Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Titel: Grant County 03 - Dreh dich nicht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
Vom Netzwerk:
Stil, aber er ist frisch.«
    »Danke«, sagte Lena.
    Als Nan hinausging, zog sie die Tür hinter sich zu. Lena hätte gern abgeschlossen, aber sie wollte nicht, dass Nan es persönlich nahm. Stattdessen setzte sie sich aufs Bett und öffnete die Kiste auf ihrem Schoß. Sie strich mit den Fingerspitzen über den Kolben der Pistole, so wie sie gestern Nacht über Ethans Schwanz gestrichen hatte. Lena nahm die Waffe in die Hand und schob zittrig das Magazin hinein. Mit dem Gips schaffte sie es nicht, den Schlitten zu ziehen, um die Kugel in die Kammer zu laden, und beinahe wäre ihr die Pistole heruntergefallen.
    »Verdammt«, sagte sie. Dann drückte sie mehrmals den Abzug, nur um das Klicken zu spüren.
    Aus Gewohnheit nahm Lena das Magazin heraus, bevor sie die Pistole wieder in die Kiste legte. Dann schlüpfte sie mühsam in den Schlafanzug. Ihre Beine taten so weh, dass sie sich kaum rühren konnte, aber sie wusste, nur Bewegung half gegen die Steifheit und den Schmerz.
    Als sie in die Küche kam, schenkte Nan gerade den Tee ein. Sie grinste, und Lena bemerkte erst jetzt den dunkelblauen Zeichentrickhund auf der Brusttasche des Pyjamas.
    »Tut mir leid.« Sie musste lachen. »Ich hätte nie gedacht, dass du mal solche Sachen trägst.«
    Lena lächelte schwach. Sie spürte, dass ihre Lippe wieder blutete. Die Kiste stellte sie auf den Tisch. Die Pistole war nutzlos, wenn sie sie nicht laden konnte, aber allein ihre Nähe gab Lena ein Gefühl von Sicherheit.
    Nan warf einen Blick auf die Pistole, doch sie sagte nur: »Darin siehst du richtig süß aus.«
    Lena war verlegen, und sie beschloss, jeden Zweifel gleich vom Tisch zu räumen. »Ich bin nicht lesbisch, Nan.«
    Nan unterdrückte ein Lächeln. »Ach, Lena, selbst wenn du es wärst, ich glaube nicht, dass irgendjemand je deine Schwester für mich ersetzen kann.«
    Lena hielt sich am Stuhl fest. Sie wollte nicht über Sibyl reden. Sibyl jetzt heraufzubeschwören wäre so, als zöge man sie mit hinein in das, was passiert war. Die Vorstellung, Sibyl könnte irgendwie herausfinden, was passiert war, erfüllte Lena mit brennender Scham. Den Bruchteil einer Sekunde war Lena froh, dass ihre Schwester tot war.
    »Es ist spät«, sagte sie mit einem Blick auf die Wanduhr. »Tut mir leid, dass du da mit reingezogen worden bist.«
    »Ach, mach dir keine Gedanken«, beruhigte sie Nan. »So bin ich wenigstens mal wieder am Abend rausgekommen. Ich gehe immer um halb zehn ins Bett wie eine alte Schachtel, seit
Sibyl – «
    »Bitte«, flehte Lena. »Ich kann jetzt nicht von Sibyl sprechen. Nicht so.«
    »Jetzt setz dich erst mal hin«, sagte Nan. Sie legte Lena den Arm um die Schulter und wollte sie zu einem Stuhl führen, doch Lena rührte sich nicht.
    »Lena?«
    Lena biss sich auf die Lippe. Mit der Zunge leckte sie das Blut ab und erinnerte sich, wie sie an Ethans Hals geleckt hatte.
    Unvermittelt begann sie zu weinen. Nan nahm sie in die Arme. Sie standen mitten in der Küche, und Nan hielt sie, tröstete sie, bis Lenas Tränen irgendwann versiegten.

DONNERSTAG
FÜNFZEHN
    Ron Fletcher sah aus wie ein Geistlicher. Er hatte das braune Haar ordentlich zur Seite gescheitelt und mit glänzendem Gel fixiert. Dazu trug er einen Anzug wie für ein Vorstellungsgespräch, obwohl Jeffrey am Telefon gesagt hatte, es ginge nur um ein paar Fragen zu Chuck Gaines. Fletcher roch wie ein voller Aschenbecher. Aber nach dem, was man in seinem Spind im Dienstzimmer gefunden hatte, war Nikotin die geringste seiner Süchte.
    »Guten Morgen, Mr. Fletcher«, sagte Jeffrey und setzte sich ihm gegenüber an den Tisch.
    Fletcher zeigte Jeffrey ein kurzes, nervöses Lächeln, dann drehte er sich schwerfällig um und sah Frank an, der neben der Tür stand wie ein Wachsoldat.
    »Ich bin Chief Tolliver«, erklärte Jeffrey, »und das ist Detective Wallace.«
    Fletcher nickte und strich sich durchs Haar. Als er jetzt sprach, klang er wie der ewige Student und langjährige Kiffer, der er war: »Hallo, Leute. Wie geht’s denn so?«
    »Danke, dass Sie so früh herkommen konnten.«
    »Ich arbeite nachts«, sagte er. Seine Stimme war leise, aber er sprach mit großer Betonung. »Normalerweise gehe ich jetzt erst ins Bett.«
    »Schön.« Jeffrey lächelte. »Wir sind froh, dass Sie da sind.« Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, eine Hand auf dem Tisch.
    Fletcher drehte sich noch einmal nach Frank um. Frank konnte ziemlich einschüchternd wirken, wenn er wollte. Jetzt hatte der alte Cop die Schultern

Weitere Kostenlose Bücher