Grant County 03 - Dreh dich nicht um
Verfügung heute Morgen unterschrieben.« Als sie nicht antwortete, sagte er: »Willst du sie sehen? Vertraust du mir nicht mehr?«
»Das habe ich nicht gesagt – «
»Schon gut, hier.« Er zog die Verfügung aus der Tasche und knallte sie auf den Tisch. »Siehst du, Sara? Ich sage die Wahrheit. Ich versuche, dir zu helfen, deine Arbeit zu machen, damit nicht noch mehr Menschen zu Schaden kommen.«
Sie starrte das Dokument an, sah Billie Bennetts winzige Unterschrift auf der Linie. »Bringen wir es hinter uns.«
Jeffrey trat ihr aus dem Weg. Ein Unbehagen, wie sie es lange nicht gespürt hatte, machte sich in Sara breit.
Brian Keller stand immer noch mit der Handtasche auf dem Flur. Er starrte vor sich hin, als Sara an ihm vorbeiging. Er wirkte so harmlos. Sara musste sich mit Macht ins Gedächtnis rufen, dass er seine Frau schlug.
Brad tippte sich an die Mütze, bevor er Sara die Tür öffnete. »Ma’am.«
Ethan White stand in der Mitte des Raums. Er trug einen hellgrünen Krankenhauskittel, die muskulösen Arme hatte er vor der Brust verschränkt. Er hatte vor kurzem einen Schlag auf die Nase bekommen. Getrocknetes Blut zeichnete eine dünne Linie zu seinem Mund. Ein großer roter Fleck unter dem Auge verwandelte sich langsam in ein Veilchen. Soweit sie sehen konnte, waren seine Arme mit Tätowierungen von Kampfszenen bedeckt. Seine nackten Waden zierten geometrische Figuren und Flammen, die sich seitlich an den Beinen emporschlängelten.
Ansonsten sah er aus wie ein ganz normaler junger Mann mit kurz geschorenem Haar, der zu viel Zeit im Kraftraum verbrachte. Muskeln wölbten sich an seinen Schultern und spannten den Stoff des Kittels. Er war klein, sicher fünfzehn Zentimeter kleiner als Sara, doch er hatte eine enorme Ausstrahlung, die ihn größer wirken ließ. White funkelte die Eintretenden böse an, und Sara war froh, dass Jeffrey sie nicht allein mit ihm im Zimmer ließ.
»Ethan White«, stellte Jeffrey vor. »Das ist Dr. Linton. Sie wird gemäß Gerichtsbeschluss ein paar Proben bei Ihnen nehmen.«
Whites Kiefer mahlten. Man konnte seine Worte kaum verstehen. »Ich will den Beschluss sehen.«
Sara zog sich ein paar Handschuhe über, während White die Verfügung durchlas. Objektträger und ein DNA-Test-Kit lagen auf dem Tisch bereit, daneben ein schwarzer Plastikkamm und Röhrchen für die Blutentnahme. Jeffrey hatte die Schwester wahrscheinlich angewiesen, alles vorzubereiten. Sara wunderte sich, warum er die Schwester danach rausgeschickt hatte. Sie fragte sich, was er geheim halten wollte.
Sara setzte sich die Brille auf und überlegte, ob sie Jeffrey bitten sollte, die Schwester wieder herzuholen, damit sie ihr assistieren konnte.
Doch bevor sie etwas sagen konnte, knurrte Jeffrey White an: »Ziehen Sie den Kittel aus.«
»Das ist aber nicht – « Sara brach mitten im Satz ab. Der weiße Kittel fiel zu Boden. Auf Ethan Whites Bauch war ein gewaltiges Hakenkreuz tätowiert. Auf der Brust rechts prangte das verblichene Porträt von Adolf Hitler. Auf der linken Seite streckte eine Reihe von SS-Leuten die flache Hand in die Luft.
Sara brachte kein Wort heraus.
White zischte: »Gefällt’s Ihnen?«
Jeffrey packte dem Jungen ins Gesicht und drückte ihn gegen die Wand. Sara wich zurück. Sie sah, wie sich Ethans Nase bewegte. Frisches Blut tropfte ihm in den Mund.
Jeffreys Stimme war belegt vor Wut. »Das ist meine Frau, du mutterloser Dreckskerl. Kapiert?«
Whites Gesicht steckte zwischen Jeffreys Hand und der Wand wie in einem Schraubstock. Er nickte, doch in seinen Augen war keine Spur von Angst.
»Schon besser«, sagte Jeffrey und trat einen Schritt zurück.
White sah Sara an. »Sie können es bezeugen – ein klarer Übergriff der Polizeigewalt.«
Jeffrey sagte: »Sie hat nichts gesehen.« Sara fluchte innerlich, sie wollte da nicht mit hineingezogen werden.
»Hat sie nicht?«, fragte White.
Jeffrey ging einen Schritt auf ihn zu. »Sie provozieren mich besser nicht.«
White brummte ein ruppiges »Yessir«. Er wischte sich mit dem Handrücken das Blut von der Nase, den Blick starr auf Sara gerichtet. Er versuchte, sie einzuschüchtern, und sie hoffte, er merkte nicht, dass es funktionierte.
Sie öffnete das DNA-Test-Kit. Dann ging sie mit dem Spatel zu White hinüber. »Bitte machen Sie den Mund auf.«
Gehorsam öffnete er den Mund, damit sie Speichel und Hautschuppen abreiben konnte. Sie nahm mehrere Wattestäbchen, doch ihre Hände zitterten, als sie die Objektträger
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