

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