Grant County 03 - Dreh dich nicht um
Nacken aufstellten. Plötzlich verstand sie, warum er hier war, was sich in der Tasche befand. Er würde Tessa verlassen.
»Das kannst du ihr nicht antun, Devon. Nicht jetzt.«
»Sie hat gesagt, ich soll gehen«, sagte er.
Sara bezweifelte nicht, dass das stimmte, aber genauso wenig zweifelte sie daran, dass Tessa genau das Gegenteil meinte.
»Es ist das Einzige, was sie seit zwei Tagen zu mir sagt.«
Tränen rollten ihm über die Wangen. »›Geh‹, einfach so. ›Geh.‹«
»Devon – «
»Ich ertrage es nicht, oben in Atlanta zu sein. Ich ertrage es nicht, sie so zu sehen.«
»Warte wenigstens noch ein paar Wochen«, sagte sie und stellte fest, dass sie ihn anbettelte. Egal, was Tessa gesagt hatte, wenn Devon sie jetzt verließ, hätte das katastrophale Folgen.
»Ich muss los«, sagte er und warf die Tasche in den Flur.
»Warte.« Sara versuchte es weiter. »Das hat sie doch nur gesagt, damit du bleibst.«
»Ich bin so erschöpft.« Er starrte mit leerem Blick über ihre Schulter in den Flur. »Ich sollte jetzt mein Baby im Arm halten. Ich sollte Fotos machen und Zigarren verteilen.«
»Wir sind alle erschöpft, Devon«, sagte sie, auch wenn sie kaum noch die Kraft dazu hatte. »Gib Tessa Zeit, gib euch Zeit.«
»Weißt du, ihr alle gehört so eng zusammen. Ihr hockt da in Atlanta auf einem Haufen und seid füreinander da. Das ist großartig, aber – « Er schüttelte den Kopf. »Ich gehöre nicht dazu. Es ist, als hättet ihr eine Mauer um sie herum gebaut. Eine dicke, unüberwindliche Mauer, die sie beschützt.« Er sah Sara in die Augen. »Ich bin kein Teil davon. Ich werde nie ein Teil davon sein.«
»Das bist du wohl«, erwiderte sie.
»Glaubst du das wirklich?«
»Ich weiß es. Devon, seit zwei Jahren bist du jeden Samstagabend beim Essen dabei. Tessa himmelt dich an. Mama und Daddy behandeln dich wie ihren eigenen Sohn.«
Devon fragte: »Hat sie dir von der Abtreibung erzählt?«
Sara wusste nicht, was sie sagen sollte. Als Tessa herausgefunden hatte, dass sie schwanger war, hatte sie über eine Abtreibung nachgedacht, doch dann hatte sie sich für das Kind entschieden, hatte sich entschieden, mit Devon eine Familie zu gründen.
»Ja«, sagte er. Er konnte ihren Blick lesen. »Dachte ich mir.«
»Sie war durcheinander.«
»Du warst gerade aus Atlanta zurück«, sagte er. »Sie war nicht mehr mit dem Kerl zusammen.«
Sara hatte keine Ahnung, wovon er sprach.
»Gott bestraft die Menschen«, sagte Devon. »Er bestraft die Menschen, wenn sie gegen seine Gesetze verstoßen.«
Sie sagte: »Devon, sag das nicht«, doch ihr war schwindelig. Tessa hatte Sara nie von der Abtreibung erzählt. Sara griff nach seiner Hand. »Komm rein. Ich verstehe nicht, was du sagen willst.«
»Sie hätte das College abbrechen können«, sagte er. Er blieb auf der Veranda. »Verdammt, Sara, als Klempner braucht man keinen College-Abschluss. Sie hätte wieder hierher ziehen und das Kind allein aufziehen können. Es ist ja nicht so, dass deine Familie sie verstoßen hätte.«
»Devon … bitte.«
»Du brauchst sie nicht zu entschuldigen«, sagte er. »Wir leben mit den Folgen unserer Taten.« Er sah sie finster an.
»Und manchmal müssen andere Menschen eben auch damit leben.«
Devon drehte sich um, als Jeffreys Wagen in die Auffahrt fuhr. Sara sah, dass Devons Lieferwagen mitten auf der Straße stand. Er hatte sich wohl auf eine schnelle Flucht eingestellt.
»Bis bald mal«, sagte Devon und winkte lässig, als hätte das alles keine Bedeutung für ihn.
»Devon«, rief Sara und lief ihm hinterher. Sie folgte ihm bis in den Vorgarten, doch sie blieb stehen, als er im Laufschritt zu seinem Wagen eilte. Sie würde ihm nicht nachjagen. Das konnte sie Tessa nicht antun.
Jeffrey kam zu ihr und sah Devon hinterher. »Was ist denn los?«
»Ich weiß es nicht«, sagte sie, obwohl es nicht ganz stimmte. Warum hatte Tessa ihr nie von der Abtreibung erzählt? Hatte sie all die Jahre Schuldgefühle gehabt? Oder war Sara einfach so beschäftigt mit ihrem eigenen Leben gewesen , dass sie nicht bemerkte, was ihre Schwester durchmachte?
Jeffrey brachte sie zurück zum Haus. »Hast du schon zu Abend gegessen?«
Sie nickte, lehnte sich an ihn. Wie sehr sie sich wünschte, die letzten drei Tage wären nie gewesen. Sie war ausgelaugt, und das Herz tat ihr weh vor lauter Liebe zu Tessa. Die Abtreibung war noch etwas, bei dem Sara ihrer kleinen Schwester nicht beigestanden hatte.
Jeffrey half ihr die Stufen hinauf. »Du
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